Kinonostalgie in rotem Plüsch geht von Arnsberg aus auf Reisen

Sara und Werner aus Arnsberg haben noch einiges vor sich: Fast eine ganze Reihe Kinosessel wollen sie haben. Fotos: Albrecht
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Arnsberg. Das Werkzeug in der Tasche oder in einem professionellen Werkzeugkoffer - die Schlange vor dem Arnsberger "Residenz-Kino" ist lang, die Tür verschlossen. "Die lassen immer nur schubweise ein", sagt ein Wartender. Wohl aus gutem Grund, denn das Interesse an den alten Kinostühlen ist unerwartet riesig.

Insgesamt 100 von ihnen sollen an diesem Tag verkauft werden. Immer paarweise und natürlich für den guten Zweck: Die "Aktion Lichtblicke" will sich über die mit dem Verkauf angestrebte Summe von rund 2.000 Euro freuen, das weiß im Vorfeld auch Kinobetreiber Hubert Nieuwdorp. Alos heißt es Warten, Warten und nochmals Warten... und immer hoffen, dass es sich noch lohnt. Denn: Kinosessel bekommt jeder soviele, wie er auch bezahlen will!

Sessel für die Brüder

Für Sara und Werner aus Arnsberg ist das die Gelegenheit. "Wir bauen hier die Sessel für Geschwister aus", lacht Sara. Fast eine ganze Reihe soll es werden, denn es gilt schließlich Brüder von Sara in Münster und Köln mit den Arnsberger Sesseln zu versorgen. "In denen haben wir auch schon gesessen", sagt Sara, "und haben sogar unser Popcorn wieder gefunden", ergänzt Werner lachend. Ein Stück Heimat für die gebürtige Arnsbergerin, das sie noch am Verkaufstag unbedingt mit nach Hause nehmen möchte.

Kinobetreiber Nieuwdorp ist selber anwesend. Die Aktion will er sich nicht entgehen lassen. Und die Mitarbeiter des Kinos sind ebenfalls voll in Aktion. Julia Qualitz hat wie sonst auch die Kasse der Aktion übernommen, läuft mit großer Geldbörse und einen Zettel von vorn nach hinten und von hinten nach vorn. "Das muss schon genau geplant werden", sagt sie, schließich will man die Interessenten vor der Tür nicht umsonst und nicht zu lange auf ihren vermeintlichen "Hauptgewinn" an diesem Mittag warten lassen.

An allen Ecken und Ende geschraubt

Während mit dem Werkzeug aus den Koffern oder einfach nur aus der Plastiktüte an allen Ecken und Enden des Kinosaals geschraubt und gewerkelt wird, warten die professionellen Handwerker auf ihren Einsatz. Das "Resi 2" steht nach einigen Jahren vor einer umfassenden Renovierung: Der alte Teppichboden ist schon ´raus, der Neue liegt eingepackt draußen vor der Tür. Aber noch kann keiner so richtig weitermachen, immer wieder müssten die Arbeiten wegen der herauszutragenden Kinosessel unterbrochen werden.

"Ein Interessent hat sogar zwölf Stühle auf einmal gekauft", sagt Julia Qualitz. Bei einer Summe von 50 Euro für das Paar, eine stolze Summe. Oft, so erfährt man vom Kinobetreiber, sind es aber Liebhaber, die genau wissen, was sie mit der Kinonostalgie in Rot und aus Plüsch machen wollen. "In meinem Kino in Lippstadt haben wir erste Erfahrungen mit dem Verkauf der Stühle gemacht", erinnert sich Nieuwdorp. Vor Jahren hatten Massen ob des günstigen Preises das Kino gestürmt, und viele wieder mussten wieder weg geschickt werden. Das, so der Betreiber, will man aber diesmal vermeiden.

Nicht genug Sessel für alle Wartenden

Schnell wird aber allen, auch den noch vor der Tür Wartenden gewiss: Es wird wieder nicht ohne Enttäuschung abgehen. "Wir haben gar nicht genug Sessel für das große Interesse der Menschen hier", sagt Recip Aküz, der Leiter des Arnsberger Kinos. Da kenn er ja gar nichts: Allen Interessenten, die nur alleine zur Aktion kommen können, steht er hilfreich zur Seite. Denn leicht ist so ein Paar Sessel nicht.

Der Einsatz dafür lohnt sich aber. "Ich will die Sessel für meine Studie-WG", erzählt eine Studentin. Und ein Pärchen ist glücklich, als sie ihr "Sessel-Pärchen" endlich im Auto verstaut hat. "Haben wir schon bei Freunden im Wohnzimmer gesehen: Solche Kinosessel machen sich für das eigene Patoffelkino so richtig gut."

Ausstattung für das Pantoffelkino

Es ist noch keine Stunde vergangen, da leert sich der zu renovierende Kinosaal. Die Arbeiter haben Stellung bezogen und können endlich loslegen: Ein neuer Anstrich, ein neuer Teppich und 100 neue Kinosessel sollen es sein wenn endlich alles fertig ist. Die Zeit drängt, und bis zum Wochenende läuft erst mal nix im "Resi 2". Das Renovierungsprogramm ist eng getacktet: Bis Mittwoch muss der Teppich kleben, und statt des Tanzes in den Mai werden die neuen Kinosessel geliefert. Während am 1. Mai die einen Wandern bauen die anderen die Sessel ein...

"Das wird toll, trotz der neuen Sessel, die alle mehr Platz bieten werden als die alten, gibt es mehr Raum zwischen den Reihen. Das ist das moderne zweckmäßige Design, aber egal wie: Es wird wohl einfach nur schön.

Mächtig geklingelt in der Sessel-Kasse

In der Sessel-Kasse hat es inzwischen mächtig geklingelt. Mehr als 2.200 Euro für die "Aktion Lichtblicke" sind schon zusammen gekommen. Und während noch gerechnet wird, klopft es wieder an der geschlossenen Kinotür. Mehr als eine Stunde nach dem Start der Aktion kommt ein weiterer Interessent mit Werkzeug. "Nichts geht mehr, alle weg", erfährt er vom Kino-Team... und er zieht unverrichteter Dinge wieder von dannen. Einen anderen späten Interessenten kann man aber dann noch noch für die Reste der Aktion begeistern. Ein paar Lehnen und Rückenteile und mit etwas Geschick, das Hermann Rath als Hausmeister mitbringt, lässt sich doch noch was ´draus machen.

"Meine Verwandtschaft aus dem Sauerland hat sich gemeldet, und möchte auch Sessel haben", schmunzelt er, "natürlich nur, wenn ich sie hier vor Ort ausbaue." Keinen stört es, dass die Sessel schon rund 15 Jahre im Betrieb waren. Für Kinobetreiber Nieuwdorp wird es nicht die letzte Renovierung im Residenz-Kinocenter sein. Irgendwo und irgendwann wird es weiter gehen.

Renovierung im Center

Am frühen Nachmittag sind alles zufrieden: Eine schöne Summe für die "Aktion Lichtblicke" und fast 100 Kinosessel, die in Kofferräumen oder auf Anhängern auf dem Weg in eine neues Zuhause sind.

Autor:

Frank Albrecht aus Arnsberg

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