Hautnah miterlebt!

aufgenommen im Haus der Geschichte in Bonn
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Mein kleiner Erlebnisbericht zum Thema "Mauerfall"

25 Jahre her, und doch ist mir diese Zeit noch so frisch in Erinnerung wie keine andere - wie könnte es auch anders sein! Ich erlebte es nicht in Berlin, an der Mauer selbst, aber die Grenzen öffneten sich am nächsten Tag auch bei uns - zwischen Thüringen und Bayern. Wir wohnten damals in dem kleinen Städtchen Hildburghausen in Thüringen - eigentlich schon Franken - und nur knappe 10 km entfernt begann das Grenzgebiet, in das man höchstens mit dem polizeilichen Passierschein fahren durfte - dahinter dann schon der Stacheldrahtzaun und die Wachtürme. Nur 2 Orte weiter wohnten einige Verwandte von uns, die wir viele Jahre nicht mehr sehen durften.
Auch in unserem Kleinstädtchen taten wir es , anfangs noch zögerlich, doch bald immer mutiger werdend, den unerschrockenen Menschen in Leipzig, Dresden und Berlin gleich, gingen auf die Straße, zündeten Kerzen an - und konnten es trotzdem kaum fassen, als sich wirklich die Grenzen öffneten. Davon mussten wir uns doch sofort selbst überzeugen, war es doch nur ein ganz kleiner Ausflug mit unserem Trabbilein! ;-) Und - oooh weh, in welch Riesenschlange von Trabbi, Wartburg & Co. mussten wir uns einreihen und im Schritttempo durchs Grenzgebiet schleichen!!! Dann natürlich noch Ausweiskontrolle durch die DDR-Volkspolizei, die aber zügig vonstatten ging, da dieses "VoPos" doch selbst von den Ereignissen überrumpelt und ziemlich ratlos schienen.
Wir erreichten also nach ca. 2 Stunden "WEST-Territorium" - die Straßenränder waren dicht bevölkert von den Einwohnern dieser Gemeinden, - sie ließen es sich wohl alle nicht nehmen, diesen Trabbi-Treck zu begrüßen und jubelnd zu winken. - Hier rollten erst einmal tüchtig die befreienden Tränen - und nicht zum letzten Mal!
In unserem Zielort angekommen fanden wir unsere Verwandten erst einmal nicht, die feierten gerade ein großes Chor-Jubiläum im Saal der Gaststätte. Aber in dem kleinen Ort kennt ja jeder Jeden, so fanden wir uns dann dort doch! Die Freude, die Tränen, brauche ich wohl nicht beschreiben, die es bei einem Wiedersehen nach so unendlicher Zeit gibt! Doch das Emotionalste an diesem Tag kam erst noch: Der Chor fasste einen ganz spontanen Entschluss, verließ den Saal und stellte sich auf den Marktplatz, um für die Ankömmlinge aus der DDR zu singen. Als dann das Lied "Kein schöner Land in dieser Zeit" erklang, lagen sich die Menschen nur noch in den Armen und weinten - egal, ob man sich kannte oder nicht! Das war für mich das berührendste Ereignis bei der Grenzöffnung bzw. der bald folgenden Wiedervereinigung überhaupt! - Und wenn ich daran zurück denke, habe ich auch heute noch feuchte Augen.

Autor:

Hanni Borzel aus Arnsberg

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