Bedburg-Hau: Pann- und Pottbäcker (1)

Abb. 1
8Bilder

Hier am Unteren Niederrhein gab es im 18., 19. und 20.Jh. zahlreiche sog. Pannenschoppen, wie die Ziegelhütten damals genannt wurden. Auch auf dem Gebiet der Gemeinde Bedburg-Hau gab es mindesten zwei Ziegelhütten. Allgemein bekannt ist eigentlich nur die ehem. Ziegelhütte an der Holzstraße. Das Neubaugebiet „Ziegelhütte“ deutet darauf hin, wobei dieses Neubaugebiet nicht den genauen Standort wiederspiegelt, denn die Ziegelhütte befand sich auf der anderen Seite der Holzstraße. Eine weitere Ziegelhütte, die zu Moyland gehörte, gab es südöstlich der Hofstelle „Großer Entenhorst“.
Das Tonstechen fand in unmittelbarer Nähe der Pannenschoppen statt. Diese Arbeiten wurden im Herbst und zu Winteranfang durchgeführt. Wie die Fertigung von Ziegeln damas am Niederrhein ablief, kann man dem Buch „Der wohlunterrichtete Ziegler, oder ausführliche Anleitung zur Verfertigung“ *, dass online einsehbar ist, entnehmen.

Dachpfannen-Bäckerei Moyland
Die Ziegelhütte in Moyland, südöstlich der Hofstelle „Großer Entenhorst“ wurde Mitte des 18ten Jh. von Leuthaus und den Rapperterben erbaut und betrieben. Dies geht aus einer Akte von 1768/1789 hervor die Stephan de Lange** beschreibt. Es gab einen Streit zwischen dem neuen Besitzer von Moyland, dem Grand Ballies Steengracht und den Hauptpächtern Leuthaus/Rappert über Pacht und wem die Dachpfannen-Bäckerei gehört.
Vermutlich hat die Ziegelei bis ca.1900 bestanden, da sie in der Karten-Neuaufnahme 1891/1912 noch verzeichnet ist, siehe dazu Abb. 2.
Die Ziegelei, das Gebäude ist gänzlich abgetragen worden. Ehemaliger Standort s. Abb. 3. Wenige Zentimeter unter einer Humusschicht findet man noch vereinzelt Ziegelschutt, s. Abb. 4 u. 5. Sehr deutlich sind Spuren aus der Luft zu finden, mittels eines digitalen Geländemodells, eine plastische Abbildung der Geländeform, siehe dazu Abb. 6. Die Spuren der Tonabgrabungen sind hier deutlich zu sehen. Sie verbergen sich heute im Wald und die Gräben sind mit Wasser gefüllt, s. Abb. 7.

Die Ziegelei in Moyland hatte sich auf Röhren spezialisiert
Die Produkte der Ziegelei fanden nicht nur in der näheren Umgebung Abnehmer, sondern auch darüber hinaus bis nach Düsseldorf. Anscheinend hatte man sich auch auf bestimmte Produkte spezialisiert, wie nachfolgend beschrieben:
Über die Verbreitung der Drainage (Röhrenentwässerung) – „Am Nachmittag des ersten Versammlungstag begab sich eine Gesellschaft ( ...) nach Gerresheim um dort ausgeführte Arbeiten zu besichtigen. Die Röhren, welche zu billigen Preisen von der Ziegelei zu Moyland im Clevischen bezogen waren, wurden etwa 2 Fuß tief in 18füßigen Entfernung eingelegt...“***
"...Endlich bemerkt der Berichterstatter noch, daß dem Vernehmen nach in Moyland bei Kleve eine Töpferwarenfabrik sich befinde, welche bereits Drainageröhren nach englischer Art anfertigen solle."****
Der Reisebericht von Geh. Regierungsrath Wehrmann**** aus dem Jahr 1851, Mittheilungen über die Drainagen-Fabrikation in Moyland“, vermittelt uns einen Einblick in die Moyländer Produktion: „In Betreff der Drainage fand ich eine sehr gute Whiteheadsche einfache Drainageröhrenmaschine (aus Breston) auf dem Gute Moyland bei Cleve – dem Herrn von Steengracht imHaag gehörig –in Arbeit. Dieselbe lieferte mit 1 Mann und 3 Jungen täglich circa 7000 Röhren a 1 ¾ Zoll.Die Röhren wurden in einem besonders dazu erbauten Ofen gebrannt, welcher circa 8000 Stück groß und klein durcheinander faßte. Ein Töpfer betrieb die Anfertigung der Röhren; er bereitete den Thon nach Art der Töpfer durch schneiden mit einem Handmesser. Der Thon war sehr schön und die Röhren von vorzüglicher Qualität. Zu den Maschienen gehörten 5 Formen, nämlich für
1 ½ zöll. Röhren, wovon 6 Stk. zugl. a. d. Kasten kommen,
2 zöll. Röhren, wovon 5 Stk. zugl. a. d. Kasten kommen,
3 zöll. Röhren, wovon 3 Stk. zugl. a. d. Kasten kommen,
Doppelröhren, wovon 2 Stk. zugl. a. d. Kasten kommen,
endlich für Halbziegel a 3 ¼ Zoll Weite.
Von den zweizölligen Röhren liefert 1 Kasten voll Thon 65 Stück.
Der Rentmeister Horsting auf Gut Moyland versicherte, daß er von dem Drainieren, welches erst vor kurzem angefangen ist, schon ausgezeichnete Erfolge habe.
Die Aufmerksamkeit der Landwirthe wurde durch die Maschine zu Moyland lebhaft erregt, und ich zweifle nicht, daß das Unternehmen des Herrn von Steengracht bald viele Nachahmer finden wird.“

Anmerkung: Die Whiteheadsche Drainageröhrenmaschine wurde auf der ersten Weltausstellung 1851 (Great Exhibition Londoner Industrieausstellung) im Hyde Park in London vorgestellt. Die Drainröhrenpresse wurde durch Williams und Whitehead 1845-48 erfunden. Es wurden damit zylindrische Tonröhren hergestellt.
In Moyland habe ich bis jetzt noch keine dieser Röhren gefunden. Vergleichbare Röhren fand ich vor einigen Jahren in Frankreich, s. Abb. 8.
In Folge werde ich über die Ziegelei in Hasselt (Rosendal) und einer Töpferei (Pottbäcker) in Moyland berichten.

Pann- und Pottbäcker Teil 2, Dachpfannen-Bäckerei Moyland:hier klicken
Pann- und Pottbäcker Teil 3, Ziegelhütte Hasselt: hier klicken

Quellennachweis:
* Seite 120, Der wohlunterrichtete Ziegler, oder ausführliche Anleitung zur Verfertigung, hier klicken
** Chronik Schloss Moyland, Stephan de Lange, B.o.s.s. Druck und Medien Kleve, 2001,Seite 77
*** Annalen der Landwirtschaft in den königlich Preussischen Staaten, Band 21, Berlin 1853
**** Mittheilungen über die Entwässerung des Bodens, Berlin 1852, Deckersche Geheime Ober-Hofbuchdruckerei

Bildnachweis:
Abb. 1 erstellt mit OpenStreetMap http://www.openstreetmap.de/index.html
Abb. 2 u. 6 erstellt mit TIMonline NRW http://www.tim-online.nrw.de
Abb. 3 - 5 u. 7, 8 : GvM

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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