Bedburg-Hau: Pann- und Pottbäcker (2)

Abb. 1 Pruissenkath,Moyland, Katzenbuckel
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Der linke Niederrhein war im 17. bis 19. Jh. sehr bekannt mit der sog. niederrheinischen Irdenwarenherstellung durch die Pottbäcker. Das Kerngebiet lag zwischen Krefeld und Kleve. In zahlreichen Geschichtswerken werden Alpen, Goch, Hüls, Issum, Lintfort, Rheinberg, Sonsbeck uvm. genannt und auch Till-Moyland.
Der Ton am Niederrhein entstand im frühen Tertiär vor rd. 25 Mio. Jahren durch Verwitterung des granitähnlichen Feldspats.
Die Pottbäckereien befanden sich meist in der Nähe von Tonlagern, um weite Wege zu vermeiden.
Obwohl die Pottbäcker, die Töpfer notwendige Gerätschaften für den täglichen Gebrauch herstellten, gehörte die Töpferei im Mittelalter zu den „unehrlichen Berufen“. Dies hatte nichts mit Betrug zu tun, sondern mit Ehre, ohne ständisches Ansehen, nicht standesgemäß, weil man sich die Hände schmutzig machte. Darunter fielen auch Berufe wie Schäfer, Kesselflicker, Köhler und Totengräber.

Das Töpfer-Haus von Moyland
„Das Dorf (Anm. Moyland) wird geprägt durch eine Pottebakkereij die die vortreffliche Erde aus dem nahen Berge bezieht und steht in Verbindung mit dem alten Kasteel vom Vrijheer van Spaan der es im Jahre 1695 mit allen Herrlichkeiten von Moijland en Till an den Keurvorst Frederik III der erste Konik van Pruissen verkaufte.“* So berichtet: L. J. F. Janssen der um 1830 in Moyland weilte um dort die röm. Grabhügel auf dem Höhenzug auszugraben.
Dr J. H. Schütte berichtet über eine Reisegesellschaft:** „Nachdem wir alles besehen hatten (Anm. Schloß Moyland), stiegen unsere Dames in die Wagen, und fuhren nach der ohnweit davon gelegenen Herberge im Schwan.“ Die Damen blieben dort und die Herren machten einen Spaziergang in die nähere Umgebung. „...Wir spazierten unterdessen in den Alleen ; und kamen unvermuthet an eines Töpfers-Haus; allwo der Töpfer an der Scheiben saß, und mit äusserstem Fleiß seine Töpfe verfertigte: Wir traten bey ihm ein, und fanden ihn rund herum mit allerley verfertigen Schüsseln, Töpfen und Nacht-Geschirr umgeben, die er bereits verfertigt hatte, und im Begriff war, noch mehrere zu machen. (...) Er fing wieder einen anderen an zu machen, der ihm mißrieth; bald nahm er den Thon, drückte und knetete ihn wieder zusammen, und machte einen anderen Topf daraus. Wir bewunderten dieses Mannes Arbeit.“ Engelbert, ein Reisebegleiter: „Wir sehen allhier, (...) daß sowohl die Schüsseln, Kannen und Küchen-Töpfe, als auch das Nacht-Geschirr, aus einem Thon gemacht sind; welches alle in des Töpfers freyen Willen steht. Also sind wir Menschen zwar aus einer Materie, aber nicht eines Standes.“ Hier wird deutlich der „unehrliche Beruf“ angesprochen und Engelbert wird noch deutlicher und prangert dies an: „Also kann Gott auch aus uns machen, was er will; es sei ein Faß zu Ehren, nemlich eine vornehme Person oder ein Faß zu Unehren, das ist einer der geringsten Menschen, oder ein Bettler. Deswegen versündigen sich diejenigen gar sehr, die mit ihrem Stande nicht zufrieden sind; und wider Gott murren (...). Wann wir diese bedächten, würden wir andere, die in einem niedrigen Stande, als wir sind, nicht so hochmüthig verachten, sie trotzig anreden, oder unbarmherzig unterdrücken.“ Die Herren kehrten zurück zur Herberge im Schwan.
Die Herberge im Schwan liegt unterhalb des Höhenzuges an der Moylander Allee, heute Moyländer Allee Nr. 6, Abb. 4, und die Flurbezeichnung „Schwanen“. Der Begriff „Schwanen“ stammt vom Landwehrdurchlass Rosendaler-Landwehr*** (Moyländer Boom) an dieser Stelle, weil die Wegeführung einem Schwanenhals glich.

Wo stand das Töpfer-Haus?
Auf keiner mir bekannten Karte ist dieses „Töpfer-Haus“ verzeichnet. Nach der Erzählung von Schütte kann die Töpferei jedoch nicht weit vom „Schwanen“ weg liegen und Janssen erwähnt, dass die vortreffliche Erde aus dem „nahen Berge“ stammt. Der Ort „nahen Berge“ ist jedoch eindeutig auf einer Klevischen Katasterkarte von 1723, Abb. 2, zu finden. Auf dem Berg, ca. 200 Meter südl. von Schwanen (heute gegenüber der Einfahrt zum Golfplatz) ist eine Flur angegeben mit der Bezeichnung „Töpffer Kempchen“ und dann gleich mit dem Hinweis auf das Töpfer-Haus „Töpffer Kempchen zu Pruißen Kath“.
Die Pruissenkath gibt es heute noch, es ist das Haus mit der Nr. 1 am Katzenbuckel, Abb. 1. Das passt auch alles zusammen; Spaziergang der Gesellschaft, vom Schwanen bis Töpfer-Haus (Pruissenkath), das sind 350 Meter, und vom Töpferhaus bis zur Tongrube auch nur 350 Meter. Noch heute findet man an der Moyländer Allee einen tiefen Bergeinschnitt, unterhalb der Flurbezeichnung "Kapell Kamp" und beim "Töpffer Kempchen" tiefe Mulden im Wald, s. Abb. 8 (Schummerung-Aufnahme). Der Töpfer hat wohl auch direkt neben seiner Werkstatt, am Fuße des Katzenbuckels nach Ton gegraben, denn dort gibt es auch einen Bergeinschnitt.
Direkt neben dem Haus Pruissenkath befindet sich auf der Kataster-Karte 1723 ein weiteres Haus welches heute nicht mehr existiert, s. Abb. 5, heute Wald. Auf der Tranchot-Karte um 1800, Abb. 3, und der Uraufnahme um 1850 ist dieses Haus noch verzeichnet, auf der Neuaufnahme um 1900 nicht mehr. Ich gehe davon aus, dass dies das eigentliche Töpfer-Haus, die Töpferwerkstatt auf dem Pruissenkath war. Auf der Tranchot –Karte, s. Abb. 3, sind auch noch weitere Häuser bzw. Karthen zu sehen die es heute nicht mehr gibt, wie Moyländse Boom, heute s. Abb. 6 und Bolken, heute s. Abb. 7. Bei Bolken steht eine mächtige Eiche, die über 300 Jahre alt sein muss. Sie ist als Naturdenkmal eingetragen und sie stand damals schon vor dem Haus Bolken.

Weiteres zum Pruissenkath:
Wann genau die Pruissenkath gebaut wurde ist mir nicht bekannt, vermutlich Anfang 1700 unter Friedrich I., dafür spricht auch der Name.
1695 verkaufte Alexander von Spaen das Schloss mit den Ländereien an den Kurfürsten von Brandenburg, ab 1701 Friedrich I. König von Preußen und Herzog von Cleve.
1713 erbte der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. König von Preußen Ländereien und Schloss. Zu dieser Zeit hatte die Herrlichkeit Moyland eine Größe von über 1.000 ha. Vom Pruissenkath ist zu derzeit bekannt, dass es eine Größe mit dem zugehörigen Land von 6 Cleverische Morgen/302 Ruten hatte, das sind umgerechnet ca. 5,7 ha.
1740 erbte Friedrich der Große (Alter Fritz), Friedrich II. König von Preußen, Moyland. Er verkaufte 1766 an den Junker Adrian Steengracht**** und der vererbte 1773 an den Neffen seines Vetters Nicolaus Steengracht an Galenus Dignus Steengracht. Auch dieser hatte keine direkten Nachkommen und vererbte 1839 an den Sohn seines Vetters Johann Steengracht. Dessen Nachfahren sind auch heute noch Besitzer von zahlreichen Ländereien um das Museum Schloss Moyland herum und auch Besitzer vom Pruissenkath. Die Pruissenkath ist verpachtet/vermietet und befindet sich leider in einem sehr schlechten Zustand. Das gut 300jährige Haus steht nicht unter Denkmalschutz. Das wäre jedoch wünschenswert. Am Haus vorbei verläuft der Voltaire-Wanderweg von Kleve nach Moyland. Wünschenswert ist auch, dass vor dem Haus, so wie an vielen Stellen des Voltaire-Weges, ein Hinweisschild zum Pruissenkath und Töpfer-Haus/Pottbäcker aufgestellt wird.

Pann- und Pottbäcker Teil 1, Dachpfannen-Bäckerei Moyland: hier klicken
Pann- und Pottbäcker Teil 3, Ziegelei Hasselt: hier klicken

Quellennachweis:
* L. J. F. Janssen, Gedenkteekenen der Germanen en Romeinen, te Utrecht bij Robert Natan 1836
**Amusemens des eaux de Cleve oder Vergnügungen... , von Johann Heinrich Schütte, 1748
***GvM, Landwehren in der Gemeinde Bedburg-Hau hier klicken
****GvM, Steengracht Erbfolge: hier klicken

Bildnachweis:
1: GvM
2: Fotomontage GvM aus Klev. Kataster 1723 und TIMonline NRW
3: Tranchot 1801-1823, TIMonline NRW
4-7: GvM
8: digitales Geländemodell Schummerung, TIMonline NRW

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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