Qualburg „Quadriburgium“ und die Römer.

Quadriburgium, Grafik:GvMeegen
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Gesichert ist, dass die Römer vom 1. bis 5. Jahrhundert, vielleicht mit einigen Unterbrechungen am damals schiffbaren Seitenarm des Rheins, in Qualburg waren. Bestätigt wird dies durch zahlreiche Funde röm. Keramik und Münzen und auch schriftliche Zeugnisse liegen vor.
Christoffel de Vries 1696: „Het is dan dat men hier vindt enn menichte van koopere Antique-Penningen...“
Pieter Langendijk 1747: „Deeze romeinsche vecht- of oefenplaats in de wapenen, heeftgestaan daar het Dorp Qualburg legt...“
Gustav von Velsen 1846: „Schon Anfang des 17. Jahrhunderts, dann unter der Statthalterschaft des Prinzen Moritz von Nassau-Siegen und bis in neuester Zeit sind daselbst Urnen mit Asche, gehenkelte Krüge, Schalen von verschiedener Grösse und Form aus terra sigillata, meist aber zerbrochen ... gefunden worden. Das jetzige Dorf soll vor der Zeit des Kaisers Julian, Harenacium oder Arenacium geheissen und ein Flügel der 10. Legion ... daselbst ihren Standort gehabt haben.

Aus Harenacium oder Arenacium wurde Quadriburgium, Qualburg?
Um das Jahr 70 beschreibt Tacitus die Bataver-Aufstände und erwähnt ein Arenacium. Rund 300 Jahre später ist in einem Römischen Straßenverzeichnis Harenacium eingetragen. Dieses Harenacium ist zweifelsohne in dem heutigen Ort Rindern zu suchen. Auch heutzutage gibt es noch Verwechselungen: So ist auf der Karte der Legionslager und Kastelle in der Germania inferior Wikimedia Commons eine falsche Reihenfolge angegeben – Burginatium (Kalkar) – Quadriburgium (Qualburg) – Steincheshof (Till), richtig ist die Rheinenfolge – Kalkar – Till – Qualburg.
Quadriburgium, was ist ein Quadriburgium?
Johannes Hoops 2003 beschreibt ein Quadriburgium als ein spätrömisches Kastell mit einem quadratischen Umriss mit vier nach außen vorspringenden Ecktürmen. (Siehe dazu Abbildung bei Hoops "Quadriburgium")Die Seitenlänge beträgt 30 bis 35 Meter. Diese Anlage bot Schutz für die stark reduzierten Auxiliareinheiten des spätröm. Grenzheeres. Die Ausführungen von Johannes Hoops und auch die zeichnerische Darstellung dieses Kastelltyps kommen einem sehr bekannt vor. Sofort stellt man eine Verbindung mit dem Schloss Moyland her. In einem früheren Bericht bin ich schon einmal auf diese Frage eingegangen: Entstand die frühe Burganlage Moyland auf den Grundmauern eines römischen Kastells? Ein Quadriburgium war also ein stark befestigtes spätrömisches Kastell und könnte sonst wo am Niedergermanischer Limes gelegen haben.
Die Frage, ob der Name Qualburg von dem röm. Namen Quadriburgium hergeleitet werden kann, ist m. E. offen. In den vergangenen Jahrhunderten gab es eine Vielzahl von Namensänderungen, die da wären: Qualberg, Qualburch, Qualbruch, Quaylbergh, Quaelberg, Caelberg , Qualeburg, Quaelborch und Collberg.

Bekannte Orte und Straßen.
Das röm. Grenzsicherungssystem zwischen Xanten ( Vetera und der Colonia Ulpia Traiana ) und Nijmegen ( Ulpia Noviomagus Batavorum ) war mit Straßen untereinander verbunden. Eine Straße verlief auf der Höhe der eiszeitlichen Endmoräne und entspricht in etwa dem Verlauf der heutigen Alten Bahn. Parallel dazu gab es eine Straße von Kalkar (Burginatium ) über Till (Steincheshof), Qualburg (Quadriburgium), Kellen („cellina“), Rindern ( Harenatium ) nach Nijmegen. Die beiden Straßen waren an einigen Orten miteinander verbunden, sicher belegbar bei Moyland (heute Moyländer Alleee) und Bedburg (Waldmannspfad). So wurden denn auch auf dem Höhenzug bei Moyland und in der Nähe der Kirche Bedburg röm. Gräber gefunden.

Römisches Lager ohne Namen.
In den letzten Jahren wurden auf dem Gebiet Bedburg-Haus noch erstaunliche röm. Funde gemacht. Auf dem Erweiterungsgelände des Golfplatzes wurden 2011 drei spätrömische Burgus gefunden. Darüber habe ich bereits berichtet. Römische Funde auf dem Gelände der Golfplatzerweiterung in Moyland
Der weitaus spektakulärste Fund wurde jedoch, 2008 in Till, am Steincheshof gemacht. Es gab zwar bereits seit rund 150 Jahren Keramikfunde am Steincheshof, doch was bei den geomagnetische Prospektionen ans „Tageslicht“ kam, übertraf alle Erwartungen. Gleich zwei Kastells ( römisches Standlager ) wurden festgestellt. Das ältere und kleinere Kastell hat eine Ausdehnung von rd. 2 Hektar und das jüngere, größere Kastell von rd. 3,5 ha. Der Größe nach zu urteilen könnte der Standort eine 500 Mann starke Kavallerie- oder 1000 Mann starke Infanterieeinheit beherbergt haben. Besiedelt waren die Kastells vom 1. bis 3. Jahrhundert.
Bisher gibt es keinen Quellenhinweis, keinen Namen für diesenTruppenstandort.

Erschwerte Spurensuche in Qualburg.
Vorgeschichte: In den frühen 1980er Jahren war ich für die Bodendenkmalpflege Außenstelle Xanten als Ehrenamtlicher Mitarbeiter tätig. Die Mitarbeit musste ich wegen Zeitmangel aufgeben. Mittlerweile habe ich mich wieder als Ehrenamtlicher angemeldet und lernte dabei den jetzigen Leiter der Außenstelle Herrn Dr. Clive Bridger-Kraus kennen. Sofort fiel mir ein, dass ich über ihn schon einmal etwas im Zusammenhang mit Qualburg gelesen habe. Ich wurde dann auch gleich fündig, im Kalender für das Klever Land 1990, unter dem Titel „Wo die Römer und Franken siedelten“ – „Eine gescheiterte Bodendenkmalpflege in Qualburg“. Auf diese Geschichte möchte ich kurz eingehen, denn sie zeigt, mit welchen Schwierigkeiten die Bodendenkmalpflege zu kämpfen hat.
Die Funde in und um Qualburg führten dazu, dass das Amt für Bodendenkmalpflege den Bereich um den Kirchhügel zu einer besonderen Schutzzone erklärt haben wollte. Die Eintragung in die Denkmalliste obliegt den Städten und Gemeinden (Untere Denkmalbehörde). Bodeneingriffe im Schutzbereich bedürfen demnach der Genehmigung der Unteren Denkmalbehörde, in diesem Fall der Gemeinde Bedburg-Hau. Im April 1988 erhielt das Amt für Bodendenkmalpflege Xanten von einer Lehrerin die Nachricht, dass auf dem Kirchhügel Ausschachtungsarbeiten stattgefunden haben. Das Fachamt war darüber nicht informiert. Beim Ortstermin stellte Dr. Clive Bridger-Kraus fest, dass bereits das Betonfundament gegossen war. In den anstehenden Profilen eindeutige Siedlungsreste und zahlreiche Funde in den Abraumhalden. Auf weitere Einzelheiten und Beschreibungen möchte ich an dieser Stelle verzichten. Zum Ende schreibt Dr. Clive Bridger-Kraus: „Aus dem vorangegangenen wird hoffentlich deutlich, dass auch eine relativ kleine Baugrube wichtige Informationen zu unserer gemeinsamen Geschichte liefern kann. Um so mehr hätten wir gewinnen können, wenn keine Notaufnahme sondern eine ordentliche Ausgrabung stattgefunden hätte.“

Wohin mit antiken Funden?
Aus Erfahrung und Erzählungen weiß ich, dass Fundstücke oftmals in Schachteln oder Vitrinen verschwinden. Meist geschieht dies auch aus Unwissenheit, dem Glauben, und gerade bei wertvollen Stücken, das man die Fundstücke hergeben muss und nicht zurück bekommt. Dem ist nicht so! Eigentümer bleibt immer der Eigentümer von Grund und Boden und/oder der Finder. Deshalb bitte Fundstücke der Unteren Denkmalbehörde (Stadt/Gemeinde) und/oder dem Amt für Denkmalpflege melden. Wenn die Fundstücke von Wichtigkeit sind werden die Fundstücke von Fachleuten untersucht und bewertet und man erhält sie nach 6 Monaten zurück. Wenn man keinen Wert darauf legt Fundstücke selbst zu behalten kann man diese auch dem Amt für Denkmalpflege überlassen.
In NRW gibt es kein „Schatzregal“. Beim Schatzregal geht der Fund in das Eigentum des Landes über.
In NRW gilt das BGB § 984 Schatzfund. „Wird eine Sache, die so lange verborgen gelegen hat, dass der Eigentümer nicht mehr zu ermitteln ist (Schatz), entdeckt und infolge der Entdeckung in Besitz genommen, so wird das Eigentum zur Hälfte von dem Entdecker, zur Hälfte von dem Eigentümer der Sache erworben, in welcher der Schatz verborgen war.“
Die Länder, die über kein Schatzregal verfügen, können sich jedoch herausragende Funde aufgrund anderer Bestimmungen (z. B. Ablieferung gegen Entschädigung) sichern und auch unabhängig von der Eigentumsfrage einer wissenschaftlichen Bearbeitung zuführen.
Also liebe Qualburger, stellt bitte eure Funde für eine wissenschaftliche Untersuchung zur Verfügung.

Quellennachweis:
- Christoffel de Vries 1696 „Cleefschen Lusthoff“.
- Pieter Langendijk 1747 „De Stad Kleef, Haar Gezondheidbronn, en Omleggende Landsdouwen“.
- Gustav von Velsen 1846 „Die Stadt Cleve, ihre nächste und entferntere Umgegend...“
- Johannes Hoops 2003 „Reallexikon der Germanischen Altertumskunde“ ISBN 3-11-017575-4.
- Karte der Legionslager und Kastelle in der Germania inferior, Autor: Ziegelbrenner Wikimedia Commons.
- Dr. Clive Bridger-Kraus 1990 "Kalender für das Klever Land".
- Wappen Qualburg: Kopfweiden, Fluss und Römerhelm. Erstellt wurde das Wappen im Mai 2002durch: Heinz Kost, Manfred Loffeld, Ulrich Pauels, Rudi Schmähl und Theo Thissen
- Kartenausschnitt Tabula Peutingeriana: römische Straßennetz (viae publicae) im spätrömischen Reich, Ausgabe von Konrad Miller, 1887, Conradi Millieri,Tabula Peutingeriana
- Kastells Weißenburg,Rekonstruktionsversuch, Wikipedia, Informationstafel im Kastellgelände (Panoramafreiheit!) (abphotographiert von Mediatus)

Links:
Alle Begriffe und Wörter in "Rot" sind verlinkt.
- Qualburg: http://www.qualburg.de/
- Bedburg-Hau: http://www.bedburg-hau.de/
- Archäologischer Park Xanten: http://www.apx.lvr.de/
- LVR-Amt für Bodendenkmalpflege Außenstelle Xanten: http://www.bodendenkmalpflege.lvr.de/xanten/
- Denkmalschutzgesetz NRW: http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_zum_Schutz_und_zur_Pflege_der_Denkm%C3%A4ler_im_Lande_Nordrhein-Westfalen

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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