Ein Bild - Eine Geschichte

Stelldichein

Freudig aufgeregt hüpfte Maja den schmalen Weg entlang. Sie wusste, dass dies wenig damenhaft aussah, aber es war ihr egal. Sie war verliebt und wollte im Moment vor lauter Glück die ganze Welt umarmen. Zur Mittagsstunde wollten Fred und sie sich bei ihrer Bank treffen. Auf dieser Bank hatte er sie das erste Mal geküsst und ihr seine Liebe gestanden. Immer wieder spielte sie diesen Moment in ihren Gedanken ab, die Schmetterlinge flatterten dabei in ihrem Bauch, als sei es eben erst geschehen und ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit, wann immer sie daran dachte. Er war einige Zeit fort gewesen, aber heute hatte sie die Nachricht erhalten, dass er sie heute um die Mittagsstunde bei ihrer Bank treffen würde. Sie war sich sicher, dass er um ihre Hand anhalten wollte und dann konnte sie mit ihm fortgehen, dem eintönigen Leben als Magd auf der Burg des Herzogs entkommen und mit ihm sein abenteuerliches Leben teilen, eine Familie gründen … Maja blieb stehen, als das wohlbekannte Kribbeln in ihr aufstieg, das sie immer überkam, wenn sie an ihre bevorstehende Vereinigung dachte. Sie hatte ihn hingehalten, ihm das Versprechen abgerungen, bis nach der Hochzeit zu warten. Doch sie konnte es kaum erwarten, ihm ganz zu gehören. Sie war nicht wie die anderen Mägde, von denen die meisten den Rock hoben, sobald ihnen ein hübscher Mann über den Weg lief, in der Hoffnung, dass er sie dann auch heiraten würde. Nein, ihre Mutter hatte sie zu gut erzogen und sie hatte das hämische Gekicher über ihre Ansichten ignoriert. Die würden schon sehen.
Maja ging weiter und stockte, als sie Stimmen hörte. Ihr Gesicht verzog sich enttäuscht. Ihre Bank war besetzt. Sie war zwar zu früh, hatte aber auf der Bank noch eine Weile in Vorfreude schwelgen wollen. Plötzlich erkannt sie Freds Stimme. Sie wollte schon um die letzte Biegung gehen, als sie auch Annis Stimme erkannte. Maja blieb abrupt stehen.
„Ich habe dich so vermisst, habe schon nicht mehr geglaubt, dass ich dich je wiedersehe.“ Annis Stimme klang atemlos.
„Wie konntest du das nur denken, mein Täubchen!“
Maja schaute vorsichtig zwischen einigen Zweigen hindurch und sah, dass Anni und Fred sich innig küssten. Freds Hand fand ihren Weg unter Annis Rock. Seine Küsse wanderten ihren Hals hinab, während Annis Atem lauter wurde.
Maja wandte sich ab. Sie spürte wie etwas in ihr zerbrach. Liebe verwandelte sich in Hass und Tränen der Enttäuschung und Wut liefen über ihre Wangen. Dieser treulose Hund! Hatte die alte Gertrud sie nicht gewarnt? Sie hatte es nicht wahr haben wollen. Hinter ihr wurden die Geräusche lauter. Maja floh vor dem lustvollen Stöhnen, das ihr deutlich sagte, was Anni und Fred auf ihrer Bank trieben. Nach einiger Zeit blieb sie mit zu Fäusten geballten Händen stehen. Das würde sie ihnen heimzahlen. Niemand hielt sie zum Narren.
www.sabine-kalkowski-schriftsteller.de

Autor:

Sabine Kalkowski aus Bergkamen

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