Christoph Lammert - strichweise Welt

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Die neue Ausstellung im Kunst- und Galeriehaus wurde am 14. Dezember 2013 mit Bildern des Bochumer Malers und Grafikers Christoph Lammert eröffnet und wird noch bis zum 09. März 2014 zu sehen sein. (Kunst- und Galeriehaus, Lohrheidestraße 57, 44688 Bochum)

Strichweise Welt


Mit dem Ausstellungstitel „strichweise Welt“ hat Christoph Lammert die Präsentation seiner Arbeiten angekündigt. Zwei Worte, die in exponierter Form seinen künstlerischen Ansatz kennzeichnen und daher eine nähere Betrachtung verdienen.

Das Adverb „strichweise“ ist uns weniger aus künstlerischen, wohl aber aus meteorlogischen Zusammenhängen geläufig. In der Wettervorhersage ist - gerade in der aktuellen Jahreszeit - nicht selten die Rede von „strichweise Nebel“ oder auch „strichweise Regen“. Damit wird eine Prognose für einzelne, oft nur schmale Gebietsteile gestellt. Das Substantiv „Welt“ kann zum einen die Erde, den Lebensraum des Menschen aber auch die Gesamtheit der Menschen bezeichnen. Das Leben und das Dasein ist uns ebenso „Welt“ wie ein in sich geschlossener Lebensbereich, eine Sphäre. Wenn also hier „strichweise Welt“ ausgestellt ist, sollten wir es dann mit ausschnitthaften Gebietsteilen eines noch näher zu definierenden Lebensbereichs zu tun haben? Ja und Nein.

Abstrakte Landschaften


Christoph Lammert erschafft sich Welten auf Papier und Leinwand in einer direkten malerischen Sprache. Nahezu alle Arbeiten dieser Ausstellung erwecken beim Betrachter auf den ersten Blick Assoziationen an Landschaft. Wir glauben Felsformationen, Gewässer, Flüsse, Himmel usw. mal als Ansicht, mal in Aufsicht aus der Perspektive eines Kartographen oder Satelliten zu erkennen. In kraftvoller, mitunter ausgesprochen pastoser Farbgebung, die der Bildoberfläche eine geradezu reliefartige Haptik verleiht, werden landschaftsähnliche Sujets inszeniert.

Neben den raumfüllenden und raumgreifenden Massen kommt immer auch der Linie eine besondere Rolle zu. Und hier wird der doppelte Wortsinn der „strichweisen Welt“ offenkundig, denn es ist der Pinselstrich, die Linie, die ein Gerüst erschafft, Strukturen bildet, der freien Form mehr eigenwillig folgt als dabei in Kontur zu erstarren. Dennoch ist die Malerei von Christoph Lammert nicht eine, die den Betrachter primär mit den Gewissheiten des Wiedererkennens belohnen möchte.

Eigene Welten


Die Aneignung von Welt geht einher mit einer visuellen Aneignung. Die Entdecker und Eroberer in Zeiten, als noch ganze Kontinente entdeckt und erobert werden konnten, zeichneten Karten, versicherten sich mit Hilfe topografischer Studien über ihren Aufenthaltsort, ihre neue Umgebung. Bis heute hat die Ansichtskarte aus dem Urlaubsort eine durchaus vergleichbare Funktion.

Christoph Lammert spielt mit diesen Möglichkeiten der Aneignung, verortet sich und seine Malerei allerdings in einer eigenen Welt. Ihn interessiert nicht der Mount Everest sondern der Mount Elsewhere oder der mont paradis. Er malt nicht den Viktoria-See sondern den Lake Hope. Sein Bild „Große Ansichtskarte“ erinnert eher an eine geografische Schulwandkarte denn an eine Hochglanzpostkarte.

Er beschäftigt sich in einer seriellen Werkreihe mit den „foreign spaces“, wo Anklänge an die space odyssey, an den Weltraum wachgerufen werden, um schließlich im Diptiychon „Kosmische Kreuzfahrt“ das Thema der abstrakten Landschaft in ein sphärisches Klanggebilde miteinander konkurrierender und ineinander verwobener Kräfte zu verwandeln.

Klingende Universen aus dem Reisetagebuch


Christoph Lammerts Welten sind immer auch von den Zufällen des Entstehungsprozesses geprägt und machen sich Erfahrungswerte im Erleben von Landschaft zu eigen, ohne dass der Künstler dabei konkrete Landschaft im Sinne einer wirklichkeitsnahen Darstellung vor Augen hätte.

Aus einem inneren Impuls erwächst eine lebendige und farbintensive Malerei, deren prozesshaftes Entstehen ablesbar bleibt. Lammerts Bilder verschaffen Einblicke in ein klingendes Universum, sie sind Bestandteile seiner künstlerischen Wirklichkeit, die strichweise Welt wird.

Gleichsam aus dem Reisetagebuch des Malers, einer inneren, einer geistigen Reise, entstehen topographisch anmutende Landschaftlichkeiten. So wie eine Expedition die neuen Ufer, die ungesehenen Hänge oder fremdartigen Erhebungen zu erforschen sucht, so wird das Atelier des Malers zum Laboratorium für Malerei, darin mit Kreide, Pinsel und Spachtel zufällige Erkundungen eingeholt und absichtslose Vermutungen formuliert werden. Denn beinahe genau dort erwächst dem Betrachter Welt: grob umrissen.

Autor:

Dr. Bernd A. Gülker aus Wattenscheid

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