"Interkultur Ruhr" errichtet "Insel des guten Lebens" in Querenburg

Ein großes Team trägt "Interkultur Ruhr" in die Hustadt. | Foto: Molatta
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  • Ein großes Team trägt "Interkultur Ruhr" in die Hustadt.
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„Das Ruhrgebiet ist von jeher ein Schmelztiegel“, sagt Karola Geiß-Netthöfel, Regionaldirektorin des Regionalverbandes Ruhr (RVR), „in dem Menschen aus Osteuropa, Spanien, Italien, Griechenland und der Türkei das Leben entscheidend mitgeprägt haben. Insofern ist es an der Ruhr gar keine Frage, dass eine Willkommenskultur herrscht – und das nicht erst seit 2015. Nach dem Kulturhauptstadtjahr 2010 haben sich das Land Nordrhein-Westfalen und der RVR entschlossen, die begonnene Arbeit im Sinne der Nachhaltigkeit fortzuführen. In dieser Region bietet es sich an, Interkultur zum Schwerpunkt zu machen.“

Das im Jahre 2016 vom RVR und dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW ins Leben gerufene Projekt heißt folgerichtig „Interkultur Ruhr“. Ziel ist es dabei, neue Strategien für kulturelle Vielfalt im Ruhrgebiet zu entwickeln. Unterschiede und Gemeinsamkeiten der hier lebenden Menschen sollen dabei gleichermaßen geschätzt werden. „Es geht“, sagt Fabian Saavedra-Lara, der das Programm von „Interkultur Ruhr“ gemeinsam mit Johanna-Yasirra Kluhs kuratiert, „um unterschiedliche Sprachen und Lebenskonzepte.“
Das Programm, „Uncommon Ground“ genannt, gliedert sich in zweijährige Zyklen, von denen der erste 2016 begonnen worden ist und in diesem Jahr fortgeführt wird. Die Kuratoren haben es sich zur Aufgabe gemacht, in den beteiligten Kommunen die jeweiligen Bedürfnisse vor Ort zu erkunden. „Das Programm ist dezentral in Zeit und Raum“, erläutert Kluhs. Dabei sollen Kunst und soziale Praxis zusammengebracht werden. Künstler und Wissenschaftler kooperieren mit Partnern vor Ort.
Das Kooperationsprojekt „Insel des guten Lebens“ widmet sich dem Thema „Wohlbefinden und Migration in Bochum-Querenburg“. Schwerpunkt ist dabei die Hustadt, die sich seit ihrer Errichtung in den sechziger Jahren zu einem Zuhause für Menschen mit den verschiedensten Hintergründen entwickelt hat. Am Brunnenplatz gibt es mit HUkultur mittlerweile einen Bürgertreff als zentrale Anlaufstelle, die vom Förderverein Hustadt getragen wird. Geschäftsführer von HUkultur, das sich dem Aufbau eines Sozialunternehmens verschrieben hat, ist der Kulturmanager Matthias Köllmann, der das Leben im Quartier beschreibt: „In der Hustadt leben Menschen aus über 50 Nationen auf engem Raum zusammen.“

Kooperationsprojekt "Insel des guten Lebens"

Bei der „Insel des guten Lebens“ kooperiert HUkultur mit der Global Young Faculty. „Die Global Young Faculty“, erläutert Projektmanagerin Dr. Monika Zwerger, „ist ein Netzwerk von Nachwuchswissenschaftlern, das wirklich interdisziplinär arbeitet. Das ist eine große Bereicherung: Schließlich gehen Physiker Probleme anders an als Sozialwissenschaftler.“ Auch verschiedene Künstler arbeiten mit. „Beim Thema 'Wohlbefinden und Migration' geht es um die Frage, wann sich Wohlbefinden in der neuen Heimat einstellt“, konkretisiert Zwerger. Ein weiterer Aspekt liegt ihr besonders am Herzen: „Wir wollen wissenschaftliche Erkenntnisse anders darstellen als üblich. Meist erscheinen sie ja nur in Fachjournalen.“ Geplant ist ein spielerisches Ausstellungs- und Symposiumsformat, das an verschiedenen Orten in Querenburg Veranstaltungen anbietet. Zentrales Anliegen ist es dabei, Migration und Zuflucht nicht als Ausnahme, sondern als zentralen Bestandteil einer Suche nach dem guten Leben im 21. Jahrhundert zu begreifen. Dabei soll eine Kommunikation quer durch die Gesellschaft angeregt werden.
Vom 20. bis zum 23. April wird ein vielfältiges Programm aus Gesprächen, Vorträgen, Rundgängen und Installationen geboten, das auch der Spiele-Entwickler Sebastian Quack mitgestaltet, der den Teilnehmern einen spielerischen Kontakt zu ihrer Umwelt ermöglichen will. „Es soll eine Verbindung zwischen Wissenschaftlern, Stadt und Kunst entstehen. Künstlerische Arbeiten erobern den öffentlichen Raum“, sagt er. Der Drift ist eine ungewöhnliche Form, einen Ort mit der Gruppe zu erkunden. „Es geht“, erklärt Quack sein Anliegen, „um einen Modus des Austausches, bei dem sich Menschen gegenseitig zutrauen, die Gruppe zu führen. Das gemeinsame Erlebnis beruht gerade darauf, dass nicht alles über Sprache und Kopf funktioniert.“

Migration und Wohlbefinden

Quack hat sich jedoch auch der nostalgischen Dimension von „Migration und Wohlbefinden“ verschrieben. Er hat alte Super-8-Filme aus privaten Beständen gesammelt, die auf dem Brunnenplatz gezeigt werden sollen. Daneben hat er auch ganz handfeste Pläne: „Wir wollen einen Container, den das Jugendamt aufgestellt hat, instandsetzen.“
Matthias Köllmann pocht wie Geiß-Netthöfel auf Nachhaltigkeit, denn er weiß: „Bei temporären Projekten besteht die Gefahr, verbrannte Erde zu hinterlassen.“ Deshalb soll im HULabor dafür gesorgt werden, dass Bildung und Forschung dauerhaft ihren Platz in der Hustadt haben. Hier arbeiten auch Wissenschaftler der Hochschule für Gesundheit.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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