MuT - das "Museum unter Tage" im Park von Haus Weitmar

Aussenansicht MuT - Museum unter Tage
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Am 14. November 2015 wurde das „Museum unter Tage“, kurz MuT genannt, nach nur einjähriger Bauzeit im Park von Haus Weitmar eröffnet. Um Eingriffe in die Parklandschaft so gering wie möglich zu halten, wurde der Museumsbau kurzerhand unter die Erdoberfläche gelegt. Damit also die Parklandschaft so wenig wie möglich gestört wird, begibt man sich nun unter Tage, um dort wiederum Landschaftsbilder anzusehen. Das hat schon eine gewisse Raffinesse.

Hintergrund
Das „Museum unter Tage“ ist kein Neubau im eigentlichen Sinne, sondern das abschließende Erweiterungsgebäude von Situation Kunst (für Max Imdahl). Situation Kunst versteht sich als museales Ensemble aus Architektur, Natur und Kunst im Park von Haus Weitmar und ist Teil der Ruhr-Universität Bochum. Die Anfänge von Situation Kunst liegen bereits in 1988/89, ein erster Erweiterungsbau wurde im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt 2010 mit dem Kubus in der Ruine von Haus Weitmar eröffnet. Das Architekturkonzept für Kubus und MuT wurde seit 2008 von Prof. Herbert Pfeiffer entwickelt. Das MuT wurde abschließend vom Bochumer Architekturbüro Vervoorts & Schindler Architekten realisiert. Schön ist, dass das MuT pünktlich zum 50jährigen Jubiläum der RUB fertiggestellt werden konnte. Denn beide Erweiterungsbauten sind Schenkungen an das Kunstgeschichtliche Institut der Ruhr-Universität.

Praxisnahes Studium im Kubus
Diese besondere Konstellation zwischen Situation Kunst und RUB hat zur Folge, dass Studierende der Kunstgeschichte durch die Angebote von Situation Kunst und die dort mögliche Arbeit mit Original-Kunstwerken schon während des Studiums wertvolle Erfahrungen in der Museumsarbeit sammeln können, von der Konzeptionierung einer Ausstellung, über Auswahl und Hängung der Bilder bis zum Schreiben von wissenschaftlichen Texten und Katalogbeiträgen. Inzwischen wird dieses praxisnahe, auf spätere Berufstätigkeit hin ausgerichtete Studium europaweit als Bochumer Modell viel beachtet. Der Kubus, der vor Eröffnung des MuT verschiedenste Ausstellungen ausrichtete, wird nun ausstellungsmäßig entlastet. Er ist als multifunktionales Gebäude konzipiert, mit Bistro, Büros, Lager, Werkstattbereiche, Appartements für vor Ort arbeitende Künstler und Gastprofessoren, mit Veranstaltungsraum und bietet Platz für kleinere, experimentelle Ausstellungen. Das MuT hingegen wird zukünftig Wechselausstellungen zeigen sowie die Dauerausstellung „Weltsichten“ zur Landschaftskunst vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

Museum unter Tage - MuT
Das „Museum unter Tage“ entstand genau gegenüberliegend zum Kubus. Die unterirdische Platzierung gewährleistet die bestmögliche Integration des Gebäudes in die Parklandschaft. Lediglich drei Pavillons sind oberirdisch zu sehen. In einem der beiden, dem Kubus zugewandten Pavillons befindet sich der Eingang, im anderen ist die Haustechnik untergebracht. Beide Pavillons sind mit Mendiger Eifelbasalt verkleidet. Der dritte Pavillon mit Notausgang ist mit einer opaken Glasfassade verkleidet, ähnlich wie die Oberfläche des Kubus. Nähert man sich von der Hattinger Straße, hat man eine direkte Sichtachse zum Kubus. Folgt man dem Fußweg, überquert man mittig den unterirdischen Museumskomplex. Die Aussenmaße des MuT sind durch dunklen Splitboden gekennzeichnet. Der oberirdische Bereich des MuT wurde von dem Künstler Erich Reusch gestaltet. Er setzte fünf zylindrische Säulen aus Stahl in verschieden Größen und Farben (zwei signalrote, zwei schwarze und eine cyanblaue Säule) auf den Splitboden. Mit dieser künstlerischen Gestaltung soll die Verbindung zu den sich bereits im Park befindenden Skulpturen geschaffen werden. Im Park sind Werke von Lee Ufan, Francois Morellet, David Rabinowitch, Ulrich Rückriem, Richard Serra, Giuseppe Spagnulo und von Erich Reusch selbst zu sehen.

Technische Details
Das MuT liegt 7 Meter tief. Die Raumhöhe im Ausstellungsbereich beträgt gut 4 Meter. Das Bauvolumen beträgt insgesamt 2.200 Quadratmeter, davon sind 1.350 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Heizung und Kühlung wird 100% durch Erdwärme gespeist, die Löschanlage ist eine der modernsten auf CO2-Basis, der Innenausbau ist lösungsmittelfrei und emmisionsarm. Die Innenraumgestaltung ist bewusst schlicht und zurückhaltend, nichts soll von den ausgestellten Kunstwerken ablenken. Transportable, nicht bis zur Decke gehende Zwischenwände können neue Kabinetträume schaffen, falls gewünscht. Die Lichtplanung ist bereits darauf abgestimmt. Alles in allem bietet das MuT optimale konservatorische und sicherheitstechnische Bedingungen nach neuestem Museumsstandard. Die Gesamtkosten betragen 7 Mio. Euro. Der Baubeginn verzögerte sich durch bodenarchäologische Sondierungsarbeiten, reine Bauzeit betrug genau ein Jahr.

Ausstellung
Die Gangzonen und Raumabfolgen erlauben immer neue Blickachsen, machen neugierig auf den nächsten Bereich. Zu keiner Zeit hat man den Eindruck der Enge oder Beklemmung. Man hat nicht das Gefühl, unter Tage zu sein, man geht durch einen White Cube, erfährt die vornehme Zurückhaltung der Räume, genießt die Kunst. Und die kann sich wahrlich sehen lassen. Ein Jahr lang wird die Dauerausstellung „Weltsichten“ mit 270 Exponaten im gesamten Ausstellungsbereich zu sehen sein. Danach wird diese auf zwei Drittel komprimiert werden, wobei ein Drittel der Ausstellungsfläche für Wechselausstellungen bestimmt sein wird.
Beginnend mit der Landschaftsmalerei des 15. und 16. Jahrhunderts reicht das Spektrum bis hin zur Gegenwart, vom klassischen Ölgemälde bis zur raumfüllenden Video-Sound-Installation, inklusive Fotos und Gemälde des frühen 21. Jahrhunderts. Eine große Bandbreite, quer durch die Jahrhunderte und Stile, zum Beispiel sind Werke von Jan van Goyen und Joos de Momper, Corot, Courbet, Cezanne, Klee, Picasso, A. Rainer, Lichtenstein zu sehen. Fotoliebhaber schätzen u.a. Walker Evans oder Rudolf Holtappel. Es gibt viel zu sehen, man sollte sich genügend Zeit und Muße nehmen.

Situation Kunst mit Kubus und MuT
Nevelstr. 29c / Schlossstr. 13
im Parkgelände von Haus Weitmar
44795 Bochum

www.situation-kunst.de

Viel Spaß beim visuellen Rundgang, ober- und unterirdisch:

Autor:

Andrea Gruß-Wolters aus Duisburg

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