Überführung der letzten Opel-Lok: die Reportage

Henschel holt Henschel ab - zwei Loks aus Kassel im Opel-Bahnhof.
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Die Opel-Lok gibt´s sogar vom bekannten Modellbahnhersteller Märklin. Das hiesige Eisenbahnmuseum ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und beliebt. Begehrt, beides: Maschine und Museum.

So lag es nahe, dass eine von ursprünglich sieben Lokomotiven des im Dezember 2014 dichtgemachten Opel-Werks hier verbleibt. So dachte man von Anfang an in Dahlhausen. Und in Rüsselsheim letztlich auch. Am Donnerstag übergab der Automobilbauer die Bochumer Lokomotive mit der Nummer 5 der Stiftung Eisenbahnmuseum.

Mit dieser Schenkung kann Opel zum Abschied – das Werk I geht am 1. Juli in den Besitz der städtischen „Bochum Perspektive 2022“ über – einen letzten Sympathiepunkt machen, nach Jahren negativ-quälender Ungewissheit ums Werk.
Opel ist "am Boden"

Nummer fünf ins Museum - Nummer eins wird verschrottet

Bereits am Dienstag ging der Transport über die Schiene. Es war mit großer Wahrscheinlichkeit die letzte Bewegung auf einem Gleis des Opel-Bahnhofs im Südbereich von Werk I. Schon am vorherigen Samstag waren vier Opel-Loks auf die Reise nach Rüsselsheim geschickt worden. Während Nummer 5 von der betriebsfähigen Dampflok des Eisenbahnmuseums an den Haken genommen wurde, blieb Nummer 1 buchstäblich auf dem Abstellgleis. Diese Lok ist längst ausgeschlachtet und wird im Zuge der Abbrucharbeiten vom Schneidbrenner zerlegt. Damit sind es aktuell sogar noch drei Exemplare auf Bochumer Stadtgebiet: Am Donnerstag kam heraus, dass noch ein weitere, nicht mehr betriebsfähige, Lok im Werk steht. Sie wurde auf das Gleis vor der großen Halle D3 gerollt und könnte wie das Gebäude selbst als Denkmal erhalten bleiben. Rausfahren wird sie in keinem Fall mehr, seit Freitag sind alle Schienen im Werk außer Betrieb.
Es ist etwa 19 Uhr an diesem Dienstag, als sich das „Henschel-Duo“ – beide Lokomotiven wurden von diesem Hersteller in Kassel gebaut – in Richtung Bahnhof Langendreer-West in Bewegung setzt. Eigentlich die falsche Himmelsrichtung, doch die direkte Strecke von Laer nach Dahlhausen wurde bereits 1979 stillgelegt und ist längst abgebaut. Schon am Bahnübergang Alte Wittener Straße haben sich zahlreiche Menschen mit ihren foto- und filmfähigen Geräten aufgebaut, um den letzten Fahrbetrieb an dieser Stelle zu verewigen.

„Adam 5“ rollt mit 25 Stundenkilometern dahin

Die erste Kurve nach dem Überqueren der A43: „Adam 5“ – so der Name der Henschel – meldet lautstark Unwillen an. Eine der drei Achsen mag Kurvenfahrten überhaupt nicht und tut dies mit lautstarken Poltergeräuschen kund. Museumschef Harald Reese, der die Fahrt auf dem Führerstand der Opel-Lok begleitet, springt beim Halt in Langendreer-West auf die Gleise und macht eine kurze Kontrolle. Ergebnis: Die Lager sind nicht heiß gelaufen, mehr ist in diesem Moment nicht festzustellen. Per Sprechfunk erfolgt die Kontaktaufnahme mit der ziehenden Dampflok: „Wir fahren bitte nicht schneller als 25 Stundenkilometer.“

Nach dem Fahrtrichtungswechsel in Langendreer geht es also im Schleichfahrtmodus weiter. Der Hauptbahnhof, Ehrenfeld, Wattenscheid-Höntrop und Essen-Eiberg werden durchfahren, viele Beobachter stehen auf den Bahnsteigen. So eine Strecke hat die 1962 gebaute Henschel-Maschine nie absolviert. „Die Lokomotiven fuhren in den Werken I und II, die längsten Touren fanden auf dem Stück zwischen den beiden Standorten statt“, sagt Opel-Sprecher Alexander Bazio, dessen Büroanschrift Ende 2014 von Bochum nach Rüsselsheim verlegt wurde. Er reiste eigens an, um den Transport mitzuerleben.

Für Reisefahrten kommt die Opel-Lok nicht infrage

In Essen-Steele-Ost ist dann nochmals „Kopfmachen“ angesagt. Die preußische P8 von 1918 setzt ein letztes Mal um, mit veränderter Richtung geht es nun nach Dahlhausen. Um 21.55 Uhr trifft das neue Museumsstück hier mit dem letzten Tageslicht ein.

„Für einen Fahrbetrieb mit Zug kommt `Adam 5´ nicht infrage, weil sie für Reisefahrten auf dem Netz der Deutschen Bahn zu langsam ist und die Wagen nicht beheizt werden können. Ob wir sie mittelfristig auf dem Museumsgelände in Einsatz bringen, ist offen. In jedem Fall wird sie ein klarer Hingucker in unserer Fahrzeugsammlung“, schließt Harald Reese seine Ausführungen. Und das Tor zum Ringlokschuppen hinter „Adam 5“ ab.

Zum Weiterlesen

=> Weitere Beiträge und Videos der letzten Fahrt auf unserer Themenseite Opel-Lok

Der letzte Bochumer trägt „Inschriften“

Wenn ein Werk stirbt

Marc Keiterling - Freiberuflicher Journalist

Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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