Heute kocht Afrika

Rahuta und Genet gehören zum heutigen Kochteam.
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Gemeinsames Kochen überwindet Grenzen

»Da haben die drei gerade mal vor fünf Minuten angefangen – und dann riecht das schon so gut!«, ruft Silke Truppner begeistert aus. Und wirklich, aus der kleinen Küche steigen wunderbare Aromen in den Probenraum des Fanfarenzugs des BSV Bochum-Harpen. Hier im Untergeschoss des Amtshauses Harpen steht heute – wie jeden Montag seit Ende der Sommerferien – statt Trompeten- und Paukenklängen ein völlig anderer Programmpunkt auf dem Plan: ›Kochen über den Tellerrand‹.

Isolation und Sprachbarrieren überwinden

Die Idee kommt von Petra Kipper, Koordinatorin der Kleiderkammer im Amtshaus. Im Zuge ihrer ehrenamtlichen Arbeit hatte sie immer wieder die Erfahrung gemacht, dass gerade weibliche Flüchtlinge besonders unter Isolation leiden. Sei es, weil es für manche Frauen aufgrund ihres kulturellen Hintergrunds nicht unbedingt selbstverständlich ist, sich allein und ohne ihre Männer zu Veranstaltungen zu begeben. Sei es, weil Sprachbarrieren unüberbrückbare Hindernisse darstellen. Petra Kippers Vorschlag: ein gemeinsamer Abend, an dem gekocht, gespielt, gegessen und beieinandergesessen wird. Wo in einem behüteten, geschlossenen Rahmen Raum für Öffnung und Offenheit gegeben ist.

Zwei, drei Stunden den Alltag vergessen

»Ich fand das Konzept klasse, zwanglos Kontakt aufnehmen zu können«, erzählt Sabine Markhoff vom Fanfarenzug. »Aber auch, dass die Frauen aus sich 'rauskommen, ihr Ding machen und zwei, drei Stunden den Alltag vergessen können. Und gleich der erste Abend war so lebendig. Wir haben mit Händen und Füßen geredet: über ganz alltägliche, pragmatische Sachen. Typische Frauenthemen, die man eben nur unter Frauen besprechen kann. Wir haben gelacht oder einfach lustige Spiele gespielt. Das war nur toll!«

Wechselnde Küchencrew

Ursprünglich war angedacht, dass gemeinsam geschnippelt und gebrutschelt wird. »Wir merkten jedoch schnell, dass das nicht so einfach war. Gerade bei den ersten Abenden waren einige noch sehr schüchtern, ihnen war es fast unangenehm, dass ihnen bei der Arbeit zugeschaut wird«, erzählt Fanfarenzug-Chefin Silke Truppner. »Dazu kam aber auch, dass wir Harpenerinnen bei vielen Zubereitungsarten und -techniken hoffnungslos überfordert waren. So konnten wir nur hilf- und sprachlos zuschauen, wie ein Tabouleh-Teig gezaubert wird.« Schnell stand also fest, die Küchencrew würde von Woche zu Woche wechseln. Mal ist ein Team aus dem Kosovo, mal aus Syrien, mal aus Sri Lanka, mal aus Harpen für Speiseplan, Einkäufe und Zubereitung zuständig.

Unterhaltsam, gemütlich, lehrreich

Heute kocht Afrika. Aisha aus Eritrea und Rahuta sowie Genet aus Somalia schälen und schneiden Kartoffeln und Zwiebeln, braten Gehacktes an, wenden Teigröllchen in der Pfanne und, und, und. Währenddessen machen es sich die anderen am Tisch gemütlich. Wobei, nicht ganz. Heute besteht das ›Horsd’œuvre‹ nämlich nicht aus Unterhaltungsspielen wie Yenga oder ›Fang den Hut‹, sondern aus einer kleinen Deutschstunde. Dawina aus Albanien, Floria, Elfie, Albulena und Fiklete aus dem Kosovo, Esarei aus Sri Lanka, Ana aus Angola und Sanna aus Syrien dürfen anhand kleiner Aufgabenzettel zeigen, was sie schon alles gelernt haben. Ach ja, deutsche Sprache, schwere Sprache – dann aber doch auch lustige Sprache. Besonders laut gelacht wird allerdings, als die Redakteurin versucht, die Namen der Teilnehmerinnen nach Gehör niederzuschreiben. Ganz klar, hier besteht der größte Nachholbedarf!

Einfach nur lecker!

Mittlerweile duftet es immer verführerischer und schließlich ist es so weit. Aisha, Rahut und Genet servieren ihr Menü: ›Spaghetti africaans‹ und – als Nachtisch – ›Beignets Soufflés‹ (afrikanische Windbeutel). Lecker! Dies ist übrigens das Wort, das alle als erstes gelernt und verinnerlicht haben. Überhaupt: ein tolles Rezept! Damit sind beileibe nicht nur Nudeln und Teigballen gemeint, sondern die wunderbare Idee, durch gemeinschaftliches Kochen Grenzen zu überwinden. Wie gesagt: Einfach nur lecker!

Weitere Informationen zur Flüchtlingsarbeit finden sich unter www.amtshaus-harpen.de

Autor:

Antje Dittrich aus Bochum

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