Ein weiterer Aspekt der Flussrenaturierung

Riesen-Bärenklau bzw. Herkulesstaude, eine Pflanze, deren bloße Berührung beim Menschen zu Vergiftungserscheinungen führen kann.
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  • Riesen-Bärenklau bzw. Herkulesstaude, eine Pflanze, deren bloße Berührung beim Menschen zu Vergiftungserscheinungen führen kann.
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Gestern erschien in der 'Welt' ein Artikel unter der Überschrift "Zu viele eingewanderte Arten in heimischen Flüssen". Beim Lesen wird schnell klar: Das hat auch etwas mit der Flussrenaturierung zu tun.

Unsere Welt wächst zusammen. Kein Wunder also, dass auch in und an unseren Flüssen einiges in Bewegung ist. Das ist durchaus nicht immer ein Problem, denn von der Gesamtgruppe der eingewanderten Arten finden die meisten recht unauffällig irgendeine Nische in unserem Ökosystem. Daneben gibt es aber jenen etwa 10-prozentigen Anteil an invasiven Arten, die z.B. heimische Arten verdrängen oder durch ihre Lebensweise wirtschaftliche Schäden verursachen. Dazu gehört beispielsweise die Wollhandkrabbe, die zunehmend auch in deutschen Flüssen anzutreffen ist und den Flussfischern das Leben schwer macht, indem sie deren Netze zerbeißt und sich den Fang selbst einverleibt. Unter den Vogelarten kann hier z.B. die Nilgans erwähnt werden, die sich in den letzten Jahren stark ausbreitet und im Begriff ist, einheimische Arten zurückzudrängen (auch hierzu erschien ein Artikel in der 'Welt').
Ebenso gibt es bei den Pflanzen invasive Arten, wie z.B. den Riesen-Bärenklau (auch als Herkulesstaude bekannt), das drüsige Springkraut oder den Staudenknöterich - Gewächse, an deren Allgegenwart wir uns inzwischen fast gewöhnt haben, ohne die Folgen ihrer Ausbreitung jedoch schon richtig abschätzen zu können.

Gefahren nicht unterschätzen

Laut einer Mitteilung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) gelten "im Bereich des Naturschutzes (...) invasive Arten weltweit nach der Habitatzerstörung als die zweitgrößte Gefährdung der Biologischen Vielfalt". Ein Grund, warum die von den invasiven Pflanzen- und Tierarten ausgehende Gefahr nicht unterschätzt werden darf, ist deren immer rasantere Ausbreitung. Kam vor 100 Jahren durchschnittlich nur eine Art in 20 Jahren hinzu, so sind es heute bereits 2 Arten pro Jahr, eine Zunahme, die eher exponentiell als linear verläuft und deshalb nicht schöngeredet werden darf.
Ein zweites Problem sind die Folgen des Klimawandels. Zum einen begünstigt er die Ansiedlung von Arten, die früher nur in tropischen oder subtropischen Gebieten anzutreffen waren. Zum anderen macht er unseren heimischen Arten zu schaffen, weil ihre genetische Vielfalt durch menschliche Eingriffe immer mehr abnimmt - und damit auch ihre Anpassungsfähigkeit an veränderte klimatische Bedingungen.

Und was hat das mit Flussrenaturierung zu tun?

Um diese Entwicklung zumindest zu verlangsamen, müssen vielfältige Maßnahmen ergriffen werden, angefangen z.B. bei der Kontrolle und Reinigung von Schiffen, die invasive Arten quasi als "blinde Passagiere" aus aller Welt einschleppen. Während mit solchen Maßnahmen aber nur die weitere Zunahme eingedämmt werden kann, müssen für den Erhalt unserer heimischen Arten andere Wege begangen werden. Eine wichtige Empfehlung der Wiesbadener Stiftung 'Living Rivers' ist deshalb die Renaturierung von Gewässern, damit die Lebensgrundlagen der einheimischen Arten nachhaltig verbessert werden. Denn "vor allem in stark verbauten Gewässern seien gebietsfremde Arten durchsetzungsfähig", so ist es im o.g. Artikel der 'Welt' zu lesen. Es geht somit um die Erhaltung der so genannten Biodiversität als Grundlage eines funktionierenden Ökosystems. Weiteres hierzu findet sich unter dem zweiten der unten stehenden Links.

"Lasst die Ruhr doch, wie sie ist" ?

Nein! Es stimmt eben nicht, was ein Leserbriefschreiber meinte: "Wir brauchen die Ruhr, aber die Ruhr braucht uns nicht": Sie ist nicht von alleine zu dem geworden, was sie jetzt ist, und sie wird auch nicht von alleine (wieder) zu dem, was sie sein müsste. Wer meint, eine Renaturierung der Ruhr sei überflüssig, weil die Natur sich doch in den letzten 200 Jahren die verbauten Ufer zurückerobert habe, der ignoriert die oben genannten Entwicklungen. Einige der zu beobachtenden Pflanzen- und Tierarten stellen bereits heute eine Bedrohung für unsere heimische Flora und Fauna dar. Und es werden weitere hinzukommen, wenn wir den ursprünglichen Lebensraum nicht bald so weit wie möglich wiederherstellen oder zumindest nach den heutigen Gegebenheiten die optimalen Bedingungen für die Erhaltung der heimischen Arten schaffen. Wird diese Gelegenheit jetzt verpasst, so werden invasive Arten und der Klimawandel über kurz oder lang dazu führen, dass an der Ruhr vieles nicht so bleibt, wie es manchen bisher vielleicht noch akzeptabel erscheint.

Weiterführende Links

Wiesbadener Stiftung 'Living Rivers'
Veröffentlichung von 'Living Rivers' (PDF-Download)
Bundesamt für Naturschutz zu gebietsfremden Arten (PDF-Download)

Autor:

Torsten Richter-Arnoldi aus Hattingen

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