25 Jahre Grummer Deckel – Bürgerfest der SPD

Dankbar angenommen: die Sitzgelegenheiten am Übergang Heckertstraße - I. Parallelstraße
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Wer von der Castroper Straße kommend über I. Parallelstraße oder Quellenweg und Wilhelm-Raabe-Straße Richtung „Grumme Dorf“ fahren möchte, macht sich heute in der Regel kaum noch bewusst, dass er hier an der Nahtstelle zwischen Bochum-Mitte und -Nord eigentlich die Autobahn überqueren muss. Denn was sich Anwohnern und Passanten seit einem Vierteljahrhundert als langgestreckte Grünfläche präsentiert, ist nichts anderes als die A 40 mit einer grünen Haube. Am Samstag, 24. Mai 2014 richtete der SPD-Ortsverein aus Anlass des in diesem Jahr 25-jährigen Bestehens des „Grummer Deckels“ von 13.00 Uhr bis 18.00 ein Bürgerfest auf dem A 40-Tunnel aus.

Man stehe hier an einer Stelle, an der man gar nicht stehen sollte, mit diesen Worten eröffnete Landtagspräsidentin Carina Gödeke um 14.00 Uhr die wahlkampfgeprägte Veranstaltung und deutete damit an, dass man auf einer Autobahn eigentlich ja nichts zu suchen hat.
Wenn man sich umsehe, denke man, dass es schon immer so hätte sein müssen, führte sie weiter aus und verwies auf die erheblich verbesserte Situation des Wohnumfeldes und die enorm gewachsene Lebensqualität, die durch die seinerzeit ermöglichte Tunnellösung überhaupt erst geschaffen werden konnte.

In der Tat ist Ende der 80er Jahre den Grummer Bürgern etwas seltenes ermöglicht worden: die Kombination von Lärmschutz und hundertprozentiger Verbesserung der Wohnumfeldsituation, weg vom Wohnen an der Autobahn, hin zum Wohnen an der Grünfläche. Für das ungewöhnliche Projekt stark gemacht hatte sich der damalige Städtebauminister Prof. Dr. Christoph Zöpel, der im Anschluss an das Grußwort von Carina Gödecke das Wort ergriff.
Er sprach von drei Zufällen, die aufeinander trafen und den Anstoß zur Überdeckelung der Autobahn gegeben hätten: 1. die Ruhr-Universität sei eröffnet worden, 2. er habe an der Ennepestraße 29 gewohnt, sei immer viel lieber zu Fuß gegangen, als mit dem Auto unterwegs gewesen und habe sich gefragt, warum mitten durch ein Stadtquartier eine solche Straße gehen müsse, so dass man nur noch über Brücken zueinander kommen konnte, und 3. sei er zufällig Minister geworden.

Ganz so einfach, wie von ihm in heiterer Manier dargestellt, war die Entstehungsgeschichte selbstverständlich nicht.
Prof. Dr. Christoph Zöpel war 1980 Minister für Landes- und Stadtentwicklung geworden und konnte sich aus dieser Position heraus mit der sinnvoll erachteten Möglichkeit einer Tunnelung zu Lärmschutzzwecken auseinandersetzen. Die damals für den Straßenbau Verantwortlichen hätten seine Fragestellung zur Möglichkeit der Überdeckelung abwegig gefunden, schilderte der ehemalige Minister, allerdings hätten sie der Tatsache, dass ein Deckel den Verkehrsfluss schließlich nicht behindere, auch nichts entgegensetzen können. Und da sich die finanzielle Frage dahingehend löste, dass sich der Deckel statt aus Mitteln des Verkehrs mit Mitteln der Stadtentwicklung realisieren lassen würde, konnte man den Bürgern bescheren, was hier aus Stadtbild und Wohnumfeld nicht mehr wegzudenken ist: den „Grummer Deckel“.

Bereits 1979 war im Rahmen der Voruntersuchungen für einen Lärmschutz an der seit 1961/62 in Troglage befindlichen, damaligen A 430 auf eine Tunnellösung gedrungen worden. Im Auftrag der Straßenbauverwaltung des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe war daraufhin im Jahr 1982 zunächst eine vergleichende Studie über drei Varianten erstellt worden, die seitens des Bundesministeriums für Verkehr zur Entscheidung für „Variante C“ führte: einer Kombination aus schallschluckender Verkleidung der Trogwände, aufgesetzten Lärmschutzwänden und passivem Lärmschutz der unmittelbar an die Autobahn grenzenden Häuser. „Undenkbar“ würde man als Grummer Bürger mit dem Wissen um die positive Deckelwirkung heute sagen.

Neue Möglichkeiten einer Realisierung der optimalen Lösung - der Anlage eines 400 m langen und 40 Millionen DM teuren Tunnels durch Deckelung – ergaben sich im Frühjahr 1985. Das Land NRW zeigte sich bereit, im Rahmen des Städtebauförderungsgesetzes 80% der Mehrkosten einer vollständigen Lärmschutzabdeckung zu übernehmen. Die fehlenden 20% übernahm die Stadt Bochum, während der Bundesminister für Verkehr die Zustimmung erteilte, die Betriebs- und Unterhaltungskosten für den Tunnel zu übernehmen.
So konnte im Herbst 1986 mit dem Bau begonnen werden, nach zwei Jahren Bauzeit erfolgte im Herbst 1988 die Fertigstellung des Bauwerks. Im Sommer des Folgejahres waren auch die Oberflächengestaltung samt Begrünung abgeschlossen, die Anwohner konnten aufatmen.

… und 25 Jahre später sind langsam auch die Stadtwerke fertig ;-) Über Monate hinweg haben sie im Übergangsbereich, der damaligen Brücke zwischen Heckertstraße und I.Parallelstraße auf den Nerven nicht nur der unmittelbaren Anwohner herumgetrampelt und gebuddelt, um wie an vielen anderen Stellen im Stadtgebiet die Versorgungsleitungen zu erneuern. Kaum dachte man genervt, nun endlich wieder ungehindert zur Castroper Straße zu gelangen, war irgendeine neue Ecke dicht.
Gerade rechtzeitig zum Bürgerfest aber zog nun der Wanderzirkus weiter, rückte seine Baufahrzeuge nach und gab den Bereich des Deckels zumindest weitgehend frei, um sich aktuell in der I. Parallelstraße auszutoben.

Und so konnten Anwohner und Grummer Bürger am Samstag gemütlich bei Bratwurst, Bier oder Wasser an den Biergartentischen sitzen und sprichwörtlich „in Ruhe“ miteinander plaudern, sich am Stand der Wohnungsbaugesellschaft VBW informieren, die im Verlauf der letzten Jahre das Wohnquartier „Grummer Carre´“ am Deckel umfassend saniert hat, oder sich die von Heinz Günter Spichartz liebevoll aufbereitete Ausstellung über den Wandel dieser Ecke Bochums ansehen.
Mit der Zusammenstellung zahlreicher Zeitungsartikel und vieler Fotos zeichnete er die Entwicklung des Quartiers, der A 430 zur A 40 und schließlich zum „Grummer Deckel“ nach. Seiner Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt und seinem unermüdlichen Dokumentationseifer ist es zu verdanken, dass in Grumme Heimatwissen und -empfinden nicht verloren gehen kann.

Autor:

Sabine Schemmann aus Bochum

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