Abzocke bei der Müllentsorgung in Bochum

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Die 14-tägige Entsorgung der 120 Liter-Tonne Biomüll kostet in Bochum und Wattenscheid beim städtischen Müllentsorgungsbetrieb USB sagenhaft 216,30 Euro. Keine Kommune in NRW verlangt mehr (BdSt-Vergleich Abfallgebühren 2014). Einsamer Spitzenplatz für Bochum. Die gleiche Leistung kostet in Herne 47,42 Euro! Es entsteht der Verdacht, der USB zockt die Bürger beim Biomüll ab. Nicht mehr und nicht weniger. Ach ja, ab 01.01.2015 wird die Biotonne in Bochum und Wattenscheid verpflichtend eingeführt. Wer seinen Müll nicht selbst kompostieren kann, muss zahlen.

Auch die Abfuhr der Restmülltonne ist in Herne über 60 Euro pro Jahr billiger als in Bochum und Wattenscheid. Dafür ist die Sperrmüllabfuhr einmal im Jahr und die Abgabe von Grünabfällen bei den Wertstoffhöfen für Bochumer und Wattenscheider Bürger kostenfrei, in Herne zahlen die Bürger für eine Sperrmülllabfuhr 25 Euro und für die Abgabe von 1m³ Grünabfall 2,50 Euro.

Rechtfertigt das einen Mehrpreis von über 60 Euro pro Jahr? Wohl kaum.

Ein weiteres Problem des USB, der immer wieder von den Bürgern beklagte schlechte Service. Nach dem Streik im öffentlichen Dienst entfielen in einigen Ortsteilen Abfuhrtermine ersatzlos. Wollten die Mitarbeiter mit ihrem Warnstreik für mehr Gehalt ihren Arbeitgeber treffen oder waren die Bürger das Ziel? Auch bei Schnee und Eis bricht sofort das Chaos aus, es dauert viel zu lange bis die reguläre Leerung wieder funktioniert. Beschwerden kann man dem USB schicken, Antworten erhält man jedoch regelmäßig nicht.

Die Unfreundlichkeit einiger Mitarbeiter des USB an der Abgabestelle der Deponie Kornharpen ist mittlerweile legendär. Neubürger, die den rüden Umgang an der Deponie nicht gewohnt sind, fühlen sich im ersten Moment sogar bedroht, wenn sie angeschnauzt werden, weil sie die Mülltrennung offensichtlich nicht so vornehmen, wie sich das der zuständige USB-Mitarbeiter vorgestellt hat. Erst so ab dem dritten Mal an der Deponie wird sich jeder bewusst, dass die Mitarbeiter zwar grob auftreten, es aber eigentlich nicht so meinen, wie es rüber kommt. Es soll indessen Mitbürger geben, die an der Deponie vorsätzlich den Müll falsch abwerfen, nur um in den Genuss einer dieser beispiellosen Ausraster von USB-Mitarbeitern zu kommen. Schauspielhaus war gestern, die wahre Show bieten die Müllwerker an der Kippe. Aber auch wenn diese Vorstellungen für manche einen hohen Unterhaltungswert haben, vermögen sie die überhöhten Müllpreise nicht zu rechtfertigen.

Auch die Verteilung der Wertstoffsäcke und -tonnen scheint ein Problem zu sein, immer wieder kommt es vor, dass Verteilstellen aufgrund von Lieferengpässen keine Säcke oder Tonnen mehr ausgeben können. Bei der Zahl der zugeteilten Säcke ist man kniepig. Genau 13 Säcke werden an jeden Haushalt ohne Tonne pro Halbjahr verteilt. Ein Sack, dessen Preis im unteren Centbereich liegen dürfte, wird den Haushalten für den Müll von 2 Wochen zugestanden. Während bei den Biotonnen den Bürgern locker für dieselbe Leistung fast fünf Mal mehr abgenommen wird als in Herne und anderswo, spart der USB bei der Wertstoffabfuhr bei jedem Sack.

Aktuell agiert der USB ohnehin teilweise kopflos. Der technische Geschäftsführer Werner Meys (SPD) wurde vom Dienst frei gestellt, nachdem ein Strafverfahren wegen Untreue und unangemessener Begünstigung des Betriebsratschefs gegen ihn eingeleitet wurde (WAZ vom 19.02.14).

Derweil stößt ebenso auf, die vom USB durch Einführung der Wertstofftonne (für Grünen-Punkt-Müll plus weitere Müllarten) versprochene positive Auswirkung auf die Müllkosten für die Bürger war offenbar nur eine vorgeschobene Nullnummer. Statt dass die Kosten durch die Wertstofftonne sinken, steigen sie seit der Einführung immer weiter und zwar noch mehr als in anderen Kommunen ohne eine solche Tonne. Für die in NRW einmalig hohen Müllkosten*, identifiziert der Bund der Steuerzahler insbesondere die überhöhten Entsorgungskosten bei der Wertstofftonne als Ursache (BdSt-Vergleich Abfallgebühren 2014).

Tatsächlich ging es bei der Einführung der Wertstofftonnen wohl auch vielmehr darum, dem USB ggü. den privaten Entsorgungsunternehmen einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen (Recycling Magazin vom 29.07.11). Die Stadt meinte die Entsorgung der Wertstofftonne im Gegensatz zum Grüner-Punkt-Müll ohne öffentliche Ausschreibung direkt an den USB vergeben und auf diese Weise die privaten Entsorger ausstechen zu können. Doch diese Vorgehensweise war rechts- und wettbewerbswidrig wie das OLG Düsseldorf feststellte. Die Beauftragung des USB mit der Entsorgung der Wertstofftonnen war illegal.

Angeblich hat sich der USB insbesondere auch um Kosten zu sparen dem Entsorgungsanlagenverbund Ekocity angeschlossen. Daher wird aller Restmüll dort verbrannt. Problem, die Entsorgung 1 Tonne Restmüll kostet bei Ekocity 153,61 Euro, woanders zahlen die Kommunen gerade mal 40 bis 50 Euro pro Tonne (WAZ vom 17.07.14), also nur ein Drittel.

Aber kommen wir zurück zu den Phantasiepreisen bei der Biotonne. Wie kommt der konkurrenzlos überzogene Preis trotz des mindestens mäßigen Services zustande?

Höhere Kosten bei der Sammlung oder Entsorgung des Mülls in Bochum als in Herne können wohl kaum die Ursache des Problems. Weder sollten die Mitarbeiter noch die Sammelfahrzeuge noch die Entsorgungsanlagen bei uns teuerer sein als in Herne, schon gar nicht gleich um fast das fünffache!

Mangels Wettbewerb ist der Bochumer und Wattenscheider Bürger dem USB hilflos ausgeliefert und muss jeden Preis akzeptieren, dem ihm der USB abverlangt. Wirtschaftet der USB schlecht, macht nachteilige Verträge bzw. ist schlecht organisiert, dann gibt er die daraus resultierenden Kosten einfach an die Bürger über die Gebühren weiter. Es besteht kein Wettbewerbsdruck Maßnahmen zu ergreifen die Kosten im Unternehmen zu reduzieren. Denn egal was der USB für einen absurden Preis für seine Leerungen aufruft, der Bürger muss diesen bezahlen. Eine Pflicht die Kosten in einem vertretbaren Rahmen zu halten, besteht tatsächlich nicht.

Wenn der USB als Miteigentümer von Ekocity als Ziel vorgibt, die „Gewährleistung sozialverträglicher Abfallbeseitigungsgebühren“ zu verfolgen, dann sind solche Ausführungen offenbar nicht mal das Papier wert, auf dem sie stehen. Eigentlich sollte durch die Einführung der Biotonne nicht nur für die Umwelt etwas getan werden, sondern sollten die Bürger auch Kosten sparen, denn wer die Biotonne hat, darf seine Restmülltonnenkapazität um 5 Liter pro Person reduzieren. Doch daraus wird nichts, wenn am Ende die Biotonne fast so viel kostet wie die Restmülltonne.

Es ist Zeit, dass sich die Stadt wehrt. Beauftragen wir doch die Entsorgungsbetriebe der Stadt Herne mit der Abholung der Bioabfälle. Dann wird der USB reagieren müssen. Entweder er senkt den Preis auf ein angemessenes mit Herne vergleichbares Niveau oder das Unternehmen muss sich eine andere Stadt suchen, deren Bürger bereit sind Mondpreise für seine Leistungen zu bezahlen.

Die Initiative Bochum ändern mit Herz (BoWäH) und die STADTGESTALTER schlagen vor, dass der Stadtrat die Stadtverwaltung prüfen lässt, ab wann es möglich ist das Entsorgungsunternehmen zu wechseln oder wie der USB dazu bewegt werden kann, dass er den Bürgern ein vertretbares Angebot zur Sammlung und Entsorgung des Mülls macht.

Es besteht akuter Handlungsbedarf, denn es scheint so, als habe der USB das Ziel wirtschaftlichen Handelns und der Gewährleistung sozialverträglicher Abfallbeseitigungsgebühren für die Bürger völlig aus den Augen verloren. Der USB muss reorganisiert werden und zwar gründlich. Dabei ist zu überlegen, ob es nicht sinnvoll ist den USB intelligent mit anderen Versorgungsunternehmen des Ruhrgebietes zu verschmelzen um seine Konkurrenzfähigkeit zu verbessern und dadurch entstehende Skaleneffekte zu nutzen, die zu weiteren Kostensenkungen für die Bürger und Verbraucher führen können.

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos
BoWäH - Bochum und Wattenscheid ändern mit Herz

*Im Vergleich des Bunds der Steuerzahler hat Münster die höchsten Müllkosten. Bei der Kalkulation der Kosten für Münster wird jedoch der Preis für die wöchentliche Leerung der 120 Liter Biotonne zugrunde gelegt, in Bochum dagegen der Preis für die 14-tägige Leerung. Geht man in Münster bei wöchentlicher Leerung von einem halbierten Tonnenvolumen aus (60 Liter), ist Bochum ebenfalls teurer als Münster und belegt in NRW mit gutem Abstand den Spitzenplatz bei den Müllkosten.

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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