Die geteilte S-Bahn: Ersatzkonzept für die Linie 1

Nach einem Schwelbrand wurden die Züge des Typs 422 für Tunneldurchfahrten gesperrt. Fotos (2): Archiv
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Erzwungener Umstieg mit erheblichen Wartezeiten, ausfallende Entlastungsfahrten - seit November letzten Jahres muss die Deutsche Bahn auf der Linie 1 der S-Bahn improvisieren. Ab Montag, 13. Februar, greift nun ein neues Ersatzkonzept mit dem Ziel, im Raum Bochum und Wattenscheid bessere Umstiegsmöglichkeiten zu schaffen.

Ein Brand am 18. November 2016 löste die Maßnahmen aus. In einem Fahrzeug der seit 2008 in Dienst gestellten Baureihe 422 hatte sich hinter der Deckenverkleidung ein Schwelbrand entwickelt. In der Folge entschloss sich die DB Regio dazu, alle Bahnen dieses Typs nicht mehr durch längere Tunnel fahren zu lassen, weil dort eine Evakuierung der Fahrgäste in einem Störfall nur schwer möglich ist. Aus diesem Grund endet seither die mit diesem Zugtyp bestückte S1 in Bochum, für eine Tunneldurchfahrt in Dortmund ist die Baureihe 422 gesperrt. Ersatzverkehr aus Dortmund endet am Bochumer Hauptbahnhof, S1-Durchreisende müssen hier umsteigen. Längere Wartezeiten inklusive.
Nun hat die DB ein neues Ersatzkonzept erstellt, gleichzeitig haben Reparaturarbeiten an der gesamten Triebzug-Flotte begonnen. Bei allen 84 Fahrzeugen der Baureihe werden die Dachleitungen mit sogenannten Schrumpfschläuchen isoliert. Durch diese Maßnahme werden Überschläge in Folge von Fremdeinwirkung, wie etwa Vogelflug, verhindert.

Reparatur hat begonnen

Zusätzlich werden auf dem Dach Stahlplatten zur Verhinderung von Durchschlägen in der Dachhaut aufgebracht. Als weitere Maßnahme wird danach bei allen S-Bahnen dieser Baureihe die vorhandene Dachisolierung im Fahrgastraum überarbeitet. Momentan erarbeiten die Fachleute ein umfassendes Konzept, ab wann und in welchem Zeitraum diese Arbeiten umgesetzt werden können. Derzeit wird zudem geprüft, ab wann und unter welchen Auflagen die Fahrzeuge nach der Umrüstung wieder die Tunnel befahren werden. Alle diese Maßnahmen sollen dazu führen, dass eine mögliche Brandentwicklung verhindert wird.
Um den neuralgischen Umstiegspunkt am Bochumer Hauptbahnhof zu entzerren, gilt ab 13. Februar ein verbessertes Ersatzkonzept mit nahezu doppelt so vielen Fahrmöglichkeiten zwischen Hauptbahnhof und Essen-Steele-Ost sowie kürzeren Umstiegszeiten.

Parallel-Verkehr auf Bochumer Stadtgebiet

Die S1 verkehrt zwischen Solingen und Bochum planmäßig mit den Zügen der Baureihe 422. Bereits ab Essen-Steele-Ost werden Ersatzzüge der seit 1978 genutzten X-Wagen eingesetzt.
Diese fahren parallel zur "normalen" S1 über die Stationen Essen-Eiberg, Wattenscheid-Höntrop sowie Bochum-Ehrenfeld und übernehmen dann allein auf dem Weg nach Dortmund. Die Abfahrtszeiten der Züge auf diesem Abschnitt werden angepasst, statt lediglich einem Umsteigebahnhof gibt es dann fünf Wechselmöglichkeiten. Damit erhofft sich die Bahn eine spürbare Entzerrung.
Die beiden im Normalfall morgens und nachmittags verkehrenden Entlastungsfahrten für den Verkehr der Universität Dortmund können weiterhin nicht stattfinden und entfallen.
Die Änderungen sind detailliert im Netz unter www.bahn.de abrufbar.

Der VRR übernimmt in zwei Jahren

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr wird 2019 insgesamt 48 Triebzüge des Typs 422 von der DB Regio übernehmen. Diese sollen ab Dezember 2019 dem künftigen Betreiber eines Abschnitts im Bereich der S-Bahn Rhein-Ruhr zur Verfügung gestellt werden. Wichtig vor dem Hintergrund der aktuellen technischen Probleme: Teil des Kaufvertrages ist der Auftrag für DB Regio, dauerhaft für Wartung und Instandhaltung zu sorgen. Im Vorfeld hatte der VRR den Kauf der entsprechenden Zahl an gebrauchten Fahrzeugen ausgeschrieben und im Vorfeld des Vergabeverfahrens einen Marktpreis gutachterlich errechnen lassen.
Der Instandhaltungsvertrag läuft über 15 Jahre. Bis Dezember 2019 erhalten die Fahrzeuge eine andere Farbgebung, außerdem werden dann neue Sitzpolster und eine verbesserte Fahrgastinformation eingebaut. Selbst wenn zu diesem Zeitpunkt die DB Regio den Zuschlag für den Betrieb erhalten sollte, wird sie das nicht mehr in den eigenen Unternehmensfarben tun.

Drei Fragen an Dirk Pohlmann, Sprecher Deutsche Bahn AG, Nordrhein-Westfalen

1. Es werden nun alle Exemplare der ab 2008 ausgelieferten Baureihe 422 repariert. Kann die Deutsche Bahn den Hersteller - ein von Bombardier und Alstom gebildetes Konsortium - hierfür in Regress nehmen?
Es wird in jedem Fall zu prüfen sein, ob in den Fahrzeugen versteckte Mängel vorhanden sind, die zum Schwelbrand im November 2016 geführt haben. In der Folge wäre auch ein eventueller Regress zu prüfen.
2. Was verspricht sich die DB Regio vom Parallelverkehr der S1 zwischen Essen-Steele-Ost und Bochum Hauptbahnhof auf hiesigem Stadtgebiet?
Dadurch schaffen wir mehrere Umstiegsmöglichkeiten, es findet eine Entzerrung statt, wenn nicht nur am Bochumer Hauptbahnhof umgestiegen werden kann. Auch werden sich die Wartezeiten verkürzen. Während bisher leider Wartezeiten zwischen 20 und 30 Minuten entstanden sind, soll es mit dem neuen Ersatzkonzept maximal 15 Minuten dauern.
3. Warum war es nicht möglich, die Linie S1 komplett mit den alten X-Wagen zu bestücken, um das Umsteigen zu vermeiden?
Weil nicht genügend einsatzbereite Fahrzeuge dieses Typs zur Verfügung stehen. Wir haben hier auf Reservefahrzeuge zurückgegriffen, es wurden auch Bahnen reaktiviert. Dies reicht allerdings nicht für die komplette S1 aus.

Nach einem Schwelbrand wurden die Züge des Typs 422 für Tunneldurchfahrten gesperrt. Fotos (2): Archiv
Die seit 1978 eingesetzten X-Wagen werden Zug um Zug ausgemustert. Einige bleiben als Einsatzreserve betriebsbereit.
Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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