Jugendhilfe-Skandal – Vorwürfe gegen Life und Ratsmitglied Lichtenberger bestätigen sich

Die Vorwürfe gegen Gerhard Lichtenberger (SPD Ratsmitglied) und seine Life Jugendhilfe haben sich bestätigt. Ja, es ist sogar schlimmer als zunächst angenommen.

Die von dem Skandal Betroffenen hoffen und fordern immer wieder das Gleiche, der Jugendhilfe-Skandal muss Konsequenzen haben, für die Life Jugendhilfe und Gerhard Lichtenberger.

Es darf nicht sein, dass Jugendliche in das europäische Ausland abgeschoben werden und dabei Unternehmen wie Life die städtischen Jugendämter abkassieren.

Auch die Ex-Mitarbeiter von Unternehmungen, die durch Lichtenberger und seine Familie geführt werden, berichten von unzumutbaren Zuständen in den Unternehmen.

Seine ursprüngliche Tätigkeit als Leiter des Kinderheimes Overdycker Straße musste Gerhard Lichtenberger beenden, nachdem die Mitarbeiter massive Vorwürfe gegen ihn erhoben hatten. Im anschließenden Prozess trennte man sich von Lichtenberger, die Vorwürfe wogen zu schwer.

Bei Life sollen ebenfalls Mitarbeiter auf fragwürdige Weise gekündigt worden sein, u.a. um Verwandte in dem Unternehmen unter zu bringen.

Die Jugendhilfemaßnahmen von Life stehen seit Jahren immer wieder in der Kritik. 2003 schon sind die Vorwürfe der staatlichen chilenischen Jugendbehörde die gleichen wie heute. Life bringt die Jugendlichen billig bei einheimischen Familien unter, die eine Betreuung kaum leisten können und kassiert selbst in Deutschland für die Maßnahmen dick ab. (taz vom 13.08.03).- Auch der Vorwurf der mangelhaften Beschulung wird bereits 2003 erhoben.

Wie der Fall Paul zeigt, läuft die Jugendhilfe bei Life auch heutzutage noch nach demselben Muster. 7.000 Euro pro Monat kassiert das Lichtenberger-Unternehmen vom Jugendamt, 800 davon gehen an den Betreuer in Ungarn, der davon Unterbringung, Verpflegung, sonstige Leistungen für Paul und sein eigenes Einkommen bestreitet. 6.200 Euro werden von Lichtenbergers Life-Jugendhilfe vereinnahmt (WDR – die story, vom 01.06.15).

Entsprechend spartanisch ist die Unterbringung und Betreuung in Ungarn, nach der massiven Kritik aus Deutschland wurde zumindest der Hof des Betreuers aufgeräumt. Eine Betreuung durch jemanden anderen als den ungarischen Handwerker und Hofbesitzer findet nicht statt. Anders als zunächst von Life angeben, ist der Betreuer auch nicht 63 sondern bereits 73 Jahre alt. Die Beschulung fand, anders als von Lichtenberger behauptet, auch nicht im benachbarten Dorf statt, sondern in einer Schule, die 30 km entfernt lag. Dort saß Paul 4 Stunden pro Woche vor einem Rechner und bekam Webunterricht aus Deutschland.

Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Paul ist wieder in Deutschland, die Jugendhilfemaßnahme war nicht länger tragbar und wurde beendet. Paul darf endlich bei seinen entfernten Verwandten in Deutschland wohnen, besucht wieder das Gymnasium. Schulleiter, Freunde und Verwandte und er selbst freuen sich, dass er wieder zurück ist.

Hilfebedürftige Jugendliche und Kinder in Maßnahmen ins Ausland zu schicken, wenn in Deutschland Stellen bereit stehen, die eine vernünftige Betreuung sicherstellen können, ist illegal. Dies führt Prof. Torsten Fischer in der neuen WDR-Reportage sehr deutlich aus (WDR – die story, vom 01.06.15). Exakt das aber ist im Fall Paul geschehen. Genau daran hat sich die Life-Jugendhilfe von Lichtenberger beteiligt und bereichert.

Wie funktioniert das System? Der Kinder- und Jugendpsychiater Prof. Rainer Dieffenbach, Leiter der Kinder- und Jugendpsychatrie Datteln, begutachtet die Kinder und Jugendlichen und schlägt eine Maßnahme vor. Er begutachtet die Kinder und Jugendlichen, anders als von Lichtenberger nahe gelegt, jedoch nicht als Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie (Stellungnahme Life), sondern im Rahmen seiner privaten Nebentätigkeit als selbständiger Kinder- und Jugendpsychologe (Hellweger Anzeiger vom 02.06.15).

Dieffenbach und Lichtenberger arbeiten als Team. Sie organisieren zusammen Jugendhilfemaßnahmen, veröffentlichen zusammen Beiträge (Difu 2014, Difu 2008), treten zusammen auf Jugendhilfe-Fachtagungen (http://www.fachtagungen-jugendhilfe.de/tagungsberichte/detail/22650) und SPD-Wahlkampfveranstaltungen (Birgit Fischer (SPD)) auf, sie sind auch verbunden über den Interessenverband für indiviualpädagogische Maßnahmen AIM (Lichtenberger als Vorstandsvorsitzender bis Anfang 2015, Dieffenbach als Referent).

Auch Dr. Ina Dieffenbach, die Frau von Prof. Rainer Dieffenbach, selbst Fachärztin für Kinder-und Jugendpsychiatrie, ist in das System eingebunden. Sie arbeitet als Dozentin für das Lichtenberger Unternehmen inpäd, das in 45 Stunden (+15 Stunden Selbststudium) die Betreuer, auch den von Paul, zu individualpädagogischen „Fachkräften“ auf deren eigene Kosten ausbildet. Dazu ist sie noch an der Prüfung der Wirksamkeit der Jugendhilfeaßnahmen im Ausland beteiligt (Webseite Praxis Ina Dieffenbach).

Die Kinderklinik Datteln hat mittlerweile erklärt, dass die Nebentätigkeit von Prof. Dieffenbach für die Life Jugendhilfe nunmehr zunächst ruht (Hellweger Anzeiger vom 02.06.15).

Spätestens jetzt ist es Zeit, dass auch die Politik in Bochum Konsequenzen zieht, die die Betroffenen zu Recht erwarten. SPD und Grüne sind aufgefordert, sich öffentlich deutlich von Gerhard Lichtenberger (SPD) zu distanzieren und ihm dringend nahe zu legen, sein Ratsmandat aufzugeben. Mit den Aufgaben, den Pflichten und der Verantwortung eines ehrenamtlich tätigen Ratsmitgliedes ist es nicht vereinbar, dass dieses mit seinen Unternehmungen anderenorts mit der Durchführung von, nach Meinung von Fachleuten illegalen Jugendhilfemaßnahmen, die städtischen Jugendämter abkassiert.

Dieser Forderung schließen sich die Die STADTGESTALTER an. Der von Lichtenbergers Unternehmen mitorganisierte Filz und Klüngel bei der Jugendhilfe muss endlich ein Ende haben.

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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