Musikforum – Die unumgängliche Erhöhung der Eintrittspreise um 50 Euro

Musikforum | Foto: GodeNehler
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In dieser Woche hat das Musikforum, die neue Heimstätte der Bochumer Symphoniker, seine Türen geöffnet. Die Erwartungen hinsichtlich Klangerlebnis und Konzerterlebnis haben sich laut Aussagen der ersten Besucher voll erfüllt.

Die Befürchtungen der Kritiker sind eingetreten

Leider sind auf der anderen Seite auch alle Befürchtungen der Kritiker eingetreten: Das den Bürgern von der Politik gegebene Versprechen, das Baubudget der Stadt in Höhe von 2,4 Mio. würde eingehalten, wurde erwartungsgemäß nicht erfüllt. Letztlich wird die Stadt mindestens für den dreifachen Betrag aufkommen müssen. Nimmt man die verschleierten Kosten hinzu, hat die Stadt für das Musikforum am Ende sogar über 15 Mio. Euro aufgebracht (Gesamtkosten Musikforum).

Die Nutzung des Gebäudes (Betrieb, Objektmanagement, Finanzierung, Instandhaltung, Abschreibung gem. DIN 18960) kostet die Stadt auch nicht 0,58 Mio., sondern leider mehr als 3 Mio. im Jahr. Woher das Geld kommen soll, ist nach wie vor völlig offen.

Auch hat die jetzt vereinbarte Nutzung nichts mit der zu tun, die Stiftung und Stadt vor dem Bau in den schönsten Farben angekündigt hatten (Konzept Musikzentrum). Kommerzielle Veranstaltungen sind förderschädlich, für elektronische Musik fehlt die Soundanlage, für nennenswerte Kongresse, Seminare und Workshops die erforderlichen Räume, für die Nutzung durch private Musikgruppen und Initiativen sind die Nutzungsentgelte zu hoch (Entgeltordnung Musikforum). Das Musikforum ist leider das geworden, was die Kritiker vorausgesagt hatten: Ein Konzerthaus mit Musikschulalibi.

Auch erhöht sich durch das Musikforum die Zahl der Kultur- und Musikveranstaltungen nicht, sie finden lediglich in akustisch besser gebauten Räumlichkeiten statt.

Der Bau wurde von der Politik mit falschen Versprechungen. ohne städtischen Diskurs, ohne Bürgerentscheid und gegen den Willen vieler, wenn nicht der meisten Bürger rücksichtslos durchgesetzt. Dass die Glaubwürdigkeit der Politik in der Stadt mit diesem Vorgehen massiven Schaden nehmen würde, nahmen die meisten Stadtpolitiker billigend in Kauf, die Interessen der Konzerthauslobby waren ihnen wichtiger.

Was sind BoSy und Musikforum den Konzertbesuchern wert?

Die Einnahmen durch Kartenverkäufe sollen durch das Musikforum laut Stadt von 0,81 Mio. auf knapp 1,21 Mio. steigen (Haushaltsentwurf 2017, Band 2). Die Kosten für Symphoniker und Musikforum steigen auf deutlich über 12 Mio. Euro. So dass nicht mal 10% der Kosten durch die Kartenverkäufe gedeckt sind. Der durchschnittliche Kaufpreis für eine Karte beträgt 20 Euro. Das ist außerordentlich günstig. Selbst eine Erhöhung z.B. um einen Baukostenzuschuss von bis zu 5 Euro, wie von der Fraktion „FDP & Die STADTGESTALTERN" angeregt (Antrag 20161171), lehnte der Rat der Stadt Bochum mit dem Hinweis ab, dass höhere Preise deutlich weniger Besucher zur Folge hätten.

Die Mehrheit im Rat geht davon aus, dass den meisten Besuchern das besondere Musikerlebnis im Musikforum nicht mehr wert ist als im Durchschnitt 20 Euro. Das wiederum sagt einiges darüber aus wie die Politik die Wertschätzung der Leistung der Bochumer Symphoniker und die Akzeptanz des Musikforums bei den möglichen Besuchern tatsächlich einschätzt.

Kartenpreise müssen Nutzungskosten des Musikforum voll abdecken

Die Ausgangsforderung der Konzerthauskritiker hat weiterhin Bestand: Gegen ein Musikforum ist dann nichts einzuwenden, wenn sämtliche Kosten durch diejenigen getragen werden, die die Konzerte besuchen. Die 3 Mio. Euro Nutzungskosten müssen mit den Eintrittspreisen vollständig abgegolten werden.

Daher sind die Eintrittspreise entsprechend anzupassen. Der Durchschnittspreis der Karten muss von 20 auf 70 Euro pro Karte steigen. Kostet eine reguläre Karte für ein BoSy-Konzert heute je nach Sitzplatz und Konzertformat zwischen 12 und 39 Euro, wird zukünftig ein Preis in Höhe von 20 bis 115 Euro fällig. Das entspräche ziemlich genau dem Preisgefüge des Starlight-Express. Und selbst bei diesen Preisen verblieben noch rund 9 Mio. ungedeckte Kosten für die BoSy, die im Wesentlichen durch die Stadt aufgebracht werden müssten.

Konzertbesucher sollten 50 Euro für jede gekaufte Karte spenden

Aber mit welchem Grund soll ein Konzert der BoSy weniger wert sein als eine Aufführung des Starlight-Express und daher weniger kosten?

Wollen sich die Spender die ausgelegten Beträge über die öffentlichen Kartenzuschüsse von 200 Euro und mehr pro Veranstaltung refinanzieren lassen? Das kann nicht ihre Intention gewesen sein. Entsprechend sind die Konzertbesucher aufgefordert bei jedem Kartenkauf mindestens 50 Euro für die Nutzung des Konzerthauses zu spenden (Stiftung Bochumer Symphonie, IBAN DE85 4306 0000 0668 00, BIC: GENODEM1GLS), zumindest so lange die aktuellen Kartenpreise Bestand haben. Offen ist, in wie weit sich die Konzerthausbefürworter hier in einer moralischen Verantwortung gegenüber der Stadt sehen oder ob sie es für selbstverständlich erachten, dass jede ihrer Karten mit mindestens 200 Euro von der Stadt bezuschusst werden.

Zu wünschen ist, dass das Musikforum einen weiteren Einbruch der Abonnentenzahlen bei den BoSy aufhalten kann und diese wieder nachhaltig steigen. Hatten die BoSy in der Spielzeit 2009/10 noch 2.156 Abonnenten, waren es 2014/15 nur noch 1.768 (Enwicklung Abonnenten). Wenn das Konzerterlebnis im Musikforum so außergewöhnlich ist, wie es die Konzerthausbefürworter immer wieder in Aussicht gestellt haben, dann sollte das möglich sein. In diesem Fall wird das Erlebnis Musikforum auch so gut sein, dass die Besucher gerne bereit sind für diese Attraktion im Durchschnitt 50 Euro zusätzlich zu zahlen. Wären die Besucher dazu allerdings nicht bereit, dann fehlt dem Musikforum wie den BoSy in der Stadt die erforderliche Akzeptanz.

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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