VfL Bochum: Frauen brauchen neues Konzept

Rote Karte gegen die Verabschiedung: eine Demonstration vor dem letzten Heimspiel der Profis gegen Darmstadt 98.
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„Es wurde eine Schlacht gewonnen – keinesfalls ein Krieg“. Ulrich Jeromin, Vorsitzender des Fußballkreises Bochum, gibt sich bezüglich der Perspektiven der Fußball-Frauen beim VfL Bochum keinen Illusionen hin. Der Abschied der Damen als „Komplett-Abteilung“ des Vereins ist letztlich auch für ihn nur eine Frage der Zeit.

Schon zum Ende der laufenden Spielzeit wollte sich der Club aus finanziellen Gründen von der Abteilung trennen. Diesen Entschluss machte man am Feiertag des 3. Oktober publik, möglicherweise auch ein wenig in der Hoffnung, die Nachricht am Feiertag würde durch Neuigkeiten in den Folgetagen so überlagert, dass kein großer Widerstand entstehe. Erst am 2. Oktober war die Abteilung informiert worden, viele Spielerinnen erfuhren aufgrund der zeitlichen Enge nur durch die offizielle Mitteilung vom vorgesehenen Aus.
Sabrina Gesell, Trainerin der in der 2. Liga spielenden ersten Damenmannschaft: „Das ging alles sehr kurzfristig. Eine andere Art und Weise wäre wünschenswert gewesen.“ Den Verantwortlichen brauste anschließend ein Orkan der Entrüstung um die Ohren.
Nicht nur allein die Sympathie für die Frauen löste die heftigen Reaktionen der vergangenen drei Wochen aus. Es ist noch sehr gegenwärtig, dass im Zusammenhang mit der Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Lande der Spielort Bochum – und damit auch der VfL – stark profitierte. Sattes Geld floss aus der Stadtkasse an die Castroper Straße, nicht zum Schaden des Vereins. Im Juli 2008 hatte der VfL Bochum zum ersten Mal den damaligen Frauen-Regionalligisten TuS Harpen unterstützt. 2010 wurden die Frauen- und Mädchenmannschaften des TuS übernommen. Die erste Mannschaft schaffte 2013 den Sprung in die 2. Bundesliga.

Kooperation nur wegen des Stadioncenters?

Peter Noch, 1. Vorsitzender des TuS Harpen 08/11, erklärte kurz vor der Jahreshauptversammlung des VfL: „Der Verdacht liegt nahe, dass die damalige Kooperation betriebswirtschaftliche Gründe hatte und nur zustande gekommen ist, um den Ausbau des Stadioncenters mit öffentlichen Mitteln zu realisieren.“
Die für Juni 2015 beabsichtigte Trennung von Frauen und Mädchen wurde auf der Versammlung am Montag zurückgenommen – stattdessen sollte nun 2016 die Abteilung geschlossen werden. Ein Kompromissvorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat – der bei den stimmberechtigen Mitgliedern mehrheitlich durchfiel. Stattdessen wurden die Gremien beauftragt, ein tragfähiges Konzept zu entwickeln. „Ich bin Gerd Kirchhoff (ehemaliger Sportdezernent der Stadt und früheres VfL-Vorstandsmitglied, d. Red.), der den entsprechenden Änderungsantrag einreichte, ausdrücklich dankbar. Doch letztlich muss auf jeden Fall ein neues Konzept her. Die Bekanntgabe der Zahlen am Montag hat gezeigt, dass es für den Verein tatsächlich auf jeden einzelnen Euro ankommt“, sagt Ulrich Jeromin.
Gut 600.000 Euro Verlust wurden in der letzten Saison bilanziert, das Minus ist inzwischen auf 7,5 Milionen Euro angewachsen. Finanzvorstand Wilken Engelbracht erklärte dazu, dass man aktuell keine weiteren Bankkredite bekomme. Es wäre noch weit dicker gekommen, hätten nicht die Wechsel mehrerer Profis zusätzliche Transfereinnahmen beschert. So partizipierte man an den Veränderungen der letztjährigen Augsburger Kevin Vogt (zum 1. FC Köln) und Matthias Ostrzolek (zum Hamburger SV).
Sabrina Gesell: „Die Belange des Vereins vor dem finanziellen Hintergrund verstehe ich. Ich habe vor der Versammlung keine große Chance erwartet, dass es für uns weitergeht. Umso erleichterter sind wir nun.“

Heißt die Zukunft Abteilungsverein?

Die Abteilungsvereine wie die Basketballer der VfL Astro Stars oder die Leichtathleten weisen einen möglichen Weg. Zwar der VfL-Gemeinschaft angehörend, doch finanziell komplett eigenverantwortlich. 150.000 Euro beträgt der Etat für die Fußballerinnen aktuell. „Jetzt ist alles nur Spekulation, in welcher Konstruktion es langfristig weitergeht. Fakt ist, dass wir hier die Rahmenbedingungen vorfinden, um professionell arbeiten zu können. Und dies möchten wir möglichst lang tun“, so Gesell.
Interesse jedenfalls ist vorhanden. Zum ersten Spiel nach den Horrormeldungen kamen 1062 Zuschauer, um das Spiel gegen den VfL Wolfsburg II (2:2) anzuschauen. „Die Hälfte davon regelmäßig wäre ein Traum“, wünscht sich abschließend Sabrina Gesell.

Rote Karte gegen die Verabschiedung: eine Demonstration vor dem letzten Heimspiel der Profis gegen Darmstadt 98.
Ihr Revier bleibt auch über das Saisonende hinaus beim VfL: die Bochumer Zweitligadamen.
Autor:

Marc Keiterling aus Essen

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