Den Wollmäusen keine Chance!

Ölkanne und Putzlappen gehören dazu, wenn Ruth und Addie Henkel gemeinsam mit ihren Motorrad-Freunden Hand an ihre Schätzchen legen. Unterstützung haben sie diesmal von Marlies Goedtler (re.) bekommen. Foto: Kappi | Foto: Michael Kaprol
  • Ölkanne und Putzlappen gehören dazu, wenn Ruth und Addie Henkel gemeinsam mit ihren Motorrad-Freunden Hand an ihre Schätzchen legen. Unterstützung haben sie diesmal von Marlies Goedtler (re.) bekommen. Foto: Kappi
  • Foto: Michael Kaprol
  • hochgeladen von Judith Schmitz

Die Fensterscheiben waren früher nicht getönt, im Kühlschrank hat sich ein Mikrokosmos entwickelt und die Wollmäuse unter dem Bett haben definitiv Junge bekommen. Es ist hart, aber im Frühling muss man der Wahrheit ins Gesicht sehen: Die Bude kann einen Einsatz von Schrubber und Putzlappen dringend brauchen. Also: Auf in den Kampf!

Wer jetzt glaubt, der Frühjahrsputz wurde von übereifrigen schwäbischen Hausfrauen der Neuzeit und der geschäftstüchtigen Putzmittelindustrie erfunden, der irrt sich. Schon unsere Vorfahren haben mit Beginn der wärmeren Jahreszeit, wenn nicht mehr geheizt werden musste, das Haus auf den Kopf gestellt und den Dreck des Winters vor die Tür gekehrt. Und das war bitter nötig, denn es wurde mit Holz und Kohle nicht nur gekocht, sondern auch die Wohnung gewärmt. Nach den langen Wintermonaten hatten sich Staub und Ruß überall festgesetzt.

Heutzutage haben es Hausfrau oder -mann deutlich leichter - wenn da bloß nicht der innere Schweinehund wäre. Man könnte doch viel schöner im Straßencafé die ersten warmen Sonnenstrahlen genießen, statt die Kacheln im Badezimmer zu schrubben und Gardinen abzunehmen.
Wer den Frühjahrsputz ausschließlich als lästige Pflicht ansieht, springt zu kurz - sagt Annegret Brosche. Sie ist Mitglied des Netzwerkes Haushalt, aber deshalb noch längst kein Putzteufel. Doch sie hat so ihre Erfahrungen und Beobachtungen gemacht. „Alles was von außen kommt, hat auch mit Innen zu tun“, sagt sie und meint: Wer sich die Zeit nimmt und einen Frühjahrsputz startet, tut dabei auch etwas für seine Seele. Die freut sich nämlich nicht nur, wenn am Ende der Blick befriedigt über glänzende Scheiben und aufgeräumte Regale schweifen kann. „Man kann das Putzen ganz prima dafür nutzen, über sich selber nachzudenken“, weiß Annegret Brosche. Und bei der Frage „Was brauche ich und was ist überflüssig?“ werden nicht nur die hässliche Vase von Tante Annegret und die Hose, die schon immer zwei Nummern zu klein war, im Müllsack landen. Wer sich zum Abenteuer Frühjahrs-putz entschließt, sollte sich Zeit gönnen und das Ganze in kleinen Schritten angehen. „Es reicht doch, sich einen Raum pro Woche vorzunehmen“, sagt Annegret Brosche. „Der Weg ist das Ziel.“

Zum Leidwesen vieler Ehefrauen und Freundinnen erfreut sich der Frühjahrsputz in der Männerwelt auch heute noch keiner allzu großen Beliebtheit. Eine Online-Umfrage, bei der sich 1.314 Männer aus ganz Deutschland beteiligten, hat Schauderhaftes ergeben - insbesondere, wenn es um die Küche und das Schlafzimmer geht. 49 Prozent wechseln nur einmal pro Monat ihre Bettwäsche, weitere 33 Prozent einmal alle zwei Wochen, und sieben Prozent begnügen sich sogar nur einmal pro Halbjahr mit neuen Bezügen. Und in den Kühlschränken der Männer sieht es offenbar ähnlich aus wie in den Schlafzimmern: 49 Prozent reinigen ihn nur einmal pro Halbjahr, 21 Prozent einmal im Monat. Es kommt aber noch schlimmer: 13 Prozent putzen den Kühlschrank sogar nur einmal pro Jahr, und ebenso viele Männer erledigen diese Arbeit tatsächlich noch seltener.

Anders sieht es aus, wenn das Putzen und Polieren dem Lieblingskind des Herren des Hauses gilt, das wahlweise vier oder zwei Räder haben kann. Da wird dann gerne zum Lappen gegriffen, um Lack und Chrom auf Hochglanz zu bringen. Und, zugegeben - es kommen ja auch hier schöne Ergebnisse zustande.

Addie Henkel, der „Das kleine Motorradmuseum“ betreibt, hütet dort 39 alte NSU-Motorräder. Die bekommen jetzt zum Start in die neue Freiluftsaison ganz besondere Aufmerksamkeit. „Es wird geschraubt, geölt und repariert“, erzählt Addie Henkel. „Natürlich schaut auch der TÜV, ob alles in Ordnung ist.“ Gemeinsam mit seinen Mitstreitern investiert der Fan der Oldie-Maschinen einen großen Teil seiner Freizeit, um die alten Schätzchen flott und fahrbereit zu halten. Und wenn die Arbeit getan ist, geht es den Motorradfreunden genau so wie allen, die sich befriedigt im runderneuerten Wohnzimmer umblicken: Sie strecken die Beine aus, lassen den Verschluss einer Flasche ploppen und sind einfach nur verdammt zufrieden.

Autor:

Judith Schmitz aus Bottrop

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

9 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.