Verein „Flüchtlingshilfe Bottrop“ öffnet an jedem Mittwoch die Türen des Martinszentrums für Flüchtlinge

Eine Reihe von Bottropern engagiert sich ehrenamtlich für die hier lebenden Flüchtlinge. Vor kurzem haben sie den Verein „Flüchtlingshilfe Bottrop“ gegründet. | Foto: Thomas Eickholt
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  • Eine Reihe von Bottropern engagiert sich ehrenamtlich für die hier lebenden Flüchtlinge. Vor kurzem haben sie den Verein „Flüchtlingshilfe Bottrop“ gegründet.
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Die Nase erschnuppert den Duft von Kaffee und frisch gebackenen Waffeln, die Ohren vernehmen ein Gewirr von Stimmen und fremden Sprachen, die Augen sehen vielen Menschen, ein Großteil von ihnen mit dunklen Haaren, Paare, junge Mütter, Babys, Jugendliche.

Seit Anfang März öffnen sich an jedem Mittwoch von 10 bis 12 Uhr die Türen des Flüchtlingcafés, das beim Café miteinander im Martinszentrum eine Heimat gefunden hat. Das Angebot haben die Ehrenamtlichen ins Leben gerufen, die im gerade gegründeten Verein „Flüchtlingshilfe Bottrop“ aktiv sind. Das Café ist ein Treffpunkt für die Menschen, die auf ihrer Flucht vor Krieg, Verfolgung, Hunger und Armut in Bottrop gestrandet sind, und den Bottropern, die sie auf ihrem schwierigen Weg begleiten und Hilfestellung leisten.

Zu ihnen gehört Sabine Brill. „Ich bin durch meine therapeutische Arbeit mit traumatisierten Flüchtlingen dazu gekommen“, erklärt die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin. Sie bringt sich im Verein als Koordinatorin der Familienbegleiter ein.„Unter den Flüchtlingen gibt es viele Menchen, die Gewalt erfahren haben und lernen müssen, damit umzugehen.“
Das Café will die Möglichkeit bieten, in entspannter Atmosphäre Kontakte zu knüpfen, miteinander ins Gespräch zu kommen, sich kennen zu lernen, Informationen auszutauschen und Veradredungen zu treffen. Die Idee, ein Café als Kontaktbörse zu nutzen, entstand vor dem Hintergrund, dass viele Bottroper sich ehrenamtlich in der Begleitung und Unterstützung von Flüchtlingen engagiern wollten.

Unterschiedliche Fähigkeiten

„Die hier ankommenden Menschen brauchen Unterstützung, um sich hier zurecht zu finden“, weiß Sabine Brill. „Jeder bringt unterschiedliche Fähigkeiten und Begabungen mit.“ Unter den in Bottrop Schutz Suchenden ist ein breites Spektrum zu finden: Krankenschwestern, Studenten, Angestellte von Banken oder Verwaltungen, Handwerker, ... Auch die Herkunftsländer sind bunt gemischt: Ghana, Syrien, Armenien, Tschetschenien, Dagestan, Eritrea, Iran und Irak gehören dazu.

Rund 20 Gäste kommen dienstags ins Flüchtlingscafé, einige von ihnen regelmäßig. Hier können sie ihre Deutschkenntnisse anwenden und vertiefen, sich in ganz konkreten Fragen zum Beispiel zur Stromabrechnung beraten lassen oder können Hilfe bei Behördengängen bekommen. „Es gibt auch eine Familie, die ihre Tochter im Fußballverein angemeldet hat und Schuhe für das Mädchen braucht, oder Flüchtlinge, die sich gegenseitig helfen und zum Beispiel beim Umzug oder bei der Wohnungsrenovierung anpacken“, erzählt Sabine Brill.

Die Therapeutin weiß, wie wichtig es für Flüchtlinge ist, nicht als Bittsteller, sondern als Partner wahrgenommen zu werden. „Es hilft ihnen, einen ganz normalen Alltag zu erleben, einfach raus aus ihren Wohnungen zu kommen“, sagt Sabine Brill. Einige von ihnen sind erst seit ein paar Wochen in Deutschland, andere bereits seit Jahren. Die Unsicherheit, die mit dem Warten auf die Entscheidung über den Asylantrag verbunden ist, zerrt dann schon ordentlich an den Nerven.

Zwischen den Helfern und den Cafébesuchern sind durchaus freundschaftliche Beziehungen gewachsen, auch wenn die Verständigung manchmal schwierig ist. „Hände, Füße, Englisch, mehr oder weniger Deutsch“, zählt Sabine Brill auf. Irgendwie klappt es immer, zur Not mit Dolmetschern und Wörterbuch. Für einige der Flüchtlinge sind die Bottroper Helfer auch eine Art Freundes- und Familienersatz. „Da kommen dann auch schon mal Sätze wie: Ich bin froh, dass ich euch kennen. So eine Unterstützung habe ich in meinem Land und in meiner Familie nicht erfahren.“

Die Geschichten, die sie hören, lassen natürlich auch die Helfer nicht unberührt. „Es geht ja auch um zwischenmenschliche Beziehungen“, weiß Sabine Brill. Da ist es manchmal wichtig Gleichgesinnte zu haben, bei denen man die seelische Belastung, die dieses Ehrenamt auch mit sich bringt, abladen kann. „Wenn zum Beispiel jemand abgeschoben wird ist das sehr schwer“, sagt die Therapeutin.

Für die Familienbegleiter gibt es ein monatliches Treffen, bei dem Erfahrungen ausgetauscht und Fragen geklärt werden können. Ebenso sollen Fortbildungen zu verschiedenen Themen angeboten werden.

Jeder der ehrenamtlichen Mitarbeiter entscheidet selbst darüber, wie, wo und wie umfangreich er sich engagieren möchte. Je nach Zeit und Interesse gibt es die Möglichkeit der Unterstützung von Einzelnen oder Familien bis hin zu punktuellen, konkreten Aufgaben wie Begleitung bei Arztbesuchen, Ämtergängen oder Wohnungssuche.

Der Verein „Flüchtlingshilfe Bottrop“ ist unabhängig, überparteilich, nicht konfessionell und ehrenamtlich. Wer mitmachen möchte kann sich unter der Telefonnummer 762741 melden oder einfach mittwochs in der Zeit von 10 bis 12 Uhr im Café im Martinszentrum hinter der Martinskirche am Pferdemarkt vorbeischauen.

Autor:

Judith Schmitz aus Bottrop

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