PAPST und WIRTSCHAFT

Da gibts viel zutun. | Foto: Karikatur von Winfried Besslich
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KIRCHENSKANDALE:

Nach den schleimigen und nichts sagenden Neujahrsansprachen von Kanzlerin und Bundespräsident, die an den Ursachen und wahren Problemen gekonnt vorbeiredeten, hat man von der wirklich bedeutsamen Rede des Papstes eigentlich nichts mehr zu hören bekommen.

In seiner echt dramatischen Weihnachtsansprache, hat Papst Franziskus in noch nie da gewesener drastischer Form, die Verwaltung des Vatikans (Kurie) angegriffen.
Er klagte den Staatsapparat des Vatikans mit all seinen Behörden und Institutionen massiv an, nicht mehr den Aufgaben der Kirche gerecht zu werden.
Franziskus sprach von den 15 Krankheiten der Kurie, sie seien befallen von „spirituelles Alzheimer, mentale Erstarrung, Terrorismus des Geschwätzes, Rivalität und Eitelkeit, Gleichgültigkeit gegenüber anderen und geschlossene Zirkel“, um nur einige Anschuldigungen zu nennen.
Wenn der Chef des Bodenpersonals sich gezwungen sieht, solche eindeutigen Aussagen in die Öffentlichkeit zu bringen, wie muss es dann erst in Wirklichkeit in den Führungsetagen und Institutionen des Vatikans aussehen.
Man kann dies auch als ein Hilferuf an die Gläubigen werten, da bisher auch alle Vorgänger mit notwendigen Reformen gescheitert sind.
Jedenfalls hat sich bisher noch keiner getraut, diesen scheinheiligen Kirchenvertretern in dieser Form die Leviten zu lesen.
Doch reden ist das eine, aber handeln und erfolgreich umsetzen ist das andere.
Bisher scheinen jedoch die alten Bewahrer der Intrigen und Traditionen noch die Mehrheit zu besitzen und verweigern dem Papst die Gefolgschaft.
Mit diesem harten Vorgehen hat sich Papst Franziskus nicht gerade neue Freunde gemacht und es ist in diesen Kreisen und Zirkeln keine Seltenheit, dass unangenehme Personen schneller beim Herrn landen als ihnen lieb ist.

KIRCHENVERMÖGEN:

Auf der römisch-vatikanischen Glaubensarche geht es nun um den Kurs der Zukunft und dabei handelt es sich um knallharte Machtpositionen und Finanzinteressen.
Dazu kommen noch die erst vor kurzem entdeckten Geheimkonten mit einigen 100 Millionen Euro, die in keinen Bilanzen erscheinen.
Von den ganzen anderen illegalen Transaktionen und Machenschaften der Vatikanbank und den weiteren Kapitalanlagen ganz zu schweigen.
Ohne Kontrolle von oben, haben sich die Finanz-Institutionen immer mehr verselbstständigt und waren in kriminellen Vorgängen wie Geldwäsche, Spekulationsgeschäfte, Zusammenarbeit mit der Mafia usw. verwickelt.
Bei all diesen Kritiken und Vorgängen darf man aber auch nicht vergessen, dass die Kirche selbst, eines der weltweit größten und mächtigsten kapitalistischen Wirtschaftsunternehmen ist.
Sie verfügen über ein geschätztes Vermögen von über 2 Billionen Euro, das im Vergleich der Summe nahe kommt, wie unser Deutscher Staat verschuldet ist.
Alleine in Deutschland besitzen die beiden großen Kirchen ein Gesamtvermögen von fast 1 Billionen Euro.
Das Geld ist natürlich überwiegend in Immobilien, Grundstücken, Aktien, Stiftungen, Kunstvermögen, Firmenbesitz und Beteiligungen angelegt, die nicht kurzfristig verfügbar sind.
Wie die Kirchen zu ihren riesigen unlauteren Vermögen gekommen sind, kann man in der unglaublichen Kirchengeschichte nachlesen.

WIRTSCHAFTSSCHELTE:

In seiner passenden Weihnachtsbotschaft hat der Papst aber nicht nur die Probleme der Kirche angeprangert, um die Gläubigen, Bischöfe und Kardinäle wach zu rütteln, sondern gleichzeitig unsere vorherrschenden Gesellschaftssysteme mit den Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft angesprochen.
Oft genug hat er seine Kapitalismuskritik eindeutig zum Ausdruck gebracht, indem er unser Finanz- und Wirtschaftssystem als Tyrannei bezeichnete, wo die Ideologie der Märkte und Finanzspekulationen nur noch das Geld vergötterten.
Im Grunde genommen war dies die letzte Warnung vor dem Untergang, wo Korruption, Ausbeutung und Verarmung zur Selbstverständlichkeit geworden sind.
Denn was wir derzeit europaweit erleben, ist ein gezieltes Verbrechen gegen die Humanität und Menschlichkeit.
Hinter der vorgeschobenen Fassade der Demokratie, verbirgt sich die brutale Wirklichkeit des Finanzkapitals, mit ihren neoliberalen kriminellen Machenschaften.
Sie verstoßen ständig gegen die Menschenrechte und die Grundrechte-Charta der EU und kümmern sich weder um Grundgesetzte noch Verfassung und das mit Unterstützung und Duldung der Regierungen.
Wie in einem Spinnennetz sitzt die internationale Finanzelite und macht reichlich Beute, die sich nach dem Gesetz der Profitmaximierung alles einverleibt was möglich ist.

ENTEIGNUNGEN:

Besonders in Südeuropa wird es unübersehbar deutlich, wie die „Troika“ bestehend aus EU-Kommission, EZB und IWF, im Auftrag der Finanzwirtschaft mit brutalsten Auflagen die angeschlagenen Länder sturmreif schießt.
Anschließend kann sich das ausländische Finanz- und Großkapital durch die aufgezwungene Privatisierung die jeweiligen Länder wirtschaftlich einverleiben.
So werden ganze Länder enteignet und die Völker verlieren ihre Souveränität, weil die Machteliten die Verschuldung als Waffe einsetzen um die Völker zu versklaven.
In diese Vorgehensweise passt nicht nur das anstehenden Freihandelsabkommen TTIP und CETA, sondern jetzt kommt auch noch „Trade in Services Agreement“ (TISA) dazu, womit die verbliebenen Dienstleistungsbereiche dereguliert werden, also im großem Stil die Privatisierung ermöglicht wird, die danach nicht mehr rückgängig zu machen ist.

Für Griechenland kann man nur hoffen, dass sie bei der nächsten Wahl die Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft zum Teufel jagen, die Banken und Konzerne verstaatlichen und die gestohlenen Gelder aus dem ausländischen Banken und den Steueroasen wieder zurückholen. Mit diesem entwendeten Volkseigentum könnten sie dann ein neues gerechtes Gesellschaftssystem aufbauen, ohne Einfluss von außen und ohne die Möglichkeiten der Selbstbereicherung auf Kosten der Allgemeinheit, wie es die alten griechischen Philosophen schon 600 vor Christus bereits vorgeschlagen haben.
Wahrscheinlich aber ein zu schöner Traum, denn die alten Machthaber sind bereits emsig dabei ihre Seilschaften zu aktivieren, neue Spalterparteien zu gründen und über die Massenmedien die Menschen zu beeinflussen und Ängste zu schüren, um eine linke Mehrheit zu verhindern.

DEUTSCHE VERHÄLTNISSE:

Auch wenn sich viele noch nicht persönlich ernsthaft betroffen fühlen, so sind die Auswirkungen auch in unserm Land und Umfeld bereits unübersehbar.
Spätestens mit der Agenda 2010, unter der SPD-Regierung von Gerhard Schröder, wurde die Zerstörung der restlich verbliebenen sozialen und menschlichen Werte und Errungenschaften knallhart eingeleitet.
Der systematische Abbau des demokratischen Sozialstaates schreitet immer weiter voran und bei den prekären Arbeitsverhältnissen werden die Menschen zu abhängigen Lohnsklaven degradiert, die von ihren Einkommen nicht mehr leben können.
Die Unternehmer verabschieden sich immer mehr aus den Sozialversicherungssystemen und überlassen den Beschäftigten und der Allgemeinheit die Kosten.
Der Jugend gibt man keine erstrebenswerte Perspektive und die Älteren treibt man in die Altersarmut, von der demnächst 40 % der Bevölkerung ernsthaft bedroht sein werden.
Wir sind also bereits auf dem besten Weg zu griechischen oder portugiesischen Verhältnissen, wo man den Test gestartet hat und ausprobiert, wie weit man gehen kann, ohne allzu großen Widerstand zu erzeugen.

GEGENWEHR:

Genau das ist das richtige Stichwort, Widerstand organisieren, die entscheidende Zukunftsaufgabe, wenn wir noch eine haben wollen.
Jeder an seinem Platz und nach seinen Möglichkeiten muss dagegen ankämpfen.
Vor allem die Gewerkschaften und ihnen nahe stehenden Organisationen stehen in der sozialen Verantwortung und müssen viel mehr mobilisieren und sich verstärkt in die Europäische Widerstandsbewegungen einbringen.
Die Parteien, Wahlkandidaten und Abgeordneten vor Ort müssen damit konfrontiert werden.
Soziale Organisationen müssen das Wort ergreifen und sich gegen diese Entwicklungen wehren.
Wir müssen uns in fortschrittlichen Gruppen und linken Parteien oder „runden Tischen“ zusammenschließen und engagieren, um unsere demokratischen Rechte zu verteidigen.
Wir brauchen aktive Bürgerinitiativen, die mit Demonstrationen, Bürgeranträgen, Bürgerbegehren und Petitionen die Bevölkerung mit einbeziehen.
Oder man schließt sich dem globalisierungskritischen Netzwerk ATTAC an, oder beteiligt sich mit Unterschriftenaktionen beim Internetaktivist „Campact“.

Nur in einem gemeinsamen Bündnis aller fortschrittlichen Kräfte haben wir dann eine reelle Chance, Erfolge zu erzielen und diese Angriffe auf unsere Grundrechte abzuwehren.
Wenn alles nichts hilft und unsere eigene Existenz dermaßen gefährdet wird, bleiben uns notfalls immer noch massive Protestaktionen und Streikmaßnahmen bis zum Generalstreik.
Denn dieses menschenverachtende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem hat seine Existenzberechtigung längst verspielt und seine demokratische Legitimation bereits verloren.

Dass gezielter Widerstand auch erfolgreich sein kann, zeigen die guten Beispiele in einigen europäischen Ländern, wo z.B. die weitere Privatisierung von Wasser verhindert werden konnte.
Wer sich über die gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Hintergründe und ihre Gesamtproblematik näher informieren möchte, dem empfehle ich folgende hochinteressanten Bücher:
„Der stille Putsch“ von Jürgen Roth und sein Buch „Spinnennetz der Macht“.
„Privatisierung in Deutschland“ von Werner Rügemer und „Rating-Agenturen“.
Oder auch „Sabotage“ von Jacob Augstein.

Autor:

Rolf Zydeck aus Bottrop

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