Mitten im Leben: Werkstätten für Behinderte wollen Beschäftigte auf dem ersten Arbeitsmarkt integrieren

An Druckluftschrauberplätzen werden Anschlussleitungen, die etwa beim Antrieb eines Garagentores zum Einsatz kommen, montiert.
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„Wir sind mit großer Freude im Erinpark und sind glücklich, dass wir im Industriegebiet Fuß fassen konnten“, sagt Oliver Oberste-Hetbleck, Werkstattleiter der Werkstätten für Behinderte (WfB) Herne/Castrop-Rauxel. Seit Februar 2012 ist die Werkstatt im Schatten des Förderturms ansässig. „Hier sind wir mitten im Leben.“

Denn Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, am Leben teilzunehmen, ist eine der beiden Hauptaufgaben der WfB. Die zweite Aufgabe besteht darin, die dort arbeitenden Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.
62 Beschäftigte mit geistiger Behinderung – sei es angeboren oder etwa durch Unfallfolgen erworben – sind fünf Tage die Woche von 7.30 bis 15 Uhr in der Werkstatt tätig. In der Montagehalle fertigen sie Zulieferteile für Kunden aus Industrie und Mittelstand – aus der Region. Aber auch den neuen Flughafen im australischen Sydney hat die WfB schon beliefert. Zu den gefertigten Produkten gehören Steuerungen für Elektroanlagen, zum Beispiel in Windrädern, und Anschlussleitungen, die etwa beim Antrieb eines Garagentores zum Einsatz kommen.

Arbeitsschritte werden aufgeteilt

Die Arbeitsvorbereitung erfolgt durch die zwei Elektromeister Harald Liedtke und Frank Wolf, die zusammen mit Susanne Schneider auch Gruppenleiter in der Montagehalle sind. Alle drei haben neben einer handwerklichen Ausbildung eine pädagogische Zusatzqualifikation. „Wir zerstückeln die Schaltpläne und teilen die Arbeitsschritte auf“, erläutert Liedtke. Auf diese Art erhält jeder Beschäftigte eine Arbeit, die zu ihm passt und die er erledigen kann.
Die Endprodukte sind „wertvolle, teure Produkte“, sagt Oberste-Hetbleck. „Das ist den Mitarbeitern auch klar, und es ist ihnen wichtig, dass sie daran mitgearbeitet haben.“ Als Zulieferbetrieb ist die WfB in eine größere Produktionskette eingebunden. „Wir sind ein Dienstleister auf Augenhöhe. Preise und Liefertermine werden scharf ausgemacht“, betont der Werkstattleiter.
Ziel der WfB ist es, die Beschäftigten so zu fördern, dass sie für den ersten Arbeitsmarkt fit sind. Dazu zählt auch, ihnen durch ihre Arbeit aufzuzeigen, was sie können, und ihnen so ein größeres Selbstvertrauen mitzugeben.

Industrie ist noch nicht bereit

Bisher konnten aber nur selten Mitarbeiter vermittelt werden. „Die Industrie weiß gar nicht, was die Leute hier leisten können“, sagt Liedtke. Einige Beschäftigte der WfB seien beispielsweise im Lager eines Unternehmens eingesetzt worden. „Die Firma war mit ihrer Arbeit zufrieden, konnte es sich aber nicht dauerhaft vorstellen. Also sind die Leute wieder hier.“
Dies bedauert auch Oberste-Hetbleck. Der Werkstattleiter glaubt, dass es Zeit und Geduld brauche. „Inklusion geht nicht per order mufti“, ist er sich sicher und ergänzt, dass ihm das Wort Inklusion nicht wichtig sei. Stattdessen bemühe man sich in der WfB einfach, eine gewisse Normalität zu erreichen.
Integriert in die Werkstatt im Erinpark ist ein Bereich für Schwerst- und Mehrfachbehinderte, die hier gepflegt und versorgt werden. „Bei ihnen versuchen wir, simple Arbeiten zu platzieren“, erklärt Oberste-Hetbleck das Prinzip der Werkstatt.
Insgesamt gibt es in der WfB 75 Menschen mit Behinderungen, um die sich acht angestellte Mitarbeiter kümmern, darunter Alten-, Kranken- und Heilerziehungspfleger.

An Druckluftschrauberplätzen werden Anschlussleitungen, die etwa beim Antrieb eines Garagentores zum Einsatz kommen, montiert.
Die drei Gruppenleiter (v.l.) Frank Wolf, Susanne Schneider und Harald Liedtke.
Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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