Kirchenaustritte steigen an

Die Kirchenaustritte nehmen auch in Castrop-Rauxel weiter zu. | Foto: Möhlmeier
  • Die Kirchenaustritte nehmen auch in Castrop-Rauxel weiter zu.
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Schon im vergangenen Herbst schnellten die Zahlen der Kirchenaustritte in Castrop-Rauxel in die Höhe, als die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ihren Höhepunkt erreichte (der Stadtanzeiger berichtete). In diesem Jahr steigt die Austrittswelle weiter an – sowohl bei den Katholiken als auch bei den Protestanten.

Damit scheint sich in Castrop-Rauxel ein bundesweiter Trend zu bestätigen. Denn seitdem bekannt wurde, dass die Kirchensteuer auf Kapitalerträge ab 2015 direkt von den Banken einbehalten wird, treten immer mehr Deutsche aus der christlichen Kirche aus. In manchen Ruhrgebietsstädten ist die Zahl der Austritte jetzt schon höher als im gesamten vergangenen Jahr. So auffallend sind die Zahlen in Castrop-Rauxel nicht, aber auch hier ist der Anstieg deutlich.
Nach Angaben des Amtsgerichts Castrop-Rauxel traten bis zum 15. August dieses Jahres 148 Bürger aus der katholischen und 136 aus der evangelischen Kirche aus. Im Jahr 2013 verzeichnete die katholische Kirche insgesamt 185 Austritte, während 170 Menschen der evangelischen Kirche den Rücken kehrten.
„Wenn die Tendenz so weiter geht, werden es 2014 etwa 100 Austritte mehr sein als im Jahr zuvor“, schätzt Ulrich Stein, Direktor des Amtsgerichts, die weitere Entwicklung ein.
Auch in der Evangelischen Kirchengemeinde Ickern-Henrichenburg habe man festgestellt, dass die Austrittszahlen anstiegen und die neue Art des Steuereinzugs auf Unverständnis stoße, erklärt Pfarrer Jürgen Dittmer. Er geht davon aus, dass die Änderung beim Steuereinzug für einige Menschen der Stein sei, „über den man stolpert und dann nochmal grundsätzlich nachdenkt.“
Man habe daher versucht, die Gemeindeglieder in den Gottesdiensten darüber zu informieren, um was es sich handele und dass es keine neue Steuer sei. Dittmer sieht allerdings das Problem, dass „sich diejenigen, die sich mit dem Gedanken tragen auszutreten, nicht gerade in Gottesdiensten oder Gemeindegruppen aufhalten“.
Ein Rückgang der Gemeindeglieder bedeute eine Minderung der Kirchensteuereinnahmen. Noch sei allerdings nicht abzuschätzen, um wieviel, erklärt Dittmer.
Ein erheblicher Teil der Kirchensteuer fließe – trotz der Tatsache, dass die öffentliche Hand einen Großteil finanziere – beispielsweise in die Kindergärten. Und auch Arbeitsplätze hingen von den Steuereinnahmen ab, wie etwa in Beratungsstellen.
„Die Gemeinden sparen eh schon“, weiß der Pfarrer. So sei mit dem Stephanushaus bereits ein Gemeindehaus geschlossen und 2006 eine Pfarrstelle gestrichen worden. „2017 wird voraussichtlich eine weitere Stelle gestrichen“, blickt Dittmer in die Zukunft, wobei er für diese Entwicklung auch den demografischen Wandel verantwortlich macht.
Auch in den katholischen Kirchengemeinden Castrop-Rauxels spürt man die steigenden Kirchenaustritte. „Man merkt es, aber so drastische Zahlen sind es nicht“, erklärt Pfarrer Franz Josef Eckert vom Pastoralverbund Süd. Folgen für die Gemeinde befürchtet er daher nicht.
Nichtsdestotrotz sei jeder Kirchenaustritt schmerzlich, betont er. Manche Mitglieder nutzten beispielsweise einen Umzug als Gelegenheit, um auszutreten. „Man kennt selten die Gründe“, sagt Eckert, aber bei den meisten Menschen habe es wohl finanzielle Ursachen. „Dies ist aber nicht mit einem Glaubensabfall gleichzusetzen.“
Um der steigenden Abkehr von der Kirche entgegenzuwirken, versuche man Kontakt zu den Menschen aufzunehmen, um über die Gründe zu sprechen und zu zeigen, welche Perspektiven die Gemeinde bieten könne. „Aber zu Gesprächen kommt es selten“, so Eckert. „Wenn es finanzielle Gründe sind, haben wir darauf keinen Einfluss. Dann sind wir ohnmächtig.“

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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