Dachdecker werden Styropor nicht mehr los

Wie Dachdeckermeister Hans-Joachim Drath bleiben zurzeit viele Dachdecker auf Bergen von Styropor sitzen. | Foto: Drath GmbH
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„Das ist ein Horrorszenario“, sagt Hans-Joachim Drath, Kreishandwerksmeister der Kreishandwerkerschaft Herne. Seit dem 1. Oktober werden Dachdecker bei Dachsanierungen das alte Styropor nicht mehr los. Denn mit Monatsbeginn trat eine EU-Richtlinie in Kraft, nach der der Dämmstoff Polystyrol, wenn er mit dem Flammschutzmittel HBCD versehen ist, als Sondermüll gilt.

Bisher hätten Dachdecker bei einem Entsorgungsunternehmen Container bestellt, um das Styropor darin zu sammeln. „Aber jetzt haben die Entsorger keine Transportgenehmigung mehr“, so Drath. Also werden auch keine Container geliefert.
Insgesamt gebe es in Nordrhein-Westfalen überhaupt nur zwei Müllverbrennungsanlagen, die den Dämmstoff noch annähmen. Und nur zu einem viel höheren Preis. Habe eine Tonne zu entsorgendes Material bisher 300 bis 400 Euro gekostet, seien es jetzt um die 5.000 Euro, so der Castrop-Rauxeler Dachdeckermeister.

Dachdecker können keine Angebote abgeben

Diese hohen Summen und die unklare Preisentwicklung machen es den Unternehmen zurzeit unmöglich, Angebote für Aufträge abzugeben. „Bei einem Dach von 100 Quadratmetern sind das 20.000 Euro für die Entsorgung. Da macht das neue Dach nur ein Drittel der Entsorgungskosten aus“, rechnet Hans-Joachim Drath vor.
Insbesondere bei der Sanierung von Flachdächern fällt der Abfall, der nun als Sondermüll gilt, an. Diese Arbeiten machten etwa 30 bis 40 Prozent des Auftragsvolumens eines Dachdeckerbetriebs aus.

Kurzarbeit bei den Dachdeckern?

Drath geht davon aus, dass in Castrop-Rauxel zwei, drei größere Dachdeckerfirmen davon betroffen sind. In den Betrieben könnte bald Kurzarbeit anstehen, befürchtet er.
Auch er kämpft mit der Situation. „Ich müsste jetzt Angebote für die Städte abgeben“, sagt er, denn die gehören mit ihren Schulen und Kitas zu seinen Auftraggebern.
„Wir können froh sein, dass wir vorm Winter stehen. Wäre jetzt Frühling, wäre es eine Katastrophe“, beschreibt Hans-Joachim Drath die Lage seiner Branche. Denn im Winter ist die Auftragslage niedriger. Aber bis zum Frühling müsse unbedingt eine Lösung her.
Die Verbände aller betroffenen Gewerke, darunter auch Maler, stehen zurzeit in Verhandlungen mit dem Umweltministerium. Wie schnell ein für die Handwerker befriedigendes Ergebnis zustande kommen könnte, vermag Drath nicht abzuschätzen. „Das steht in der Glaskugel.“

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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