Der Bauernhof als Schule

Jetzt im Spätsommer werden die Kartoffeln ausgemacht, die die Kinder in den Jahreskursen im Frühjahr selber gepflanzt haben. | Foto: Schmitz
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  • Jetzt im Spätsommer werden die Kartoffeln ausgemacht, die die Kinder in den Jahreskursen im Frühjahr selber gepflanzt haben.
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Ein kleiner Bauernhof als Familienbetrieb, das rentiert sich in Zeiten von industrialisierter Landwirtschaft nur noch selten. Was also tun mit dem Hof, der schon seit Jahrhunderten von der eigenen Familie bewirtschaftet wurde, in den letzten Jahren aber „brach“ lag?

Von Sabine Schwalbert

Elmar Schulte-Tigges hatte eine Idee, nämlich den Hof als Lernort für Kinder und Jugendliche zu nutzen. Von außen ist sein Hof ein ganz normaler Bauernhof am Stadtrand. 26 Hektar gehören zum Betrieb am Rande Dernes, direkt neben dem Freibad. Die Hofstelle selbst ist etwa fünf Hektar groß.

Der Vater von Elmar Schulte-Tigges hatte aus wirtschaftlichen Gründen den Vollerwerb als Landwirt aufgegeben, arbeitete nur noch als Nebenerwerbslandwirt und legte den Betrieb auf dem Hof schließlich ganz still. Er wollte den Hof im guten Zustand an die nachfolgende Generation weitergeben und hielt ihn die Jahre über in Ordnung. Der Vater hatte sich immer gewünscht, dass Elmar Schulte-Tigges den Hof eines Tages übernehmen würde, doch der hatte als studierter Geograph ganz andere Pläne.

Er arbeitete als Dozent an verschiedenen Universitäten und forschte im südlichen Afrika. „Ich habe mich in Entwicklungsländern gesehen, habe in Sambia und Namibia gearbeitet und war kurz davor meine Promotion abzuschließen.“

Unter anderem der unerwartete Tod seiner Mutter brachte ihn jedoch zurück auf den Hof. „Im Jahr 2008 bin ich mit meiner Frau wieder hier auf dem Hof gelandet. Buchführung und Verwaltung, die sonst von meiner Mutter erledigt wurden, waren für meinen Vater sehr belastend und er fragte, ob ich ihn unterstützen könne. Je mehr ich mich dann mit den Dingen beschäftigte, die auf dem Hof passiert sind, seitdem ich weg war, desto mehr gab es einen Sog hierher zurück.“

In der Zwischenzeit hatte Schulte-Tigges eine Stelle an der Uni und unterrichtete dort Lehramtsanwärter im Fach Geographie. Die Kombination aus Leben und Arbeiten auf dem Hof und Lehren an der Uni waren Ausgangslage für die neue Nutzungsidee des Hofes: „Es war nur noch nicht klar, wie das funktionieren konnte. Viele Bekannte kritisierten vorab ’ich sei ja kein Pädagoge, und auch kein Bauer’“, sagt er.

Bei der Bundestagung zum Thema „Lernort Bauernhof“ kam dann die Wende: „Ich habe gemerkt, dass sich ganz viele Leute für so einen Ansatz interessierten oder so etwas sogar schon machten“. 2012 fiel dann die Entscheidung: Elmar Schulte-Tigges bewirtschaftet nun zusammen mit seiner Frau und seinem Team den Bauernhof als Lern-Bauernhof.

Er hat eine zusätzliche Ausbildung als Bauernhof-Pädagoge gemacht und ein Konzept für seinen Betrieb entwickelt, das sich am Konzept der „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ orientiert.
Im März 2013 kamen die ersten Gruppen auf den Hof: Kinder im Schul- oder Vorschulalter, die lernen, wie so ein Bauernhof funktioniert. Sie misten Ställe aus, versorgen die Tiere, bauen Kräuter oder Gemüse an, zimmern und gestalten Zäune oder gehen einfach auf Tuchfühlung mit den Schafen, Ziegen, Enten, Schweinen, Vogesenrindern, Pferden und anderen Tieren.

„Das fing erst gemächlich an, ab der zweiten Jahreshälfte 2013 wurde es voller und ab Mai 2014 waren wir für den Rest des Jahres schon fast ausgebucht.“
Vormittags kommen Kindergärten und Schulen, nachmittags sind es dann private Kindergruppen im Rahmen von Kursen oder Kindergeburtstagen. In Schnupperkursen kommen die Kinder zum ersten Mal in Kontakt mit dem Hof. Wem das Spaß bereitet, macht in der Regel in Jahreskursen weiter und erlebt die jahreszeitlichen Veränderungen hautnah mit. Für die Kurse gibt es mittlerweile Wartelisten.

„Neben den Kursen gibt es bei uns auch regelmäßig Erlebniscamps in Kooperation mit der BUND-Jugend NRW. Es werden Gewässergüteklassen bestimmt, Insektenhotels gebaut, Kräuterspiralen angelegt, Experimente gemacht, Zäune gebaut und zudem immer wieder die Tiere versorgt und Arbeiten auf dem Hof übernommen.“

Mit Jugendlichen wurden dieses Jahr in einem Projektworkshop Komposttoiletten und Solarduschen gezimmert. Denn bei all der Wissensvermittlung und dem praktischen Arbeiten legt Elmar Schulte-Tigges einen Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, auch bei der Nahrungsmittelproduktion, deshalb gibt es auf seinem Hof auch eine Solidarische Landwirtschaftsgemeinschaft.

Infos:

Bei den Schnupperkursen sind die Kinder drei Stunden auf dem Bauernhof, um Pflanzen und Tiere kennenzulernen. Geeignet für Kinder ab drei Jahren. Für alle Kurse, ob Schnupper- oder Jahreskurse, gibt es Wartelisten.
Kindergärten und Schulen können vormittags für drei Stunden nach Absprache den Hof besuchen.
Für Kinder und Jugendliche gibt es spezielle Thementage, je nach Jahreszeit.
Weitere Infos zu den verschiedenen Angeboten finden sich im Internet unter www.lernbauernhof-schultetigges.de.

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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