Ullrich Sierau stellt sich vorzeitig zur Wahl

Bislang sah Oberbürgermeister Ullrich Sierau rechtliche Gründe, die gegen eine vorzeitige Kandidatur sprachen. Heute will er sich zur wahl äußern. | Foto: Archiv
  • Bislang sah Oberbürgermeister Ullrich Sierau rechtliche Gründe, die gegen eine vorzeitige Kandidatur sprachen. Heute will er sich zur wahl äußern.
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Heute um 15 Uhr hat sich Oberbürgermeister Ullrich Sierau in einer Pressekonferenz der SPD dazu geäußert, dass er vorzeitig zur Wahl antritt.

Gewählt ist das Dortmunder Stadtoberhaupt bis 2016. Eine vorgezogene Oberbürgermeisterwahl könnte dann gleichzeitig mit der Wahl des Rates, der Bezirksvertretungen und der Europawahl am 25. Mai 2014 stattfinden. Eine gemeinsame Wahl würde der Stadt eine Einsparung von rund 500.000 Euro bringen.

Dazu die Grünen:

„Obwohl der Oberbürgermeister nun offenbar der Grünen Empfehlung aus dem letzten Jahr folgen will, haben seine jetzt bekundeten kurzfristigen Rücktrittsüberlegungen gerade mal vier Monate vor der Kommunalwahl am 25. Mai einen mehr als merkwürdigen Beigeschmack", so der Kommentar der Grünen.
Ullrich Sierau setze offenbar darauf, dass es für die politischen Gegner umso schwieriger wird, auf seinen Rücktritt zu reagieren, je weniger Zeit ihnen bis zur Wahl bleibt. "Warum entscheidet sich der Oberbürgermeister erst jetzt dazu, wo er doch bisher auf mehrfache Nachfragen einen vorzeitigen Rücktritt immer abgelehnt hatte?", fragen sich die Grünen.
Mit seinem unsouveränen Taktieren lege der OB seine eigene Startlinie für den Wahlkampf weit vor die seiner potenziellen Mitbewerber. Seine angekündigte Entscheidung diene deshalb nicht der politischen Kultur in der Stadt, sondern einzig seinem Machtinteresse.
"Bereits im April des letzten Jahres hatten wir den Oberbürgermeister aufgefordert, eine gemeinsame Wahl von Rat, Bezirksvertretungen und Oberbürgermeister zu ermöglichen, um den Verwaltungsaufwand und die Kosten einer zusätzlichen Wahl im Jahr 2016 von 500.000 Euro zu sparen", heißt es weiter. Zum damaligen Zeitpunkt hätte er sowohl den Bürgern als auch den anderen Parteien die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig und angemessen mit der Situation auseinanderzusetzen. Damals sei die Aufforderung von der SPD als „Grüner Klamauk“ abgetan worden.

CDU: reine Willkür

„Sieraus Vorgehen ist ein Willkürakt erster Güte. Sierau setzt sich mit seinem erwogenen Rücktritt nicht nur über den Willen des Landesgesetzgebers hinweg. Er brüskiert auch alle Wähler, die ihn 2010 trotz seiner fragwürdigen Rolle im Haushaltsskandal bei der Wiederholungswahl ins Amt gewählt haben.“, kommentiert der CDU-Kreisvorsitzende Steffen Kanitz MdB den angekündigte Rücktritt des SPD-Oberbürgermeisters, der sich bei der Neuwahl aber wieder zu Wahl stellen will.

"Das passt ihm einfach gut"

„Sierau hat im Mai 2010 für sechs Jahre einen Wählerauftrag erhalten und diesen angenommen. Nun quittiert er rund zweieinhalb Jahre vor der Zeit den Dienst und verletzt den Auftrag der Wählerinnen und Wähler. Und warum? – Weil ihm und der Dortmunder SPD wenige Tage nach der Veröffentlichung einer Umfrage, die die SPD in der Gunst der Wähler vorne sieht, der Zeitpunkt einfach gut passt!“, äußert Kanitz sein Unverständnis und verurteilt das durchsichtige SPD-Wahlmanöver aufs Schärfste: „Dies ist erneut eine schallende Ohrfeige der – in Anführungszeichen – „Sozialdemokraten“ für die kommunale Demokratie. In den Jahren 201o und 2012 Wiederholungswahlen wegen einer Wahllüge und nun ein Rücktritt unter Ankündigung der erneuten OB-Kandidatur? – Wir fragen uns, wo soll dies hinführen! Sucht sich demnächst jeder Amtsinhaber frei nach Willkür aus, wann er sich zur Wahl stellt?“ Die CDU sei überrascht, so Kanitz, dass Sierau offenbar den regulären alleinigen OB-Wahlgang im Jahr 2016 fürchte. Möglicherweise brauche die in der Dortmunder Bevölkerung noch unbekannte zweite Reihe der SPD-Ratsfraktion aber auch einen Frontmann für den Ratswahlkampf, weil Noch-Fraktionsvorsitzender Prüsse bekanntlich nicht mehr für den Rat kandidiere.

CDU stellt sich gerne der Wahl

„Die CDU wird sich der Oberbürgermeisterwahl gerne stellen. Wir sind bereits mit interessanten potentiellen Bewerbern für das höchste Amt in unserer Stadt im Gespräch und werden der Öffentlichkeit in Kürze eine starke Persönlichkeit präsentieren.“, sieht Steffen Kanitz die CDU Dortmund für einen OB-Wahlkampf gut aufgestellt.

Zum Hintergrund:

Der Landtag NRW hat mit der rot-grünen Regierungsmehrheit am 21. März 2013 das „Gesetz zur Stärkung der kommunalen Demokratie“ beschlossen. Kern des Gesetzes ist es, die Wahlen der Räte mit den Wahlen der Oberbürgermeister ab dem Jahr 2020 wieder zusammenzulegen. Um eine frühere Zusammenlegung der Wahlen zu erreichen, war ein einmaliges freiwilliges „Rücktrittsrecht“ für Oberbürgermeister vorgesehen, deren Amtszeit zwischen Juni 2014 und Oktober 2015 endet. Auszuüben war dieses bis zum 30. November 2013. Oberbürgermeister Sierau hatte nach dem gesetzgeberischen Willen kein Rücktrittsrecht, da seine Amtszeit eigentlich erst Mitte 2016 endet.

Piraten: Unnötige Ausgaben sparen

David Grade und Dirk Pullem schreiben für die Dortmunder Piraten: "Wir beglückwünschen Ullrich Sierau zu der Entscheidung, der Stadt Dortmund unnötige Ausgaben für eine Oberbürgermeisterwahl in zwei Jahren ersparen zu wollen. Die Termine für die Wahl zu konsolidieren, ist die einzig richtige Entscheidung.
Leider kommt die Entscheidung sehr kurzfristig. Kleinen Parteien wie den Piraten bleibt nun wenig Zeit für eine Entscheidung, ob sie eine Gegenkandidatin beziehungsweise einen Kandidaten aufstellen möchten. Die im Rat vertretenen Parteien stehen vor demselben Problem.
Auch wenn man über den Erfolg von Nicht-SPD Kandidatinnen und Kandidaten bei dieser Wahl nur wilde Spekulationen anstellen kann, eine geringe Zahl von Bewerbern schadet der Demokratie.So begrüßenswert Ihr Schritt auch ist, er kommt leider sehr spät."

Die Stellungnahme der SPD

Und die Bezirksregierung nimmt Stellung:

In der Diskussion um eine mögliche Kandidatur von Oberbürgermeister Ulrich Sierau hat die Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung Arnsberg auf Wunsch des OB die rechtlichen Vorgaben geprüft. Nach Einschätzung der Kommunalaufsicht war der Oberbürgermeister aus Rechtsgründen nicht gehindert frei zu entscheiden, ob er sich bei der im Mai stattfindenden Kommunalwahl dem Wählervotum stellt oder nicht.
Bei der Dortmunder Situation handelt es sich, bedingt durch die Wiederholungswahl vom Jahr 2010 um eine Besonderheit. Oberbürgermeister Ulrich Sierau wurde damals bis zum 18. Mai 2016 wiedergewählt. Er fällt damit nicht unter die Regelungen des Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Demokratie (GSkD). Unabhängig von den Regelungen des GSdK steht es Oberbürgermeister Sierau sowie den von vom GSkD betroffenen Bürgermeistern frei, Ihren Rücktritt zu erklären und sich einer Neuwahl zu stellen. Die mit einer vorzeitigen Wahl verbundene Absicht, die Wahltermine für den Rat und den Oberbürgermeister zu harmonisieren und Kosten zu sparen, ist nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Soweit generelle verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der erneuten Wählbarkeit eines Kandidaten nach seinem freiwilligen Rücktritt bestehen sollten, erscheint dieses Risiko nach Einschätzung der Kommunalaufsicht sehr gering.
Bezüglich der Fristen für die Kandidatenaufstellung sieht das Kommunalwahlrecht grundsätzlich keine zeitlichen Vorgaben für das Kandidatenaufstellungsverfahren vor. Es ist lediglich zu beachten, dass die Frist für die Einreichung von Kandidatenvorschlägen 48 Tage vor dem Wahltermin endet.
Die abschließende Entscheidung über einen Rücktritt vom Amt obliegt dem Oberbürgermeister. Über die Zulassung von Wahlvorschlägen entscheidet der Wahlausschuss der Stadt Dortmund.

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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