Sehen so "Waldpflegearbeiten" in einem Naturschutzgebiet aus?

Foto: Marseille/Müller
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Das hat nichts mehr mit naturnaher Waldbewirtschaftung zu tun

In den letzten Monaten wurde mit den sogenannten „Waldpflegearbeiten“ 2014/2015 in den Waldgebieten Oespel/Kley (Dorney), Oespel (Schonung Dorney), Romberg Holz, Menglinghausen, Salingen, Syburg, Neuasseln, Wannebachtal/Reichsmark, Schüren und Sölde begonnen.

Besorgte Bürger aus dem Stadtbezirk Lütgendortmund haben die Bürgerinitiative "Pro Oespeler Lebensraum e.V." aufgefordert, sich für den Stopp des Kahlschlags im Oespeler Dorney einzusetzen. Die betroffenen Bürger haben kein Verständnis für derart radikale Abholzungen, wie es sie in den letzten Jahrzehnten noch nicht gegeben hat, zumal der Dorney seit einigen Jahren als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist.

Das Naturschutzgebiet Dorney

In der Textlichen Festsetzung heißt es: "Das Naturschutzgebiet umfasst das Waldgebiet "Dorney“ mit seinen Buchenbeständen.

Schutzzweck:
Die Festsetzung als Naturschutzgebiet erfolgt gemäß § 20 Buchstaben a) und c) LG

• zur Erhaltung von Lebensgemeinschaften oder Biotopen bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten.

• wegen der Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit einer Fläche oder eines Landschaftsbestandteils.

Als wertvolle Lebensstätten gelten insbesondere:
• Die naturnahen Buchenwaldbestände – z.T. Kalkbuchenwald – mit z.T. seltenen Pflanzenarten"

Von den naturnahen Buchenwaldbeständen ist nicht mehr viel übrig geblieben. Durch den Kahlschlag werden die verbliebenen Bäume anfälliger für den nächsten Sturm, somit sind dann weitere "Sturmschäden" zu beseitigen.

Der Oespeler Dorney wurde vor circa 100 Jahren angepflanzt. Er erfüllt eine Vielzahl von Funktionen für die Bürger des Stadtgebiets Lütgendortmund sowie der nordwestlichen Stadtgebiete von Witten. Der Wald dient sowohl der Erholung für Spaziergänger und Freizeitsportler und hat darüber hinaus wichtige ökologische Funktionen, wie beispielsweise die Sauerstoffproduktion für große Bereiche Dortmunds. Die vorwiegend südwestlichen Strömungen transportieren diesen Sauerstoff bis in die nordöstlich anschließenden Stadteile.

Leistung des Waldes

Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald schreibt auf ihrer Internetseite zur Leistung des Waldes (http://www.sdw.de/waldwissen/oekosystem-wald/waldleistungen/): „Eine 100 Jahre alte Buche (der Oespeler Dorney ist vorwiegend ein Buchenwald) produziert jedes Jahr 4.600 kg Sauerstoff. Davon kann ein Erwachsener mehr als 13 Jahre lang atmen [Quelle: Holzabsatzfonds]. Jeder Hektar Wald bindet jährlich rund 10 t CO2 [Quelle: Bayerisches Landwirtschaftsministerium 2007]. Der Wald filtert Stäube, Gase und radioaktive Stoffe aus der Luft. Pro Hektar filtern unsere Wälder jährlich bis zu 50 t Ruß und Staub aus der Atmosphäre.“

Angesichts der ohnehin bestehenden Luftbelastung in Dortmund erfüllen die 40 Hektar des Oespeler Dorney sowie die weiteren o.g. Waldgebiete eine wichtige Funktion für die Gesundheit der Bürger. Wie sollen Jugendliche und BürgerInnen zu sparsamen CO 2 Emissionen angehalten werden, wenn die Stadt eine derartige Menge wichtiger CO 2 Binder und Sauerstoffproduzenten zerstört?

Zudem besitzt der Oespeler Dorney eine besondere ökologische Struktur. Der seltene Altbuchenbestand auf Kalkboden bietet vielen Pflanzen Schutz, wie z.B. den Frühjahrsblühern Scharbockskraut, Waldbingelkraut, Buschwindröschen und Bärlauch.

Weiterhin beheimatet der Dorney zahlreiche Amphibien und verschiedene Vogelarten.
Nach Aussagen des NABU wird die Brutsaison 2015 für zahlreiche Vogelarten durch die Fällungen verloren gehen und die Amphibienbestände wurden mit größter Wahrscheinlichkeit dezimiert.

Der Wald trägt auch zur Verbesserung der Wasserqualität bei und hat eine wichtige Funktion als Schutz vor Überschwemmungen, von denen die angrenzenden Stadtteile in den letzten Jahren ohnehin stark betroffen waren.

Diese genannten Funktionen des Waldes werden durch die radikalen Forstmaßnahmen erheblich vermindert.
Während das Umweltamt der Stadt Dortmund auf seiner Internetseite diesen Kahlschlag im Naturschutzgebiet als „Waldpflegearbeiten“ in den Wäldern des Forstbezirks Süd darstellt, werden - in einem der Bürgerinitiative vorliegenden Brief der unteren Landschaftsbehörde - die Arbeiten unverblümt als Holzerntearbeiten bezeichnet.

Unter dem Deckmantel der Schadensbeseitigung nach dem Sturm „Ela“ werden gesunde und viele auch alte Bäume mit Durchmessern von über 80 cm in erheblichem Umfang aus dem Wald entfernt. Dazu wurden ganze Schneisen gefällt und der Abtransport mit schwerem Gerät zerstört schließlich auch noch die letzte Vegetation in diesem Bereich.

U.a. wurden bei den Arbeiten auch die jungen Bäume, die laut Information des Umweltamtes der Stadt Dortmund in ihrem Wachstum gefördert werden sollen, zerstört. Dass dieses Vorgehen nichts mit einer „Plenterbewirtschaftung“ zu tun hat, wie sie in den Naturschutzrichtlinien vorgeschrieben wird, ist offensichtlich.

Bürgerantrag der Bürgerinitiative "Pro Oespeler Lebensraum e.V."

Pro Oespel bittet die Bezirksvertretung Lütgendortmund in einem Bürgerantrag, über den in der Sitzung am Dienstag, den 17.03.15 abgestimmt wird, an die Verwaltung folgende Anfragen zu stellen:

• Welche Mengen Holz (Festmeter und prozentualer Anteil in Relation zum Bestand) wurden und werden aus dem Dorney geerntet?

• Wie hoch sind die Einnahmen aus dem Verkauf des Holzes?

• Welche Ausgaben für Personal und Geräte sind entstanden?

• Wer führt die Arbeiten durch?

• In welchem Zeitraum dürfen in diesem Fall
a) Bäume gefällt
b) Holz abtransportiert werden?

Es heißt, dass die Einnahmen gerade mal die Ausgaben decken. Dies hält die Bürgerinitiative angesichts der massiven Maßnahme für unwahrscheinlich.

Diese Zahlen können durchaus den Bürgern zugänglich gemacht werden und unterliegen nicht der "Geheimhaltung". Siehe auch TOP 11.1: https://dosys01.digistadtdo.de/dosys/gremniedweb1.nsf/dosysgremniedweb1.nsf/NiederschriftenWeb/B940421011866415C12572D0002E02ED?OpenDocument

Weiterhin möchte die Verwaltung die Bezirksvertretung über den Waldpflegeplan und die bestehenden Forstbetriebspläne der Stadt für die weitere Behandlung des Oespeler Dorneys unterrichten.

Welche Maßnahmen sind erforderlich?

Der Beirat der unteren Landschaftsbehörde ringt seit Jahren mit der Stadtverwaltung Dortmund darum, dass die Wälder nicht kahl geschlagen werden. Es ist daher notwendig, dass die darin ausgehandelten Empfehlungen rechtsverbindlichen Charakter bekommen.

Eine Überarbeitung der Richtlinien für die Naturschutzgebiete im Sinne eines dichten Plenterwaldes - einem Wald, in dem vom Keimling bis hin zum Jahrhunderte alten Baum alle Altersklassen und alle Stamm-Dimensionen vertreten sind - muss dringend erfolgen.

U.a. sollte der Schutz für Baumdenkmäler mit einem Stammdurchmesser von über 80 cm in Naturschutzgebieten wieder aufgenommen werden.

Darüber hinaus sind sofortige Aufforstungen in den bereits zerstörten Bereichen erforderlich. Nach Aussagen der Umweltverbände (Nabu und BUND) wächst an diesen Stellen nicht etwa der Wald nach, sondern vorwiegend Brombeeren u.a. Gesträuch, welches die keimenden Bäume erstickt.

Pro Oespel fordert die Politik auf, die betroffenen Waldgebiete als Naherholungsbereiche, Ausgleichsfläche, Sauerstoffproduzenten und Staubfilter zu erhalten. Sie haben eine wichtige Rolle für die Gesundheit der Bürger im Stadtgebiet Lütgendortmund sowie angrenzender Stadtgebiete.

Schnell nachwachsendes Buchenholz kann kein Ziel für den Dorney-Wald sein. Wohnortnahe Erholungsräume sind Standortvorteile für die Stadt Dortmund.

Autor:

Judith Zimmermann aus Dortmund-West

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