dann also die Bombe ...

Dann also die Bombe. Mir kann es nur recht sein. Ich bin diese Inflation an Spielen um irgendwelche dämlichen Pokale satt. Es ist eine Zumutung, was die uns abends vorsetzen. Sogar Frauentausch kotzt mich mittlerweile an. Anfangs war das ja noch lustig. Mittlerweile denke ich, daß die Protagonisten auf Krawallpotential gecastet werden, nur um es zum Schein so richtig krachen zu lassen. Was nicht allein für Frauentausch gilt. Besonders diese behinderten Auswanderer, die außer schlechtem Deutsch nichts auf die Kette kriegen, gehen mir auf den Sack. Ansonsten nur Ärsche und Titten. Ab und zu ein paar Besoffene, die es am Ballermann krachen lassen. Ist ja alles gut und schön, aber jeden Abend die gleiche Kinderkacke.

Dann lieber die Bombe. Ein Nuklearschlag gegen Südkorea, Japan oder eine der amerikanisch besetzten Pazifikinseln gibt entschieden mehr her als „Wer wird Millionär?“. Mit dem großen Knall läuft Kim Jong Un sogar „Wetten Dass?“ den Rang ab. Wer erinnert sich noch an den letzten Wettkönig oder einen von Jauchs Millionären? Wenn so eine kleine schmutzige Mittelstreckenrakete es bis Guam schafft, ist das mehr als eine simple Nachricht wert und vor allen Dingen nicht so spröde und langweilig wie die Wahl eines Pontifex. Falls Kim Jong Un es wünscht, steigt mehr als nur öder weißer Rauch in den Himmel.

Überhaupt Nordkorea. Meine fernöstlichen Freunde schaffen es seit vielen Jahren, mich bestens zu unterhalten. Als Kurzwellenhörer, der in den Achtzigern den staatlichen Auslandsdienst um eine QSL-Karte bat, kam ich in den Genuss der äußerst informativen Schrift „Leben und sterben wir wie unsere Helden“. Ein Meisterwerk betonkommunistischer Literatur. Bedenke ich, wie lange diese Kampfschrift bereits meinen Bücherschrank ziert, stelle ich fest, daß Nordkoreas Unterhaltungswert als gekonnt nachhaltig zu bezeichnen ist. Wofür ich den Söhnen Pjöngjangs sehr dankbar bin. Nichts ist schlimmer als Langeweile, die den Geist lähmt. Erst Variation schenkt dem Dasein Würze. Hier ein Scharmützel in internationalem Gewässer, da eine kleine Nettigkeit in Form eines Boden-Luft-Boden-Marschflugkörpers. Nördlich des koreanischen Eisernen Vorhangs hat man es richtig drauf. Um es mit Vlad dem Pfähler zu sagen: „That’s entertainment.“

Dann also die Bombe. Bestimmt löst sie einen südostasiatischen Brand aus, der sich mit einem bißchen Glück für meinen Bedarf nach gepflegter Unterhaltung zu einem Inferno ausweitet, das Japans größten Sohn, Godzilla, sehr alt aussehen lässt. Außerdem hat das Land der aufgehenden Sonne ein wenig Nachschlag verdient. Redet heute noch jemand von Fukushima? Wieder einmal eine dieser journalistischen Eintagsfliegen, die im englischen Sprachraum „nine days wonder“ genannt werden. Gut genug für ein paar Tage Spannung zum Weizenbier. Aber alles irgendwie eingefahren, festgekeilt  in einer medialen Sackgasse. Wasser dringt in die Reaktorkammer ein, es dringt nicht ein, doch, es bleibt draußen, sie liebt mich, sie liebt mich nicht. Alles bei vollkommenem Fehlen messbarer Ergebnisse in Form ernsthaft radioaktiv Verseuchter.

Vor vielen Jahren bereits hatte ich treu, brav und pflichterfüllend der GEZ Radio und Fernseher gemeldet. Den Gegenwert meiner jährlich entrichteten Gebühren hätte ich besser in den Erwerb einer Eintrittskarte für das Gastspiel des Zirkus Krone auf dem Sprödentalplatz investiert. Noch ein Zitat, was mir  beim Schreiben dieser Zeilen durch den Kopf geht. Von Kurt Cobain, einem Verfechter der Kultur spektakulären Ablebens: „Here we are now – entertain us!“

Nun also die Bombe. Sie wird alles in den Schatten stellen. Pearl Harbor, die Kuba-Krise, Andrea Berg, Dynamo Dresden. Alles sprichwörtlich kalter Kaffee gegen den Big Bang. Wenn es knallt, werden sie sogar die täglichen Geschichtsdokumentationen aus dem Programm nehmen. Schade. Ich bin ja nicht so für Hitler, aber ich schaue gerne mal rein, was es Neues zu berichten gibt.

Vielleicht hat die Wehrmacht den Krieg ja doch gewonnen, und ich habe es nicht mitgekriegt, weil ich mal wieder vor der Glotze eingepennt bin.

Text, Gedankengut & Garstiges
Roger Sponeimer

Autor:

Roger Sponheimer aus Düsseldorf

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