Zumba

Zumba

Sie drückt mir einen Flyer in die Hand. Einladung zum Zumba. Ab 15 Uhr am kleinen Pool, gegenüber des Beachvolleyballfeldes. Fun for pros & beginners. Kommt vorbei und habt Spaß. Anschließend After-Zumba-Barbecue. Kinderschminken und Zaubershow mit Mister Magini.

Ich lese nicht weiter. Falte den Flyer zu einem winzigen Würfel und schnicke ihn mit den Fingern in einen Papierkorb.

Nein, ich habe keine Lust. Warum? Das meint sie doch nicht ernst! Weshalb ich mich von der Gemeinschaft absondere? Ich glaube, es hackt! Muss ich dieser dämlichen Zumba-Tusse Rechenschaft ablegen? Dies ist mein Urlaub und meine Zeit, gute Frau.

Ihre Katzenaugen blitzen und bilden einen scharfen Kontrast zur geschulten Stimme, mit der sie sich höflich, aber bestimmt erkundigt, ob alles in Ordnung sei.

Alles gut, sage ich.

Sie baut sich vor mir auf und lächelt.

Sie versperrt mir tatsächlich den Weg!

Es geht sie zwar nichts an. Aber ich erkläre, für sie auch langsam und zum Mitdenken, dass ich diesen Urlaubstag für eine Besichtigung des Bergdorfes nutzen werde. Doch, dort gibt es allerhand zu entdecken. Die Vierung der romanischen Kapelle ist dank einiger mittelalterlicher Fresken von kunsthistorischer Bedeutung. Bitte? Soll ich ihr ernsthaft den Begriff „Vierung“ erklären?

Nun bildet ihre Stimme mit dem Augenfunkeln eine Einheit. Letztendlich sei es meine Entscheidung, wie ich den Tag verbringe. Recht hat sie! Was sie mit aber unbedingt sagen will, ganz offen, auch als Urlaubsgast ihres Unternehmens … Ja? Meine Siezerei findet sie affig!

Bumm! Jetzt hat sie es mir aber gründlich besorgt, grinse ich im Stillen. Wir duzen uns alle, lässt sie nicht locker. Ja gut, aber sie ist, wie jeder Mensch, etwas Besonderes. Und erst recht als Animateurin. Sollte ich ihre Person etwa nicht mit dem herausstellenden „Sie“ bedenken?

Irritiert glotzt sie mich an. Dies übersteigt eindeutig ihren von vorneherein flach konstruierten Horizont. Während sie krampfhaft nach einer passenden Entgegnung sucht, bitte ich um einen weiteren Flyer. Nein! Weshalb nicht? Bin ich nicht zahlender Gast Ihres Unternehmens? Na also!

Ich stecke den Flyer in den Rucksack. Oben im Dorf werde ich ihn den Eseln vorlesen. Zumba ist kollektives Arschwackeln für Touristen, werden sie denken, ein wenig mit den Ohren wackeln und um eine Möhre betteln. Esel sind klug. Sie benötigen keine Animation, das Leben zu genießen. Wir sind schon lange per du, meine grauen Freunde und ich.

Der Rest der Welt trifft sich um 15 Uhr zum Zumba. Ab dafür …

(Text, Gedankengut & Foto: Roger Sponheimer)

Autor:

Roger Sponheimer aus Düsseldorf

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