Zwischen Zar Alexander und Udo Lindenberg - "Breidenbacher Hof"-Impressionen

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Lieben Sie auch Hotels ? Es faszinieren mich Hotelromane, wie „Menschen im Hotel“ von Vicky Baum und mal ehrlich, wer von uns hätte sich nicht mal vorstellen können, ein kleines Etablissement zu betreiben mit dem ihm eigenen Charme, wo er die Gäste mal so richtig verwöhnen könnte. Und hätte man dann irgendwann noch Personal, würde man es schulen, in jeder Hinsicht dem Gast gegenüber gelassen und freundlich zu sein, egal wie er tickt. Ja, das ist meine Sehnsucht, das ist meine Leidenschaft von Kindesbeinen her. Ein Hotel zu haben, wo vom Pförtner, über den Liftboy bis hin zu den Zimmermädchen und Kellnern wir alle in einem großen Boot sitzen und wir wissen, wir rudern den Kahn gemeinsam nach vorn. Ich würde sie alle am Gewinn beteiligen und wir wären alle bestrebt, für den Gast das Beste zu organisieren. Das sind hin und wieder mal meine Träume...

In Düsseldorf existieren einige Luxushotels, die mich seit Jahren neugierig machen, Sehnsucht in mir erwecken nach Glanz und Glamour. Eines dieser Hotels ist der „Breidenbacher Hof“. Ich habe mich nie getraut, dort hineinzugehen, weil es mir zu „schicki-micki“ erschien. Aber dann wurde es im Rahmen einer notwendigen Sanierung abgerissen und dort wo es dereinst stand, war nur noch ein grosses Loch. Von der Straßenbahnhaltestelle am Heinrich-Heine-Platz beobachtete ich, wie dieses Loch sich langsam wieder füllte und irgendwann war er wieder aufgebaut – der „Breidenbacher Hof“. Was mich total faszinierte, war der Anblick am Straßenbahnhaltestellenpunkt der Heinrich-Heine-Allee auf dieses von innen rot beleuchtete Restaurant, die „Brasserie 1806“ im ersten Stock. Immer schaute ich dorthin und fragte mich, wer dort wohl so sitzen mag bei blitzenden Gläsern im Edelambiente.

Vor der Tür des „Breidenbacher Hof“ steht immer ein gut aussehender Empfangschef und mir war von je her klar „an solchen Leuten kommst du nie vorbei“.

Irgendwann erzählte mir eine Freundin, man könne im „Breidenbacher Hof“ in der Bar noch als letzte Bastion für Raucher bei einem Whiskey oder bei einem Cocktail auch mal eine rauchen. Das packte ich als „uninteressant“ in meinem Unterbewußten einfach mal so weg. Aber ein kleines Rauchwölkchen meldete sich denn doch wieder und es kam der Tag, an dem ich an der Eingangstür des „Breidenbacher Hof“ mich der Worte meiner Freundin erinnerte und stellte mich auf eine Mutprobe.

Ich ging am freundlichen Portier einfach vorbei in die Halle und schaute mich um, sprachlos, staunend und völlig entzückt. Ich dachte, ich sei angelangt in der Belle Epoche. Neugierig schritt ich langsam mit offenem Mund die Treppe nach oben zum Café, ging weiter in die Bar und schaute nur, wie in einem Museum um mich herum und niemand störte mich bei meinen Entdeckungsgängen. Es war unglaublich anheimelnd. Am Piano spielte ein Pianist flotte Weisen und ich war umfangen vom Ambiente einer Zauberwelt.

Das Restaurant, das ich immer von der Straßenbahnhaltestelle sah, wollte ich nun auch noch sehen. Ein sehr freundlicher Herr ermunterte mich, es mir anzuschauen. Und das war es ! Ein Ambiente, wie in „Drei Haselnüsse für das Aschenbrödel“ bis hin zu Filmen wie „Anna Karenina“. Ein Glanz, eine Pracht – wie im Märchen ! Ich fühlte mich umschmeichelt von den warmen Farben, in die das Restaurant getaucht ist, vom Mobiliar mit den fein gedeckten Tischen, die auf das Leben warten – und das alles mit einem echt städtischen Blick auf das Jugendstil-Carsch-Haus – genau vis à vis.

Ich war verliebt in diesen kleinen Minutenblick in längst vergangene Zeiten und fing an zu googeln. Aus Wikipedia sei folgendes zitiert:

„1806 ersteigerte Wilhelm Breidenbach, der zuvor in der Altstadt eine Gaststätte betrieben hatte, ein Grundstück, um ein Grand Hotel zu errichten.

Von 1808 bis 1812 entstand ein erster klassizistischer Bau nach den Plänen des Architekten Adolph von Vagedes.

1840 ging der Breidenbacher Hof in die Hände des Gastronomen Capellen-Heydendahl über. Der Breidenbacher Hof wurde zu einer der besten Adressen der Stadt, da das Hotel zwischen dem neuen Bahnhof an der Königsallee und den Posthaltereien in der Altstadt lag. Könige und Königinnen, Adelige, Politiker und Künstler nächtigten im Breidenbacher Hof. Zu den Gästen zählten Clara und Robert Schumann, der russische Zar Alexander II, einige Personen aus dem Hause Preußen und Herzog Maximilian von Bayern.“ Zitat Ende.

Aber erwähnen möchte ich an dieser Stelle noch, das Udo Lindenberg in diesem Hotel als Liftboy gearbeitet hat und Grössen, wie Eric Clapton, Carlos Santana und Angela Merkel hier auch schon verweilten.

Zurück in die Gegenwart: Ich hatte kurz vor Weihnachten die Wahl, mir mal was ganz besonderes zu erlauben, weil zwei Freunde und ich ca. 300,- Euro im Lotto gewonnen hatten.
Oh, Sie werden es mir nicht glauben, nachdem ich gegoogelt hatte, wer im „Breidenbacher Hof“ an Pominenten dort in den letzten Jahren abgestiegen war, stand für mich fest: Ich möchte die anderen überreden zu einem Essen im „Breidenbacher Hof“ !

Gedacht, getan – alle waren begeistert von der Idee und so reservierten wir für sechs Personen dort einen Tisch. Ich weiß nicht, wie viel Zeit meine Gäste brauchten für die Abendtoilette. Ich brauchte einen ganzen Tag...

Der große Moment ist nun da: Wir kommen gemeinsam an in der Eingangshalle – und niemand stört uns dabei, als wir alle uns unserer Mäntel entledigen, um Fotoaufnahmen zu machen vor dem großen licht geschmückten Weihnachtsbaum. Ja, wir haben Kameras dabei, weil wir wissen, das wir uns so etwas nur sehr sehr selten erlauben – und das will festgehalten werden für immer ! Also Fotoshooting vor dem Tannenbaum in der Eingangshalle. Dann schreiten wir die Treppe hoch und wieder blitzen die Kameras. Ja – das machen wir gut ! Wir sind in einem geschichtsträchtigen Hotel auf dem Weg zum glücklich machenden Essen und wir dokumentieren es ! Und fotografierten weiter in dem großzügigen Café und in der Bar, bevor wir zu unserem reservierten Tisch geleitet werden.

Sollten Sie je Schwellenängste gehabt haben – spätestens beim Betreten des Restaurants vergessen Sie alles ! Es werden Ihnen so freundlich die Mäntel abgenommen, es wird Sie so freundlich zum reservierten Tisch geleitet, das Sie nur noch so ein Gefühl haben „hier kann ich mich fallen lassen.“

Wir finden Platz mitten im Raum und sind glücklich - aber auch achtsam mit unseren Gesprächen – wollen das für uns ganz besondere Essen geniessen. Es fällt mir auf, das die Tabletts, auf denen das Essen serviert wird, an einigen Stellen lädiert sind. Der Lack ist ab. Das berührt mich sehr - vielleicht sind es noch die Originale aus der Anfangszeit des Hotels ? Wir finden das sehr symphatisch.

Interessant ist es, wie unterschiedlich Menschen sich verhalten können in Extremsituationen. Eine Extremsituation hat man schon, wenn der Eingangs-Sherry 9,- Euro kostet und 0,1 l vom preiswertesten Wein 7,50 Euro und eine Flasche Chamagner gar von 80,- bis 930,- Euro zu haben ist. Da sind wir kleinen „Fußbroichs“ gefordert, die Nerven zu behalten.

So beschließt denn der „Gutmensch“ unter uns, auf Alkohol komplett zu verzichten, um damit die Rechnung zu minimieren, was ihn aber nicht davon abhält, 13 % Trinkgeld zu geben.

Der stets „Achtsame“ in unserer Mitte gemahnt mehrmals zum Schweigen, damit wir jeden Bissen nicht nur schmecken, sondern auch hören – hat aber kein Problem damit, ständig mit der Kamera Regieanweisungen zu geben, auf das wir z.B. den Löffel nochmal zu Munde führen.

Das große „Kind“ in unserer Runde freut sich ununterbrochen und plappert immer wieder das Gleiche: „Nein, welch ein Ambiente, diese roten warmen Farben und wißt Ihr eigentlich, wer hier schon alles gewohnt hat ?" Es schmatzt mit vollen Backen und hätte man es nicht festgehalten, hätte es gar noch auf dem Tisch getanzt...

Die „Veganerin“ war derart fasziniert, in diesem Hotel, in dem sie vor dreißig Jahren schon jobmässig zu tun hatte in ihrer Eigenschaft als Bankangestellte – sie holte schon mal Kunden dort ab – ja, die war so fasziniert nun hier zu sitzen als Privatperson, das sie ihren Lachs, auf Zedernholz gegrillt, in vollen Zügen genoss und uns beichtete, sie würde gar an der Bar die „Currywurst aus Entenfleisch mit Pommes und einem Glas Altbier“ mit uns demnächst genießen. Hauptsache, wir gehen wieder in dieses wunderschöne Hotel.

Die junge „Verlobte“ am Tisch leistete ihrem achtsamen Gefährten brav Folge und genoß schweigend und still vor sich hin lächelnd ihre hauchdünnen Kalbsschnitzel an Gurken-Kartoffelsalat mit Preiselbeeren.

Der sich „Selbstgenügende“ lebenserfahrene Philosoph und Dichter aus fernen süddeutschen Landen erfreute sich ununterbrochen still und leise an diesem Arrangement, war sich aber gleichwohl sicher, das es keiner Wiederholung bedarf. Aber in der wunderschönen Landschaft seines Altmühltals da braucht man so etwas auch nicht. Wir, als Großstadtbewohner, sind da schon eher mal darauf angewiesen, uns über künstliche Reize Glück zu verschaffen ;-)

Ja, so sei unsere kleine Runde charakterisiert – gut haben wir zusammen gepaßt und haben nun ein gemeinsames Erlebnis, das uns ein Leben lang im Gedächtnis bleiben wird.

Warum ich diesen Artikel schreibe ? Nun, das hat einen tieferen Sinn. Ich möchte, das diese alten wunderschönen Einrichtungen unserer Stadt erhalten bleiben.

Was ist denn, wenn der „Breidenbacher Hof“ irgendwann auch mal eine NH-Kette wird ? Wenn die letzten Bastionen einer kulturellen Geschichte auch noch verschwinden ? Leute, geht in den Breidenbacher Hof in die Bar. Da könnt Ihr das Zigarrenrauchen und Whiskeytrinken kultivieren Wenn der Globalisierungshammer auch noch diese alten schönen Hotels weg fegt, dann ist das Leben nicht mehr bunt !

Ich habe es erlebt, wie trostlos die Champs Elysee in Paris geworden sind mit ihren Kettenlokalen. Dort, wo früher edle Kaffeehäuser standen mit geschultem Personal und fein angezogenen Herrschaften, ist heute McDonalds, diese Baguettenkette Subway und noch so einige Etablissements, wo sich kein Angestellter dafür interessiert, ob man dort sein mitgebrachtes Butterbrot vertilgt.

Es ist schön, das der „Breidenbacher Hof“ offen ist für alle Bürger – und wenn Sie bedenken, das wir mit sechs Personen konsumiert haben für rund 300,- Euro, dann ist das gemessen am Preis-Leistungsverhältnis und gemessen an der Geschichte dieses Hotels eher ein Klacks.

Ich, als ganz normale Bürgerin – vom Finanzamt gebeutelt – habe in meinem kleinen Freundeskreis dort, im „Breidenbacher Hof“ einen wunderschönen Abend erlebt - jenseits der Ratinger- und der Bolkerstrasse und sage mir – auch das ist Düsseldorf !

Fotos: Gudrun Weber

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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