Hohe jüdische Ehrung in der Synagoge: Die Toten Hosen erhalten Josef-Neuberger-Medaille

Die Toten Hosen und Professor Thomas Leander (rechts) wurden von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf mit der Josef-Neuberger-Medaille geehrt. | Foto: Siegel
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  • Die Toten Hosen und Professor Thomas Leander (rechts) wurden von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf mit der Josef-Neuberger-Medaille geehrt.
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Die Toten Hosen haben schon immer ihren Mund aufgemacht und jahrzehntelang in ihren Songs, bei Konzerten oder Interviews gegen Faschismus, Antisemitismus und Ausgrenzung klar und laut Stellung bezogen. Für ihr gemeinsames Engagement mit der Robert-Schumann-Hochschule, mit der sie von den Nationalsozialisten als „entartet“ bezeichnete Musik“ spielten, wurden die Düsseldorfer Punkrock-Band und Musikprofessor Thomas Leander jetzt mit der Josef-Neuberger-Medaille geehrt.

Eine überfüllte Synagoge, Standing Ovations, ergreifende Reden und sichtlich gerührte Preisträger: Der traditionelle Jahresempfang der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf mit der Verleihung der Josef-Neuberger-Medaille war ein gelungener und vor allem bewegender Abend. Seit 1991 werden mit dieser Auszeichnung nichtjüdische Persönlichkeiten oder Institutionen geehrt, die sich um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht haben. In diesem Jahr heißen sie Campino, Andi, Breiti, Kuddel und Vom sowie Professor Thomas Leander, Prorektor der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf.

An drei Konzertabenden im Oktober 2013 spielte die Band mit jungen Sinfonikern der Musikhochschule in der Tonhalle Stücke, die im Nationalsozialismus verboten waren. Das breit gefächerte Programm reichte von unterhaltsamer Filmmusik, über Kompositionen der Comedian Harmonists und Kurt Weill, bis hin zu Schönbergs dramatischem Werk „Ein Überlebender aus Warschau“. Für Initiator Prof. Thomas Leander spielte in der Umsetzung die stilistische Vielfalt eine bedeutende Rolle.

Mit der Konzertreihe unter dem Titel „Willkommen in Deutschland“ erinnerten die Musiker daran, dass die Nationalsozialisten 75 Jahre zuvor im Ehrenhof mit der Ausstellung „entarte Musik“ jüdische und nicht-jüdische Komponisten diffamierten. „Mit drei grandiosen Konzerten in Düsseldorf konnten diese musikalischen Werke der Vergangenheit und die lange totgeschwiegenen Künstler dem Vergessen entrissen werden“, sagte Dr. Oded Horowitz, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, in seiner Begrüßungsrede.

Ein Abend mit musikalischen Kostproben

Während der Feierstunde spielten Die Toten Hosen gemeinsam mit einigen jungen Orchestermusikern drei Lieder, die auch bei dem Gedenkkonzert im vergangen Jahr auf dem Programm standen: Bertolt Brechts Gedicht "Deutsches Miserere" nach der Musik von Hanns Eisler, das vertonte Gedicht Hermann Hesses "Im Nebel" sowie den Song „Europa“, der an das Flüchtlingsdrama im Mittelmeer erinnert.

„Mit ,Willkommen in Deutschland‘ wurden ganz neue Facetten einer Band aufgezeigt, von der man glaubte, alles zu wissen“, beschrieb der mehrfach preisgekrönte Dokumentarfilmer Eric Friedler das Crossover-Projekt, dessen Vater drei Konzentrationslager überlebte. Zur 30-jährigen Bandgeschichte drehte er 2012 einen Film „Nichts als die Wahrheit“ mit den Düsseldorfer Punkrockern. „Die Toten Hosen haben sich schon immer als eine politische Band verstanden, die sehr sensibel auf das Thema Ausgrenzung und Fremdenhass reagieren und in ihren Songtexten schnörkellose Ehrlichkeit widerspiegeln. Ich bin Fan von fünf außergewöhnlichen Männern geworden, die Schlagzeilen machen, wann sie es wollen.“

Die diesjährigen Preisträger stehen nun in einer Reihe mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, den ehemaligen Bundespräsidenten Dr. Johannes Rau und Dr. Roman Herzog, dem Journalisten und Publizisten Heiner Lichtenstein sowie der Verlegerin Friede Springer im Jahr 2013.
„Solche Worte hat noch nie jemand für uns gefunden“, sagte Campino während seiner Dankesrede. „Dies ist ein Abend, den wir nie vergessen werden. Momente wie diese sind schön, da man weiß, dass man gehört wird. Und dass man immer wieder bereitsein muss, aufzustehen.“

Hintergrund

Der deutsche Rechtsanwalt und SPD-Politiker Professor Neuberger (1902 – 1977) war Mitglied und Vorsitzender des Gemeinderates, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf sowie Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalens.

Autor:

Kirstin von Schlabrendorf-Engelbracht aus Düsseldorf

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