Zwischen Pfeffersäcken, Jugendstilvilla und G20

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Mit der DB fahren wir Freitag in aller Frühe nach Hamburg und begeben uns bei strömendem Regen in unser Hotel Nähe Harvestehuder Weg und Anneliese Rothenbaum-Chaussee - nach kurzer Diskussion ob mit Bus oder U-Bahn - lieber via Taxi. Es kostete nur 14,- Euro. In Düsseldorf hätten wir das Doppelte bezahlt.

Wir betreten eine alt ehrwürdige Stadtvilla aus der Jahrhundertwende. Hier stimmt jedes Detail aus der Jugendstil- und Art-Deco-Zeit. Vom Zuckerdöschen beim Frühstückstisch bis hin zur schwarz-weissen Berufskleidung der uns freundlich Umsorgenden - alles stilgerecht. Erstmal dürfen wir Platz nehmen im 1. Stock des kleinen Entrees der Villa, um einen wahrlich guten Kaffee zu geniessen.

Wir fahren mental runter - werden leiser und langsamer. Betreten unsere kleinen Einzelzimmer mit Art-Deko-Lampen an den Wänden sowie dramatischen Schiffs- und Landschaftsgemälden, sparsam plaziert. Roter Teppichboden vermittelt Wärme. Bad schwarz-weiss gefliesst mit alten gebogenen Hähnen.

Als wir uns treffen zur Stadtfahrt im Entree, sind wir schon Madame und Monsieur und gehen nicht, sondern schreiten. Schreiten in die Stadt zum Mahl - und landen auf Empfehlung in der "Schifferbörse". Eine grosse alte Gaststätte mit Fischgerichten - und Labskaus. Dem Monsieur hat es gemundet - ich hatte Pfannenfisch. Der abendliche Stadtführer der Lichterfahrt machte das Labskaus nieder - Monsieur hats allerdings nicht verteidigt, obwohl er das von seiner ihm inne wohnenden Power her gekonnt hätte. Ich sag dazu nix !

Gebucht hatten wir ab 20 Uhr eine Lichterfahrt mit Bus durch Hamburg incl. Bootsfahrt über die Alster und Nachtspaziergang zur Lichtershow von Planten und Blomen.

Wir nehmen oben im Bus Platz hinter einer Mutter mit 8jährigem Franz und 11jähriger Lea aus 500-Seelen-Dorf bei Helmstedt. Supernette Leute ! Der Reiseleiter hatte es mit Franz, ob er denn Fussball möge - selbstbewusst verneinte das der Knabe und liess sich auch sonst nicht vorführen. Dem Jiu-Jitsu seis gedankt, was beide Kinder ausüben - so viel war herauszukriegen.

Da sind wir auch schon bei der Alsterfahrt und unserem Reiseleiter, der mit lockerer Zunge über die "Freude" der Hamburger über den "Gipfel" parlierte und die Eigentumswohnungen, die am Elbufer für rund 1 Mio. entstehen. Bo ey...

Dann die "Elbdisharmonie" für 800 mio - das finden die Hamburger nicht mehr lustig. Ich auch nicht, nachdem wir am hellichten Tag auf der Reeperbahn einige sehr kranke Menschen auf dem Boden liegend sahen. 2000 Obdachlose in HH berichtete uns der Reiseleiter - ich denke, eher mehr...

Bei der Fahrt durch St. Pauli weist er auf das Elend der Prostituierten hin - und das das keine Folklore ist. War schon ein differenzierter Typ, der Reiseleiter.

In Planten und Blomen begeistern uns die farbigen Wasserspiele mit Musik aus der Dose - sehr stimmungsvoll. Aber als noch Gesang dazu kommt, ists too much und wir gehen schon mal auf die kleine Holzbrücke, die tief über dem Wasser liegt - dem vereinbarten Treffpunkt.

Hier erleben wir im Dunkeln die Intelligenz der Enten. Mama Ente kommt wegen ihrer Grösse nicht unter der Brüxke durch und geht an Land. Entenkind kommt zwar durch, kann aber wegen kleinen Watschelbeinchen nicht an Land gehen. Also geht Mama vor der Brücke an Land und wartet nach Brücke aufs Kind...

Da mein Begleiter und ich evtl. ein bisschen nachtblind sind, sahen wir zwar Entenmama am Ufer schnattern - aber keine Kinder. Also bevor wir nun uns Wasser sprangen, war alles gut. .

Mein kluger Begleiter orderte nach Ende der Fahrt im riesigen Hamburger Hbf noch 1 Flasche Wein - und wir waren nicht die Einzigen - und los gings in die Villa zur Miniparty.

Frühstück am Morgen vom Feinsten und dann ab in die Stadt - bei ? Sie ahnen es schon: strömendem Regen ! Hafenrundfahrt ist angesagt ! Kleine Barkasse mit Bier zur Selbstbedienung. Am hellichten Tag ein Stubbi ist Urlaub !

Die kleine Barkasse kann wegen Ebbe auch in die Speicherstadt rein. Hier sehen wir in den Kanalmauern oben und unten Eisenringe eingelassen. Die Speicher wurden elbwärts beladen von Schuten und die zogen sich an die Speicher heran mit Haken - je nach Tiedenhup mal oben, mal unten.

Wir passieren das Kreuzfahrschiffbecken und sehen 2 Aida-Schiffe, grösser sls das GAP in Düsseldorf, passieren chinesische Schrottcontainer, deren Inhalte als Hyundai und Toyota zurückkommen und lernen, das bei gutem Timing ein container in 90 Sekunden entladen werden kann. Die Entlader flitzen an uns vorbei wie Rennpferde.

Wir passieren die Elbphilharmonie, die teuersten Eigentumswohnungen der Welt und fragen uns, ob das alles mal gut gehen kann in Zukunft ? Bei diesen sozialen Gegensätzen...

Nach dieser tollen Rundfahrt und einem flotten "Hamburger" im "Hardrock cafe" an den Landungsbrücken bei super Rockmusik zu guter Lautstärke laufen wir über St. Pauli. Da ist es nach unserem Geschmack nicht schön gewesen - du wirst ständig belästigt von Junggesellengruppen - also weg hier.

An der kleinen Alster in den Arkaden mundet uns der Rose-wein wie zuvor vor dem Rathaus ein Eis. Ein Paar Schuh hier für 750 Euro - handgenäht. Wir sinnieren. Wenn es keine Kindearbeit ist und du trägst die Schuh 7 Jahre ? Was verdienen dann die Kinder ? Oder haben die die auch genäht ?

Ist doch alles Mist ! Wir gehen von den teuren Läden weg mit viel Fragen im Hirn..

Heute ist Demo angesagt mit 100.000 erwarteten Teilnehmern gegen G20 Gipfel. Weitere Demos werden folgen.
Wird es die "Politiker" zu einer Umkehr bewegen ?

Ein Stadtbesuch vor einem solch mächtigen Hintergrund, wo Polizei mit MG präsent ist, stimmt nachdenklich.

Nach Verlassen der Villa hiess es "zurück in die realität - wir sind in 2017 angekommen !"

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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