Build da Fukker 2016 Teil 2

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Custombike Fukker Wettbewerb 2016 / Teil 2

Akashi Sweets

Betrachtung der Basis

Wer die Angebotspalette gebrauchter Motorräder im Augenblick nach einer Umbaubasis mit Kultfaktor und der damit einhergehenden Szenetauglichkeit durchforstet, dürfte kaum an einer Kawasaki GPZ 550 hängen bleiben. In den 80ger Jahren auf den Markt gebracht, um das untere Leistungssegment der Sparte Reisemotorrad zu bedienen, wurde sie vom Hersteller mit allem zu dieser Zeit erdenklichen Technik-Schnickschnack ausgestattet, um am Ende doch nur zu einem Modell von vielen seiner Zeit zu werden. In der Modellgeschichte der japanischen Motorradschmiede taucht sie inzwischen eher in Nebensätzen als eine der Motorradkreationen der 80ger Jahre auf, die mit ihrem durchaus zeitgemäßen Design viel wollten und doch kaum etwas erreichten. 

Wie bei vielen dieser Maschinen, verfügte auch die GPZ 550 über einen starken Vierzylinder Motor, der mit seiner Leistungsentfaltung für das eher filigrane Fahrwerk deutlich überdimensioniert war, das sich unter all dem Kunststoff der Verkleidungsteile verbarg. Da sie sich als typisches Fahrzeug dieser Motorradgeneration kaum zur Umbaubasis eignete, wurden sie schlicht gefahren und gefahren, bis sie in allen Bereichen durch und reif für den Schrott waren.
So ging es wohl auch der GPZ, die für mein Projekt herhalten musste. Nachdem sie über  rund 63000 km mehr oder weniger klaglos ihren Dienst geleistet hatte, stand sie seit ein paar Jahren kaum beachtet in der Werkstattecke eines Bekannten. Die Frage, was denn eigentlich mit der verstaubten Kawa in der Ecke sei, stellte sich eigentlich nie. Wie in vielen anderen Werkstätten, gab man sich auch hier vorrangig dem amerikanischen Eisen verbunden und in ein von Bobbern und Choppern geprägtes Bild amerikanischen Easy Rider Feelings wollte der Kunststoffbomber aus Fernost nun überhaupt nicht passen. Dass ich mich für sie interessierte war wohl eher einer motorisierten Durststrecke und der damit verbundenen Suche nach einer tatsächlich günstigen Übergangslösung bis zum Abschluss eines anderen Projektes geschuldet. 

"Ob sie zum Verkauf steht?" Die Frage wurde vom Kopf der Werkstatt mit knappen Worten und vermutlich auch ohne jeden Gedanken an ein mögliches Geschäft beantwortet. Für 250,- Euro könnte ich sie sofort eintüten, wobei die Höhe des Preises mit der montierten 4 in 1 Auspuffanlage von Laser entschuldigt wurde. Die Kawa selber sei dagegen wohl kaum noch etwas wert.

Nun gibt es an der Summe von 250,- Euro für ein komplettes Fahrzeug kaum noch etwas zu verhandeln und so wechselten das Geld und die GPZ den Besitzer und meine Garage war um eine weitere Bastelbude reicher. Als Beispiel einer, in den 80ger Jahren gepflegten Fahrzeugkultur, warf die Kawa so viel Geschmacksirrläufer in die Waagschale, das ich mich zunächst dazu entschloss sie als ein Abbild ihrer Zeit im Originalzustand zu belassen und sie lediglich technisch auf Vordermann zu bringen. Bereits die oberflächliche Sichtung der Basis ließ mich dieses Vorhaben jedoch bereits wieder zu den Akten legen. Wie man das von den Kunststoffteilen dieser Jahrgänge kennt, hatten sich die Weichmacher des Kunststoff längst verflüchtigt und das Material spröde. Viele der Haltepunkte waren dementsprechend nicht nur von den üblichen Vibrationsrissen gezeichnet, sondern wiesen zum Teil auch kaum noch zu rettende Ausbrüche auf. 
Einige der billig gefertigten Blechhalterungen waren gebrochen und vor allem an den nicht zugänglichen Stellen stark vom Rost zerfressen. Die zum Anlasser führenden Kabel waren verrottet und brüchig. Am Übergang der Kabel in den Anlasser war die Führung weggebrochen und vom Vorbesitzer so unsachgemäß mit Silikon geflickt worden, das die ersten Startversuche mit einem mittelprächtigen Kabelbrand am Anlasser endeten und diesen für den Weg in die Tonne vorbereiteten.

Selbst eine Verwertung der noch brauchbaren Teile, würde mit einem Blick in die Angebotspalette der bekannten Internetplattformen kaum etwas bringen, wurden dort doch bereits unzählige GPZ Teile wie sauer Brot angeboten. Um das Geld für den Transport zum Schrotthändler zu sparen, ging ich ans Zerlegen, um die GPZ im Kofferraum meines PKW in Teilen nach und nach dem Schrott zuzuführen. Eine Entscheidung, die ich nicht bereuen sollte. 

Nachdem alle Kunststoffteile, der Tank und die Sitzbank entfernt und in Müllsäcken verstaut auf den Abtransport warteten, ließ ich den Blick in einem kurzen Augenblick der Ruhe über das Rahmengeflecht und die reine Motorbasis der Kawa wandern und wurde dabei von einem ungewöhnlich klaren Bild, des bis zu diesen Zeitpunkt im verborgenen schlummernden Potenzials der Basis überrascht. Eine sauber gearbeitete Alukastenschwinge, mit zentralem Federbein, das sich weit unterhalb eines filigranen Hilfsrahmens abstützte. Der Rahmen, in klassischer Manier aus Rohrstücken zusammengefügt. Ein, die Sinne ansprechender Motorblock, der mit seiner angefügten Vergaserbatterie den Rahmen sauber ausfüllte und sich mit einem kleinen aufgesetzten Tank sicherlich gut in Szene setzen lassen würde.

So sitze ich also einige Zeit in meiner Garage vor dem jetzt noch groben Gerüst eines Motorrades, das im ursprünglichen Denken seiner Konstrukteure in fernen Japan, einem völlig anderen Anspruch gerecht zu werden hatte und beginne im Kopf die Form einer Maschine zu endwickeln, die es so nie gegeben hat. Zunächst reine Gedankenspielerei, die sich mit der ersten Sichtung möglicher Teile und dem zeichnen von Schablonen schnell zur praktischen Arbeit und Umsetzung von Plänen wandelt.  

Text und Fotos: Gasolin Alley Garage

Autor:

Peter Markus aus Duisburg

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