Ein Besuch in der Walsumer Kleiderkammer für Asylbewerber

Gelebtes bürgerschaftliches Engagement: Acht Ehrenamtlerinnen kümmern sich um die Walsumer Kleiderkammer für Asylbewerber in der ehemaligen Frankenschule.
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Fotos: Hannes Kirchner

„Lassen Sie die Tasche bitte stehen, die ist viel zu schwer für Sie in Ihrem Zustand. Ich bringe Ihnen Ihre Kleider nach 17 Uhr vorbei.“ Ingrid Beekmann begleitet die Hochschwangere zur Tür. Seit Januar leitet die 72-jährige Lehrerin im Ruhestand die Kleiderkammer für Asylbewerber in der ehemaligen Frankenschule in Walsum.

In der einstigen Küche der geschlossenen Hauptschule steht Doppelregal an Doppelregal. Darin – sauber gestapelt – T-Shirts, Hemden, Blusen, Kinder- und Babybekleidung. Was nicht mehr in die Regale passt, hängt auf Kleiderstangen und -ständern.
„Die Spendenbereitschaft der Walsumer ist groß, dafür sind wir sehr dankbar“, so Beekmann. Gemeinsam mit sieben ebenfalls ehrenamtlichen Frauen ist sie hier zweimal wöchentlich im Einsatz, nimmt Ausrangiertes entgegen, sortiert, räumt ein, um es dann montags und freitags von 15 bis 17 Uhr an den Mann, die Frau und das Kind zu bringen.

Waltraud Laufer (78) sichtet einen eben abgegebenen Karton und sortiert einige Teile gleich aus. „Wir haben schon einen Blick dafür, was gefällt, und was hier nicht gebraucht wird. Kurze Röcke oder Kleider in Übergrößen zum Beispiel gehen gar nicht. Die geben wir gleich weiter an die Kleiderkammer der evangelischen Kirche oder an das Kaufhaus der Diakonie.“

Einfallsreichtum ist gefragt, wenn dringend etwas ganz Bestimmtes benötigt wird, beispielsweise ein Kinderwagen. „Als ehemalige Lehrerin kenne ich fast ganz Walsum. Wenn wir hier etwas brauchen, bekomme ich das auch. Ich kann sehr hartnäckig sein“, erzählt Ingrid Beekmann lachend. Überhaupt, Lachen und Humor seien wichtig, ergänzt Waltraud Laufer, das schweiße zusammen und helfe auch über schwierige Situationen hinweg. „Im März haben wir die ersten Flüchtlinge aus Arnsberg erwartet und extra alle Wintersachen für sie vorbereitet, während wir die Sommerkleidung in Kisten einlagerten. Dummerweise kamen sie aber wegen Masern erst im Mai, sodass wir in kürzester Zeit wieder umsortieren mussten.“

Aus Afghanistan, Eritrea, Myanmar, Syrien und Serbien kommen die Männer und Frauen, die größtenteils im Asylbewerberheim an der Königstraße leben und die Kleiderkammer gerne nutzen. Wie klappt es da mit der Verständigung? „Da muss man flexibel sein. Wenn englisch und deutsch nicht funktionieren, verständigen wir uns mit Mimik und Gestik. Bisher hat es immer geklappt.

Währenddessen hat ein Knirps in einem der Regale ein original verpacktes Trikot der deutschen Fußballnationalmannschaft entdeckt. Schüchtern nähert er sich und streckt es Ingrid Beekmann stumm entgegen. „Das darfst du behalten“, sagt sie. Der Junge versteht nicht, schaut sie fragend an. Sie packt das Trikot aus und drückt es ihm fest in die Arme. Da versteht er, strahlt und umarmt Ingrid Beekmann. Es geht eben auch ohne große Worte ...

HINTERGRUND
 Im Januar stellte die Stadt den Küchenraum der ehemaligen Frankenschule an der Frankenstraße in Walsum für die Kleiderkammer zur Verfügung. Das Diakonische Werk Dinslaken baute Regale und Kleiderständer auf.
 Ingrid Beekmann, Waltraud Laufer, Karin Freesmann, Inge Corsten, Hiltrud Voss, Steffi Beckmann und Christa Frenzel sind hier ehrenamtlich tätig.
 Die Kleiderkammer in der ehemaligen Frankenschule ist montags und Freitags von 15 bis 17 Uhr für Nutzer und Spender geöffnet.
 Um eine gleichmäßige Verteilung zu sichern, haben maximal drei Asylbewerber-Familien gleichzeitig Zutritt. Dazu erhalten sie von der Heimleitung König­straße Berechtigungsbons.
 Immer gebraucht werden Handtücher, Bettwäsche, Herren- und Kinderschuhe, Kinderwagen und Fahrräder.

Autor:

Claudia Brück aus Düsseldorf

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