Sommerinterview mit Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link: "Wir brauchen Taten"

Oberbürgermeister Sören Link: „Wir haben eine Menge geschafft, aber es ist noch viel zu tun.“ | Foto: Hannes Kirchner
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Im Juli 2012 wurde Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link in sein Amt eingeführt und vereidigt. Für sechs Jahre wurde der Walsumer gewählt. Zeit, im Sommerinterview zunächst nach der Halbzeit-Bilanz des Stadtoberhauptes zu fragen.

LK: Was war Ihnen ein besonderes Anliegen für Duisburg, was konnten Sie bereits umsetzen?

Sören Link: Ein zentrales Anliegen war, ist und bleibt das Thema Loveparade. Die Überwindung dieser peinlichen Phase der Sprachlosigkeit der damaligen Stadtspitze, letztlich aber auch der Stadt Duisburg gegenüber den Angehörigen. Eine Aufgabe, die mir die Menschen damals mitgegeben haben, als sie mich in das Amt wählten. Ich denke, da haben wir viel geschafft.
Mit Pfarrer Widera wurde ein Ombudsmann für die Angehörigen und Betroffenen ernannt. Es gibt nun eine ständige Ansprechpartnerin in meinem Dezernat. Regelmäßig finden Gespräche mit Angehörigen statt, beispielsweise über die Weiterentwicklung der Gedenkstätte.

Was waren weitere Themen?

Sören Link: Beispielsweise die Rettung der Gebag nach dem Küppersmühlen-Desaster. Sie kann sich jetzt wieder um ihre ureigensten Belange, den sozialen Wohnungsbau, kümmern. Beispiel Lehmbruck Museum: Als ich den Kuratoriumsvorsitz übernommen habe, stand das Museum kurz vor dem finanziellen Kollaps. Wir haben einen ambitionierten Konsolidierungsplan aufgestellt. Das Museum ist heute finanziell wieder handlungsfähig.

Ein Wahlversprechen: Es gibt kostenlose Büchereiausweise für alle Kinder bis zum sechsten Schuljahr. Und ein Weiteres: das 48-Stunden-Dreck-weg-Versprechen. Über 15 000 Dreckecken wurden seitdem gemeldet, im öffentlichen Bereich von den Wirtschaftsbetrieben beseitigt. Jede Schule erhält dauerhaft wieder einen Hausmeister, vor Ort ein wichtiger Ansprechpartner.

Der Ausbau der U3-Betreuung wurde weiter vorangetrieben, sowohl was Plätze, als auch die Qualität der Betreuung angeht. Wir sind die einzige Stadt in NRW, in der es keine Klagen gibt, weil Eltern keinen Platz bekommen haben.

"Natürlich gibt es immer Dinge, die man hätte anders machen können."

Zentrale Bauprojekte wurden – teilweise neu – gut aufgestellt, werden jetzt realistisch geplant und umgesetzt. Beispiele sind die Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes, die Ansiedlung des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz und Hotels rund um den Hauptbahnhof sowie das Marientor Carree. Hier bin ich zuversichtlich, bis Ende des Jahres einen neuen Investor präsentieren zu können.

Mit dem Verkauf der verbliebenen Anteile an den Städtischen Kliniken und den zugesagten Investitionen in Höhe von 105 Millionen Euro ist uns eine gute Regelung für den Gesundstandort Duisburg gelungen.

Was hätten Sie, im Rückblick, anders, vielleicht besser machen können?

Sören Link: Natürlich gibt es immer Dinge, die man hätte anders machen können. Ich bin ein selbstkritischer, lernfähiger Mensch. Im Großen und Ganzen aber bin ich sehr zufrieden mit den ersten drei Jahren.

Was sind die drängendsten Themen der kommenden drei Jahre?

Sören Link: Deutschlandweit in den nächsten zwei bis drei Jahren das Thema Asyl.

Uns Duisburger betrifft zudem besonders das Thema Finanzen, um aus eigener Kraft den Haushaltsausgleich bis zum Jahr 2021 zu erreichen. Bei Bund und Land konnten wir uns mit Forderungen nach zusätzlicher finanzieller Unterstützung durchsetzen: für notwendige Investitionen und als Entlastung für soziale Aufgaben wie die Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen und die Folgen der Zuwanderung aus Südosteuropa.

Darüber hinaus brauchen wir mehr Arbeitsplätze in unserer Stadt, mehr Berufsperspektiven. Wir brauchen mehr hochwertigen Wohnraum für Menschen, die innerhalb Duisburgs umziehen oder die aus dem Umkreis von Düsseldorf herziehen möchten.

Die Flüchtlingspolitik, die wachsende Zahl an Notunterkünften beschäftigen die Bürger. In einigen Stadtteilen kam es bereits zu offenen Unmutsbekundungen. Was muss geleistet werden, was kann Duisburg leisten, damit ein friedliches Miteinander gelingt?

Sören Link: Duisburg bekommt Flüchtlinge zugewiesen. Wir müssen diese Menschen menschenwürdig unterbringen. Dabei helfen die sozialen Netzwerke vor Ort, Kirchen und Sozialverbände, die sich um die Belange der Flüchtlinge kümmern.

Ich verstehe aber die Sorgen der Bürger, die Fragen. Diese Fragen müssen Politik und Verwaltung aufgreifen und beantworten.

"Was uns nicht hilft, sind Sonntagsreden aus Berlin."

Eins ist jedoch klar: Auf der anderen Seite hat die Stadt viele Forderungen an Land und Bund. Da geht es um die Finanzausstattung. Asyl darf nicht die Aufgabe der Städte sein, da sind Land und vor allem Bund gefragt. Wir brauchen Geld und schnellere Prüfverfahren. Was uns nicht hilft, sind Sonntagsreden aus Berlin. Wir brauchen Taten. Wenn nicht eine Stadt wie Duisburg das fordert, wer dann? Wir leben hier schließlich mit den Folgen.

Ob Sparvorschläge oder Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes: Die Stadt wirbt gerne um Bürgerbeteiligung. Die Bürger dagegen sehen ihren Willen unter anderem beim geplanten FOC in Hamborn, dem Leerzug der Zinkhüttensiedlung oder nach dem Fällen der Mercatorbäume nicht beachtet. Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe sieht anders aus, sagen Kritiker. Was sagen Sie?

Sören Link: Bürgerbeteiligung ist mir ein wichtiges Anliegen, ich nehme sie sehr ernst. Ich glaube, dass wir in Duisburg vieles versuchen, um die Menschen mitzunehmen. Die letzten drei Jahre haben gezeigt, wie wichtig es ist, so transparent und kommunikationsbereit wie möglich zu arbeiten.

Es wird aber immer Bürger geben, die eine andere Position haben als die Verwaltung, als die Politik. Es können naturgemäß nicht alle zufrieden gestellt werden. Ich habe als Oberbürgermeister die Interessen der Gesamtstadt im Auge. In der Abwägung kann es dazu führen, dass einzelne Interessen hintenan stehen müssen.

"Bürgerbeteiligung ist mir ein wichtiges Anliegen."

Darüber hinaus ist auch ein demokratisch gewählter Rat Ergebnis einer Bürgerbeteiligung. Die Ratsleute sind von Bürgern gewählt worden, um Dinge zu entscheiden.

Die Polizeigewerkschaft GdP hat vor „No-Go-Areas“ im Ruhrgebiet gewarnt, unter anderem war von Marxloh die Rede. Welche gestalterischen Möglichkeiten hat die Stadt in so genannten Problemvierteln?

Sören Link: Ich finde es befremdlich, wenn Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen solche Formulierungen benutzen.

Wir haben Stadtteile, Viertel, Quartiere mit Problemen. Hier reagieren wir mit sehr unterschiedlichen Lösungsansätzen. Teilweise fördernd durch Integrationslotsen, durch das Programm „Soziale Stadt“, durch das Projekt „Unser Haus Europa“, durch Sprachförderung. Menschen, die guten Willens sind, wollen wir eine Brücke in die Gesellschaft bauen.

Wir reagieren aber auch fordernd, restriktiv, beispielsweise mit der Task Force Problemimmobilien. Das gehört zu einer verantwortungsvoll handelnden Stadt.
Die Probleme lassen sich nicht mit markigen Sprüchen lösen, sondern mit konsequentem, nachhaltigem Handeln.

Auf was möchten Sie am Ende Ihrer (ersten) Amtszeit stolz sein können?

Sören Link: Schwierig,mit einem Satz darauf zu antworten. Ich möchte, dass Duisburg 2018 besser dasteht als 2012, dass Duisburg mehr aus seinem Potenzial macht, denn davon hat die Stadt genug.

Autor:

Sabine Justen aus Duisburg

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