"Zukunftsstadtteil e.V." schreibt offenen Brief an Innenminister Friedrich

Innenminister Dr. Hans-Peter Friedrich | Foto: Pressefoto Henning Schacht
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Hier das Schreiben vom 26. Februar 2013 im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Innenminister,

wir melden uns aus Hochfeld, das aktuell in den Medien eine Rolle im Zusammenhang mit Armutsmigration spielt. Im heute-Journal am 19.2.2013 wurde unser Stadtteil vor Ihrem Interview vorgestellt. Wir erleben Armutsmigration nicht aus sicherem Abstand, sondern mit Tuchfühlung.

Wie auch unsere Stadt Duisburg, der Städtetag und andere fordern wir die Bundesregierung auf, ein tragfähiges Konzept zur Integration besonders von Armutsmigranten vorzustellen und uns zugänglich zu machen. Die von Ihnen auch im Interview getroffene Aussage, wer Hilfe erschleiche, muss Deutschland verlassen, ist nicht die Antwort, die auch nur im Ansatz zur Lösung beiträgt.

Selbstverständlich gehen wir davon aus, das Recht und Gesetz in Deutschland eingehalten werden. Aber es ist in der Sache falsch, den Eindruck zu erwecken, Gesetzesbrecher seien das Problem. Wir können Ihnen aus unserer Sicht sagen, dass sind die Wenigsten.

Wer in der Welt herum gekommen ist, weiß, wir leben in Deutschland im Paradies. Selbst die problematischsten Stadtteile liegen hinsichtlich Substanz, Wohnqualität, Ordnung und Sicherheit deutlich über dem Durchschnitt. Wir möchten, dass das so bleibt. Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt und es ist vollkommen verständlich, wenn auch Menschen aus prekären Verhältnissen sich hier ein besseres Leben versprechen.

Wir sind große Verfechter der europäischen Idee und wir akzeptieren, dass nicht allein Mediziner und IT-Experten aus Europa auf die Idee kommen, sich um Arbeit in Deutschland zu verdingen. Wir sind immer bereit, unseren Beitrag zur Integration und zu einem gedeihlichen Miteinander der Kulturen zu leisten.

Mitglieder unserer Gruppe sind mit Überzeugung in unseren Stadtteil gekommen, weil er attraktiven urbanen Lebensraum direkt zwischen Stadtmitte und Rhein bietet. Wir engagieren uns umfangreich zum Wohle des Stadtteils und bemühen uns darum, diesem eine Stimme zu geben*) . Als wir in den letzten 15 Jahren aus anderen Stadtteilen oder von außerhalb nach Hochfeld gekommen sind, gab es begründete Hoffnung auf einen Imagewandel zum Positiven und eine Reduzierung von überforderten Nachbarschaften.

Durch die offensichtliche Hilflosigkeit der Politik in der EU und in Deutschland, adäquat auf Konsequenzen aus der eigenen Gesetzgebung zu reagieren, laufen wir nun Gefahr, das nicht allein überforderte Nachbarschaften, sondern überforderte Stadtteile und ganze Städte die Zukunft bestimmen können.

Die Verwerfungen durch aktuelle und zu erwartende Migrationsbewegungen in Problemstadtteile sind nicht in erster Linie den Armutsflüchtlingen anzulasten, sondern einer offensichlich überforderten Politik.

Wir bieten Politik und Verwaltung auf allen Ebenen unseren endogenen Sachverstand und Kenntnisse aus der Praxis und Realität vor Ort an, um gemeinsam Konzepte zu entwickeln, die realistisch und realisierbar sind. Stets bemühen wir uns selbst, Ansätze zu entwickeln, sei es im Rahmen der Teilnahme als Modellstandort in einem ExWoSt-Projekt des Bundesbauministeriums (zwischen 2009 und 2011) oder mit einem aktuellen Konzeptvorschlag zum Thema Schrottimmobilien, den wir am 29. Januar an Minister Groschek und das Stadtbaudezernat in Duisburg geschickt haben.

Wir fordern, Stadtteile wie unseren mit Mitteln und Infrastruktur auszustatten, um Zuwanderer mit einem unserem Land würdigen Standard empfangen zu können und um sie über Rechte und Pflichten zu informieren.

Städte wie Duisburg können nicht allen Zuwanderern eine Perspektive und Arbeit geben. Die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen ist unabdingbar.

Wir fordern zusätzlich die Ordnungsbehörden und den Zoll zur Kooperation auf, um Nutznießern der Not und Schleppern das Handwerk zu legen und um Infrastrukturen für organisierte Kriminalität, die sich verschiedentlich entwickelt, im Keim zu ersticken.

Den Schlüssel zu einem Miteinander der Europäer hat die Politik in der Hand.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Willhardt
1. Vorsitzender

Autor:

Harald Molder aus Duisburg

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