Informationstafel enthüllt: Erinnerungen an "Panzerbau 3"

Mitarbeiter der GSE (Gesellschaft für soziale Dienstleistungen) haben eine Erinnerungstafel an der Ecke Weidkamp/Grasstraße aufgestellt und am Nachmittag wurde die Tafel feierlich ihrer Bestimmung übergeben. | Foto: Brändlein
  • Mitarbeiter der GSE (Gesellschaft für soziale Dienstleistungen) haben eine Erinnerungstafel an der Ecke Weidkamp/Grasstraße aufgestellt und am Nachmittag wurde die Tafel feierlich ihrer Bestimmung übergeben.
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Am vergangenen Dienstagmorgen haben Mitarbeiter der GSE (Gesellschaft für soziale Dienstleistungen) eine Erinnerungstafel an der Ecke Weidkamp/Grasstraße aufgestellt und am Nachmittag wurde die Tafel feierlich ihrer Bestimmung übergeben.

von Doris Brändlein

In dem grünen Naherholungsgebiet in Borbeck, mit viel Auslauf für Spaziergänger mit und ohne Hund, erinnert nichts mehr an die frühere Nutzung des Geländes.
Von 1941 bis 1945 befand sich dort eine Rüstungsfabrik der Firma Krupp, in der bis zu 1400 Arbeiter Panzerteile, wie Wannen und Panzertürme, herstellten.
„Trotz der über 1000-jährigen reichhaltigen Geschichte der Stadt Essen
kommen wir nicht an der Geschichte der Familie Krupp vorbei“, betont OB Thomas Kufen. „Aber wie wir in Essen mit unserer Geschichte umgehen, findet auch im Ausland Anerkennung“.
Der Borbecker Bürger- und Verkehrsverein (BBVV) und der Kultur-Historische Verein Borbeck (KHV) wollen mit dem Aufstellen der von Tim Slotta (PPR-Werbeagentur) entworfenen Informationstafel an ein fast vergessenes Kapitel der Ortsgeschichte erinnern. „Damit wollen wir den Blick für die Geschichte öffnen und dem Vergessen entgegenwirken“, so die Vorsitzenden Susanne Asche (BBVV) und Jürgen Becker (KHV). Beiden Initiativen ist es ein besonderes Anliegen, prägende Ereignisse und Orte der Borbecker Geschichte der Öffentlichkeit zu vermitteln und die Erinnerung daran wach zu halten.
Ab Sommer 1941 entstanden auf dem Gelände unter dem Projektnamen „Tiger“ mit knapp 20 Millionen Reichsmark zwei Bauabschnitte für eine Rüstungsfabrik. Bis zu 1400 Arbeiter fertigten hier wichtige Grundbestandteile für Panzer, rund die Hälfte der Arbeitskräfte als Zwangsarbeiter, vor allem aus Frankreich, aus den Niederlanden, Italien und den besetzten Staaten Osteuropas.
Weil die Fabrik im Kriegsverlauf zunehmend Ziel verheerender Luftangriffe wurde, verlegte man die Fertigung zusätzlich in ein unterirdisches Geschoss – bis die Fabrikation im „Panzerbau 3“ kurz vor Kriegsende zum Erliegen kam. Alles, was brauchbar war, ging bis 1949 als Reparationsleistung in die Sowjetunion und das Gelände verwilderte. Bis Ende der 1950er Jahre wurden die oberirdischen Reste niedergelegt, die Eingänge in die Unterwelt und die Luftschächte provisorisch verfüllt. Zurück blieben die mehr als ein Fußballfeld großen Fundamente.
Als das Areal 1980 von Krupp an die Stadt Essen verkauft wurde, entstand aus dem Aushub der U-Bahn die heute noch das Landschaftsbild bestimmende große Halde, die damit einen großen Teil der unterirdischen Waffenfabrikation bedeckte.
„Meine Eltern sind 1956 mit mir in den Brauk gezogen und ich habe das ehemalige Panzerbaugelände als Abenteuerspielplatz erlebt“ berichtet Franz Josef Gründges. „Es war natürlich verboten, da zu spielen, aber wir konnten noch durch die aufgebrochenen Platten in die unterirdischen Fabrikationshallen hineinschauen“.
Damit „kein Gras über die Geschichte wächst“ erinnert ab jetzt die Infotafel an dieses eher dunkle Kapitel der Essener Geschichte.

Für Franz Josef Gründges vom Förderverein Schloss Borbeck ist ein Wunschtraum ist in Erfüllung gegangen.
Seine persönliche Worte zur diesem ganz besonderen Ort:
"Der Panzerbau – Ort der persönlichen Erinnerung seit sechzig Jahren: Abenteuerspielplatz auf verbotenem Gelände, heimlicher Ort des ersten Kusses, Anlass für Versöhnung nach dem Kriege, Abenteuerspielplatz für die Töchter, umweltpolitischer Kampfplatz, Geschichtsunterricht vor Ort, Objekt wissenschaftlicher Aufarbeitung, Ort der Erinnerung in der Ferne...
So nehme ich denn den Panzerbau nach einer über sechzig Jahren währenden Beziehung in den letzten Abschnitt meines Lebens mit – nicht als belanglose biografische Arabeske, sondern als unvergesslichen Ort der Erinnerung an Kindheit, Jugend und Erwachsenensein und an die Heimatstadt Essen. Hier, unter dieser einfachen Tafel, wurzelt tiefe persönliche Erinnerung. Ich danke allen, die das Aufstellen der Tafel ermöglicht haben, von ganzem Herzen."

Autor:

Lokalkompass Borbeck aus Essen-Borbeck

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