Kolumen "Blick ins Leben" von Heidi Prochaska

Theorie und Praxis

Ich bin früh dran und entspannt, denn ich weiß, wo ich parken kann. Mitten in der Stadt gibt es damit oft Probleme. Nur bei diesem Kunden ist die hauseigene Parkgarage kaum belegt. Der freie Parkplatz ist quasi garantiert. Fünfzehnmal hat das im letzten Jahr perfekt geklappt.

Ich ziehe einen Parkschein und steuere siegessicher auf meinen Lieblingsparkplatz zu. Besetzt. Was ist heute los, denke ich und fahre langsam die Reihe belegter Stellplätze ab. Alles voll. Unwillig fahre ich durch den nächsten Gang und nehme stirnrunzelnd den dritten Gang, der mich zielsicher wieder zur Ausfahrt führt. Alle Parkbuchten sind belegt, obwohl ich einen Parkschein ziehen konnte. Bin ich heute blind? Meine Stirnfalte wird tiefer. Ich fahre um die Ecke und sehe fünf freie Behindertenparkplätze direkt am Eingang. Schon früh hat man mir eingebläut: Du kannst alles tun, aber stelle dich niemals auf einen Behindertenparkplatz. Auf der anderen Seite glaube ich fest, einen Anspruch auf einen Parkplatz nahe am Eingang zu haben. Was tun?

Ich stelle mich auf den Behindertenparkplatz und gehe bepackt wie ein Maulesel zum Eingangsbereich der Behörde. Die Frau, dessen Blickkontakt ich als erstes bekomme, informiere ich über meine Parksituation. Ich habe kaum ausgesprochen, da erreicht mich ein entrüstetes: „Da können Sie auf keinen Fall stehen bleiben“. Auf die Frage, wo ich denn sonst parken könnte, bekomme ich eine schwammige Antwort. Ich bleibe ruhig und weiß, dass ich dort auf gar keinen Fall wieder wegfahren will. Während sie ihre Aufforderung mehrmals vehement wiederholt und ich freundlich aber bestimmt widerstehe, warte ich auf eine Lösung.

Sie erscheint in Form einer zweiten Empfangsdame, die ich in der Vergangenheit nicht nur höflich, sondern bei einem Versehen auch großzügig behandelt habe. Sie notiert mein Kennzeichen und eine Telefonnummer und löst damit elegant das Problem.

Um eine reale Erfahrung reicher gehe ich beschwingt in den Seminarraum. Das heutige Thema lautet: Deeskalation.

Autor:

Heidi Prochaska aus Essen-Borbeck

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