Mein Praktikum (6) ... als Reinigungskraft in Essen-Frintrop

Ein Eimer, Allzweckreiniger, Besen und Kehrblech, dazu eine Hand voll Lappen. Mehr haben Klaus Schroer und ich, auf dem Weg in unser erstes Treppenhaus, nicht im Kofferraum deponiert.

Irgendwie hatte ich einen Hochdruckreiniger erwartet. Viel Chemie. Atemschutzmasken. Oder zumindest doch einen semi-professionellen Wischmop.
Darüber kann mein neuer Chef, der als Ein-Mann-Unternehmen zugleich auch sein eigener ist, nur müde lächeln. „Ich habe das Putzen nicht erlernt und fahre keine großen Geräte auf“, erklärt er mir seinen Arbeitsstil. „Ich mache das eben so, wie ich es von Haus aus gelernt habe.“ Denn schon von Klein auf sei es in seiner Familie üblich gewesen, mit anzupacken. Und genauso,wie es er eben bei Muttern gezeigt bekommen hat, setzt er seine Fähigkeiten heute beruflich ein. Quasi eine Reinigung „nach Hausfrauenart“.
Schroers Kunden wissen das - und wissen es zu schätzen. „Ich gehe offen damit um, was ich anbiete“, versichert der selbstständige Frintroper. Boden, Türen, Treppen und Fenster gehören zu seinem Repertoire. Gebäudefassaden oder große Bürokomplexe hingegen kann er nicht anbieten. „Ich bin ja keine Reinigungsfirma, wie soll ich das denn leisten?“, ist er lieber sich selbst und anderen ehrlich gegenüber.

"Ich arbeite lieber allein"

Und sich vergrößern, weitere Mitarbeiter einstellen? So richtig kann er sich das nicht vorstellen. „Ich habe es mal versucht“, gesteht Schroer. Mehr als ein paar Probestunden seien dabei aber nicht heraus gekommen. „Irgendwie verlasse ich mich lieber auf mich allein“, sind seine Abläufe eingespielt und er derzeit zufrieden mit seinem Auftragsumfang.
„Ich kenne meine Kunden, habe mir einen guten Stamm aufgebaut, die Arbeitsstellen und -wege passend zurecht gelegt, dass ich vieles auch nur mit dem Fahrrad ansteuern kann.“ Zumal eine Vegrößerung der Dienste auch finanzielle Veränderungen mit sich brächte. Kurzum: Man ist zufrieden mit dem Ist-Zustand.
Dann kann es ja auch endlich an die Arbeit gehen. Und die beginnt, welch Überraschung, in einem üblichen Mehrparteien-Treppenhaus. „Bezahlt werde ich nach Etage“, so Schroer. So können sich die Mieter auch flexibel der Hilfskraft anschließen, oder es eben lassen. Bis unters Dach putzen müssen wir in diesem Hause nicht, dafür aber auch in den Kelleräumen reinemachen. „Hier kommen wir auch an Wasser“, erhalte ich erste Tipps. Stimmt, daran habe ich gar nicht gedacht. „Manchmal lassen mich auch Vermieter oder Bewohner in ihre Wohnungen, um den Eimer voll zu machen.“ Dann sei das Wasser auch warm, das sei bei den Kellerkränen nicht der Fall.
Apropos Wasser, wie ist das denn wohl mit dem „ ... lassen“? „Auch da muss man mal anschellen und nett anfragen - oder eben an der nächsten Tanke beispielsweise halten.“ Was bleibt einem auch für eine Wahl, wenn man dauernd auf Achse ist und sich kein mobiles Klo unter den Arm schnallen kann.
Wir sind an der zweiten Adresse angekommen. Wieder brauchen wir Wasser, wieder muss von oben nach unten das Treppenhaus bis hinein in den Keller gesäubert werden. Diesmal aber haben wir Kundenkontakt und bekommen sogar einen Kaffee nach Gusto serviert.

Fußmatten, Treppengeländer, Fensterscheiben

Zeit, dass Klaus mir mal die Feinheiten der Arbeit nahe bringt. „Das Geländer nicht vergessen!“, weist er mich an, die Augen offen zu halten. Fensterbretter und andere Ablagen werden nicht zwangsläufig wöchentlich gereinigt. Dafür aber Fußmatten ausgeschüttelt und natürlich gehören auch die Türen dazu. „Schnapp dir mal den Abzieher.“ Etwas argwöhnisch schaut mir mein Ausbilder bei der Scheibenreinigung zu. „Tut mir leid, ich bin das alleine arbeiten gewöhnt“, hat er sogar ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass er mich nicht besser einweisen und einbinden kann. Aber die Zeit drängt ja auch. Und mir ist das mit dem Putzen, wovor ich mich zuhause schon so gern drücke, auch so mehr als genug. Aber: Psst, nicht verraten!
So trauere ich nicht dem letzten Auftrag des Tages hinterher. Absage. Die Dame kränkelt. Auch das kann passieren, schließlich sind es nicht nur die Berufstätigen, die Hilfe benötigen, sondern oft auch die Alten. Schroer nimmt es locker. „Dann komme ich eben morgen vorbei.“ Das Fenster wird also garantiert wieder sauber. Auch ohne mich. Oder vielleicht sogar deshalb.

Autor:

Sara Drees aus Dortmund

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