Kreativität ist Trumpf im Johann-Grimhold-Haus

Kreative Ordnung. Vor allem Blumen sind die bevorzugten Motive von Hanni Wendel aus der Gruppe „Therapeutisches Malen.“ Auch ihr Zimmer zieren viele eigene Motive.
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  • Kreative Ordnung. Vor allem Blumen sind die bevorzugten Motive von Hanni Wendel aus der Gruppe „Therapeutisches Malen.“ Auch ihr Zimmer zieren viele eigene Motive.
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Pastelltöne leuchten von den Wänden im Flur des Evangelischen Senioren-zentrums im Johann-Grimhold-Haus. Passend zu diesen warmen, freundlichen Farben strahlt mir auch das Lächeln von Bärbel Schenkluhn entgegen. Die Leiterin des Sozialen Dienstes bildet das Empfangskomitee und soll mich einführen in die Tiefen des „Therapeutischen Malens.“

Also geht es die paar Meter bis zum temporären Atelier gemeinsam weiter. Angesichts der frühen Stunde und meines ersten Termins nach einer Woche Urlaub bin ich dankbar, dass meine Begleitung mich nicht wie ein Wasserfall gleich in den ersten Sekunden mit allen wichtigen und vielleicht auch unwichtigen Informationen überschüttet, sondern die Stille wirken lässt. Langsam dringen die ersten Stimmen an mein Ohr, erst fast unmerklich, dann immer deutlicher dringt der unverkennbare Geruch von Aquarellfarben in meine Sinne. Er mischt sich langsam mit den Wortfetzen „langsam ansetzen“, „ich hole ihnen die gelbe Farbe“ oder „Wo bleibt denn bloß Frau Schörner“ zu einem ersten Bild.
Die Darstellung meiner Phantasie wird dann nur Sekunden später in vielen Punkten bestätigt. Auf den Tischen herrscht ein geordnetes Chaos von Papier, teils mehr teil weniger weit fortgeschrittenen Kunstwerken, Wasser bechern, offenen und geschlossenen Farbgläsern, Pinseln in jeglicher Form und Größe und all‘ den Dingen, die ansonsten unverzichtbar sind, um eine möglichst genaue Darstellung der Wirklichkeit auf Papier zu bannen – wie ein leeres Brillenetui, ein paar Tücher zum Abwischen und die unverzichtbaren Mappen mit den bereits fertig gestellten Bildern. Kreatives Chaos trifft es gut und nicht nur die vielen Künstlerutensilien verbreiten eine Wohlfühlatmosphäre.
Diese wird noch intensiviert durch Chefmalerin Doris Heterhaus-Hicking und ihre beiden unverzichtbaren Helferinnen Christa Joskowiak und Gabriele Lamprecht. Seit vielen Jahren ist das Trio ein eingespieltes Team. Klar, dass da dann auch für Doris Heterhaus-Hicking die Zeit bleibt, um über die Entstehung der Gruppe und ihre wöchentliche Arbeit zu berichten. „Bereits seit 2002 machen wir den Bewohnern hier dieses Angebot. Erst etwas provisorisch auf einer Hausgemeinschaft, seit ein paar Jahren jetzt aber auch deutlich komfortabler hier in diesem Besprechungsraum. Einmal in der Woche kommen die Senioren und sind mit voller Leidenschaft dabei. Dabei waren manche am Anfang sehr skeptisch, ob sie denn überhaupt ein Talent für die Malerei haben.“
Doch bei den Meisten konnten die drei ehrenamtlichen Helfer schon nach wenigen Stunden sagen: „Doch, die kann es.“

Dabei waren manche am Anfang sehr skeptisch, ob sie denn überhaupt ein Talent für die Malerei haben.“ Doris Heterhaus-Hicking

Eine von diesen scheinbaren Naturtalenten ist Hanni Wendel. Die brachte ihre Motivation sich künstlerisch zu betätigen einst treffend auf den Punkt. „Boah, jetzt kann ich hier auch malen. Das muss ich unbedingt ausprobieren.“ Gesagt, getan. Und Hanni Wendel malte und malte, so viel, dass sie inzwischen nicht nur eine gut gefüllte Mappe ihr eigen nennt, sondern das ein oder andere besonders gelungene Kunstwerk hängt in ihrem Zimmer entsprechend gerahmt auch an der Wand.
Ähnlich produktiv sind aber etwa auch Uwe Kirch oder Gertrud Schöler. Während es bei Uwe, so wird der einzige Mann im Malkurs gerne nur genannt, auch mal ein Fußballer – natürlich nur im Trikot seines Vereins, des FC Schalke - sein darf, geht Gertrud Schörner schon mal deutlich ambitioniertere Projekte an. „Ich habe hier gerade einen Papagei angefangen. Das wird nicht einfach, aber ich freue mich schon sehr darauf ihn fertig zu stellen.“
Rund 90 Minuten sind die Bewohner immer künstlerisch aktiv und lassen ihre Werke zu einem Spiegelbild ihrer Seele werden. So zumindest brachte es Gertrud Schörner einst ebenfalls treffend auf den Punkt. „Wenn ich hier malen kann, dann geht es mir richtig gut.“ Und gut sind die Bilder, die von den begeisterten Hobbymalern oftmals nur in drei oder vier Stunden fertig gestellt werden. Angesichts dieser enormen Produktivität stellt sich mir die Frage: Wo landen die Bilder? „Ganz einfach“, erzählt Doris Heterhaus-Hicking, „die meisten haben inzwischen schon drei oder Mappen mit ihren Werken auf ihrem Zimmer. Andere haben wir laminieren lassen, manche wurden verschenkt und wieder andere haben wir dekorativ zu Weihnachtskarten oder wie gerade erst vor ein paar Wochen zu Postkarten umwandeln lassen.“
Klingt gut, doch einem Bild wird alle vier Monate noch einmal eine ganz besondere Ehre zuteil. Dann ziert es nämlich das Titelblatt der hauseigenen Zeitung und macht damit natürlich auch beste Werbung für ein bisschen kreatives Chaos beim „Therapeutischen Malen“ im Johann-Grimhold-Haus.

Autor:

Sven Krause aus Mülheim an der Ruhr

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