"Immer am Ball" – Baseball-Selbsttest bei den "Gänse-Hälsen"

Den hab ich!
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"Immer am Ball" – so mag das Motto der Goose-Necks (zu Deutsch: "Gänse-Hälse") lauten. Der Baseball-Club, dessen Wurzeln gewissermaßen im Kettwiger Theodor-Heuss-Gymnasium liegen, hat seine Zelte mittlerweile in Ratingen-Breitscheid aufgeschlagen. Aber was macht für Spieler und Zuschauer den Reiz dieser Sportart aus? Im Rahmen unserer Selbsttest-Reihe habe ich mir die Baseballer aus der Nähe angeschaut und mich mit Handschuh und Schläger "bewaffnet".

"Du machst das komplette Training mit", lautet die klare Ansage von Spielertrainer Malte Kuklan, der sich dabei ein Grinsen offensichtlich nicht verkneifen kann; wohlwissend, was auf mich zukommt.

Und es geht auch gleich los, zunächst mit lockerem Warmlaufen, anschließend folgen die obligatorischen Dehnübungen. "Bis hierher läuft es doch gar nicht so schlecht", denk ich mir, doch das war ja erst der Anfang. Jetzt zieht sich jeder Spieler seinen Fanghandschuh an und sucht sich einen Partner, mit dem er sich locker den Ball zuwirft, um den Arm aufzuwärmen. Während das Fangen mit dem überdimensionalen Handschuh zur Überraschung meines Wurfpartners doch erstaunlich gut klappt, stoße ich beim Werfen sehr schnell an meine Grenzen.

Knallhart, schnurgerade und passgenau

Härte und Genauigkeit lassen doch sehr zu wünschen übrig – zum Leidwesen meines Wurfpartners Andy. "Wie peinlich für mich als ehemaligen Handballspieler", schießt es mir durch den Kopf. Doch Andy wusste wohl, worauf er sich mit mir eingelassen hat: "Das wird schon noch. Immer dranbleiben", höre ich ihn rufen, während sich die übrigen Goose-Necks immer weiter voneinander entfernen. Knallhart, schnurgerade und passgenau zischen die Würfe in den jeweiligen Handschuh, während meine Bogenlampen dagegen doch sehr erbärmlich wirken. "Die spielen teilweise schon seit zehn oder 20 Jahren", erklärt Andy und versucht damit meine Enttäuschung über die eigene Leistung ein wenig zu mildern. Viel Zeit, darüber nachzudenken habe ich ohnehin nicht, denn schon teilt uns Malte auf das Spielfeld auf und sagt die nächste Übung an.

Für mich geht´s auf eine der Bases – das sind die Stationen, die es von den Spielern zu erreichen gilt. Von meinen Teamkameraden lasse ich mir den Verlauf der Übung erklären und steige, wie vom Trainer verlangt, gleich mit ein. Hierbei gilt es, einen flach geschlagenen Ball vom Boden möglichst schnell mit dem Fanghandschuh aufzunehmen und zur nächsten Base zu werfen. "Halte die rechte Hand über den Handschuh, damit Du den Ball nicht ins Gesicht bekommst", so der wertvolle Rat von Mitspieler Thorsten, den ich natürlich nur allzu gerne beherzige. Und auch diese Übung zeigt mir, dass ich wohl noch jede Menge Trainingseinheiten benötige. Den Ball aufnehmen und so schnell wie möglich zum Mitspieler werfen, das scheint für die Spieler der Goose-Necks eine Selbstverständlichkeit. "Wir trainieren solche Übungen immer und immer wieder, damit sie uns in Fleisch und Blut übergehen. Und beim Spiel funktioniert das dann wie ein Automatismus", weiß Thorsten aus Erfahrung.

Immer den Ball im Blick

Ganz so schlecht habe ich mich bei dieser Übungseinheit dann laut Trainer Malte Kuklan wohl doch nicht angestellt, und schon geht es weiter zum Schlagtraining. Zum ersten Mal halte ich den Baseballschläger in meinen Händen. Um ein Gefühl fürs Schlagen zu bekommen, liegt der Baseball auf einem so genannten "T", einem Stativ, das im oberen Bereich aus Gummi besteht, damit man nicht allzu viel Schaden anrichten kann. Der Ball wird aufgelegt und schon dresche ich drauf los als gäbe es kein Morgen mehr – leider hab ich nur das Stativ getroffen und nicht den Ball. "Du musst den Ball immer im Blick haben", lautet der fachmännische Ratschlag, und nach ein paar Versuchen treffe ich tatsächlich. Noch ein paar Versuche mehr - und ich bin offenbar bereit für den so genannten Käfig.

Lernen durch Schmerzen: Ab in den Käfig

Darin steht der Spieler mit seinem Schläger – der ist übrigens aus Holz oder Aluminium – und wartet auf die Würfe des Pitchers. "Nimm den Alu-Schläger, der verzeiht auch misslungene Schläge und man spürt sie nicht so direkt im Arm", lautet der gut gemeinte Ratschlag des Trainers. Doch ich entscheide mich lieber für das Holz. "Lernen durch Schmerzen", lautet meine Devise...

Spielertrainer Malte Kuklan wirft den Ball, während sich die übrigen Goose-Necks im Spielfeld verteilen, um die geschlagenen Bälle zu fangen oder aufzunehmen. Nachdem ich mir immer noch verwundert die Augen reibe und staune, wie weit meine Teamkameraden den Ball geschlagen haben, bin ich an der Reihe. Tatsächlich treffe ich den ein oder anderen Ball, die aber längst nicht so weit fliegen, wie sie es im Idealfall sollten. Und dennoch habe ich zunehmend Spaß und Ehrgeiz, den Ball möglichst optimal zu treffen. Das gelingt mir an diesem Trainingsabend leider nicht, und dennoch gehe ich zufrieden nach Hause, denn ich habe eine Sportart kennenlernen dürfen, bei der alle Spieler vollen Einsatz bringen. Und der geht bis weit über den Sport hinaus. Denn die Spieler der Goose-Necks sind nicht nur für bemerkenswerte Spielzüge da, sondern mähen auch den Rasen und sorgen dafür, dass die Zuschauer die spektakuläre Sportart Baseball hautnah erleben dürfen.

Alles Wissenswerte über die Goose-Necks finden Interessierte im Internet unter www.goose-necks.de.

Hintergrund:

1985 standen mehrere Schüler, die kurz zuvor erstmalig einen Urlaub in den USA verbracht hatten, am Theodor-Heuss-Gymnasium zusammen. Eine Diskussion darüber, wer wohl die größeren Baseballexperten seien, endete in einer Wette. So trafen sich etwa 30 Schüler der 12. und 13. Jahrgangsstufe auf der Werdener Brehminsel und veranstalteten das erste Baseballspiel auf Essener Boden. Ausgerüstet mit nur einem Baseballhandschuh, einer Keule, aber mit vielen Skihandschuhen, gewannen die Schüler der 12. Jahrgangsstufe. Das war die Geburtsstunde der Goose-Necks - ím Hinblick auf den Spielplatz, die Brehminsel, die bekanntlich Heimat vieler Enten und Schwäne ist, entschied man sich schließlich bei der Namensgebung für Goose-Necks: Gänse-Hälse. Am 9. Oktober 1986 wurde dann offiziell der "1. Essener Baseball Club Essen Goose-Necks" gegründet.

Autor:

Markus Tillmann aus Essen-Kettwig

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