Essen 2017 - Grüne Hauptstadt Europas: Sperrmüll-Recycling mit Witz und Geschmack

Eltingmöbel: Das sind Florian Krohm und Lena Halbedel mit ihrer schon umgesetzten Idee: Ein schöner und praktischer Hocker aus Sperrmüllholz. Foto: Eltingmöbel
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  • Eltingmöbel: Das sind Florian Krohm und Lena Halbedel mit ihrer schon umgesetzten Idee: Ein schöner und praktischer Hocker aus Sperrmüllholz. Foto: Eltingmöbel
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Design-Studenten benennen ihre „Elting-Möbel“ nach dem Stadtviertel ihres Ateliers:

Was, wenn mit folgender „Anmache“ ein altes Möbel neue Besitzer sucht: „Hey Du, hast Du nicht Lust mich mitzunehmen? Ich bin noch gut in Schuss. Und viel zu schade, um weggeworfen zu werden. Außerdem sparst Du mit mir Geld und tust was für die Umwelt. Wie sieht´s aus, gehen wir zu Dir?“

Bei solchen flotten Sprüchen wird man doch neugierig! Wem so ein origineller Spruch-Aufkleber von Eltingmöbel an „noch gutem Sperrmüll“ auffällt, dem will der ehemalige Besitzer damit erlauben, das alte Schätzchen mitzunehmen. Denn eigentlich darf man ja Sperrmüll, der zur Abfuhr durch die Stadt rausgestellt wurde, nicht so einfach von der Straße nehmen.

Mit ihrem originellen Projekt zur Sperrmüll-Vermeidung haben sich Lena Halbedel (24) und Florian Krom (23), beide Studenten des Industrie-Designs, über das Essener Kulturbüro beim „Creative Lab“- Stipendien-Programm beworben. Und die Jury überzeugt. Und die flotten Schildchen sind dabei nur ein „Abfall-Produkt“ ihrer eigentlichen Idee.

Lenas und Florians Projekt:

Sie bauen aus Sperrmüll-Holz dreibeinige Steck-Hocker. Das schlichte Design aus kostenlosem Recycling-Material, kommt ohne Schrauben aus und ist so auch selbst irgendwann wieder einfach wiederzuverwerten. Es überzeugte auch wegen seiner ansprechenden Form, ein Muster-Beispiel für praktisches Industrie Design, das natürliche Ressourcen schont: Die ersten Hocker-Prototypen haben die Beiden noch selbst hergestellt.

Aber inzwischen haben sie eine Schreinerei gefunden, die sie bei der Herstellung unterstützt. Und auch testet, wie schnell so ein Hocker professionell gebaut werden kann. Denn auch der Preis muss ja stimmen. Die fertigen Hocker-Teile selbst passen übrigens in eine einfache Baumwoll-Tragetasche und können so auch bequem getragen „umziehen“.

Projekt der „Grünen Hauptstadt“

Das „Eltingmöbel“- Projekt (benannt nach dem Viertel der Studenten-Werkstatt) passt ganz besonders gut in die Aufbruchsstimmung zu Essens „Grüner Hauptstadt Europas 2017“. Kreativität ist - wie überall in der Welt schon bewiesen - die Grund-Vorraussetzung für Veränderung. Nachhaltige Geschäftsideen werden dringend gesucht, damit auch in Essen die angestrebte „Grüne Infrastruktur“ mit Lebensqualität gefüllt werden kann. Im besten Falle wird so ein ganzes Viertel aufgewertet, neue Nachbarschaften und gemeinsame Aktivitäten entstehen. Das hat auch die Vonovia (Ex-Deutsche-Annington & Gagfah) überzeugt: Sie stellt im Rahmen des Stipendiums hier im Essener Eltingviertel den Studenten kostenlos einige leere Wohnungen zur Verfügung.

So haben Lena und Florian seit Januar in der Katzenbruchstraße auf 60 Quadratmetern ihr „Eltingmöbel-Atelier“ bezogen. Zu den original 60er-Tapeten passen Möbel und Einrichtung bestens. Natürlich alles vom Sperrmüll und liebevoll mit einfachsten Mitteln aufgemöbelt: „Vintage pur“ – und der Barock Gelsenkirchens ist auch nicht weit.

Seit 2012 studieren die zwei Hocker-Bauer „Industrial Design“ an der Folkwang Universität der Künste. Florian wohnt auch am Eltingplatz und ist zu Fuß schnell in Uni oder Eltingmöbel-Werkstatt. Lena ist schon in den berühmten Sanaa-Kubus auf Zollverein umgezogen, der ab 2017 auch offiziell den ganzen Studiengang beherbergt. Die Stadt will mit solchen Projekten das Viertel langfristig aufwerten. Und Lena und Florian können im Studium schon mal aus der Theorie in die Praxis wechseln und wieder zurück. Inzwischen gibt es vier solche Stipendien mit Kreativ-Ateliers im Viertel. Bei einem Sommerfest stellten sie sich mit ihren Ideen in der Nachbarschaft vor.

Wie haben die Nachbarn denn auf Euch reagiert?

Florian:
Ganz unterschiedlich – von sehr positiv bis - verhalten. Die Bevölkerung ist hier ja bunt gemischt. Das war spannend, wir hatten ein Open-Air-Wohnzimmer aus Sperrmüll-Möbeln aufgebaut. Neugierig waren alle, wir haben viele Anregungen bekommen. Unsere Interessen liegen ja vor allem im Möbel- und „Social-Design“. Weil wir ja noch studieren, müssen unsere Projekte aber überschaubar bleiben. Halt kleine Schritte, die ebenso realisierbar wie finanzierbar sind. Ideen haben wir mehr als genug.

Im Revier ist die Idee aus „Alt mach Neu“ ja nicht ganz unbekannt? Wie geht denn die Stadt-Verwaltung damit um?

Lena und Florian:
Die Unterstützung ist groß, bei allen Beteiligten, auch bei der Stadtverwaltung. Am meisten hat uns überrascht hat, dass alle so freundlich und hilfsbereit sind. Das hätten wir so gar nicht erwartet. Die Türen sind weit offen!

Was bedeutet das Projekt für Euch persönlich, wäre das denn auch einmal eine berufliche Perspektive?

Florian: Es ist einfach sehr aufregend, zu sehen, wie das alles funktioniert, vom Projekt-Antrag bis zur Realisation durch eine Schreinerei. Langfristig interessiert es mich auch sehr, an der Entwicklung einer Stadt mitarbeiten zu können, neue Strukturen des sozialen Miteinanders zu entwickeln. Und - einen guten Hocker kann man bei all dem auf alle Fälle immer gebrauchen.“.

Das hat gesessen, viel Glück. Diese Studenten sind alles andere als Stubenhocker.

Autor:

Caro Dai aus Essen-Werden

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