CONTAINER LOVE Eine Inszenierung des Theater glassbooth In Koproduktion mit dem Theater im Depot, Dortmund

27Bilder

Aufführung am 14.09.14 in der Zeche Carl Essen

„Schwarz ist alles was ich seh“ hört man an einer Stelle des Stücks eine Schauspielerin sagen.
Schwarz ist auch zunächst alles, was der Zuschauer sehen kann, denn beim Eintreten erblickt man auf der Bühne mit schwarzem Stoff verspannte und ein ästhetisch reduziertes und minimalistisches Bühnenbild. Eine praktische Bedingtheit? Wir befinden uns ja in der freien Theaterszene, die mit Geld in der Regel nicht überschüttet wird. Was sich dann jedoch in 90 Minuten entfaltet, lässt den Schluss zu, dass die schwarzen Wände wie ein lakonischer Kommentar zum Gezeigten gemeint sind.

„Container Love“ heißt das neue Stück der Theatergruppe glassbooth, die nun schon im elften Jahr durch das Ruhrgebiet tourt und respektvolle Beachtung durch skurrile, abgründige oder auch unbekannte Stoffe erlangt hat. Kein Mainstream und das ist auch gut so.

„Container Love“ ist die erste selbstverfasste Produktion des Theaters und nimmt laut Pressetext bezug auf Fernsehformate wie „Big Brother“. Eine Nachbildung oder eine reine Parodie darauf wird zum Glück nicht geboten, aber es gibt tatsächlich ein paar Überschneidungen zum Fernsehknast, wie die egozentrischen Insassen, die von einer Stimme ihre Anweisungen bekommen. Die Regie legt den Schwerpunkt jedoch nicht auf die Teilnehmer, sondern auf die unfassbaren Aufgaben, die sie zu erfüllen haben. Diese kommen genretechnisch gesehen dann natürlich eher aus dem Theaterfach als aus dem Fernsehen. Die Anweisungen sind absurd, die Stimme fordert gar Bizarres. Doch die Truppe ist ehrgeizig und eines sei verraten: Die Stimme ist alles andere als leicht zufrieden zu stellen.

Die Rasanz der Darbietungen ist enorm, das Stück ist wie eine Wundertüte. Alles ist dabei, von skurril bis albern oder auch nachdenklich stimmend: Zum Beispiel gibt es eine Szene über Mord, die humorvoll beginnt aber plötzlich in einem großen melancholischen Moment endet oder jäh von der Stimme unterbrochen wird.
Auch Missbrauch wird zum Thema - bei der Protagonistin denkt man allerdings eher an eine Titelheldin aus der Feder Quentin Tarantinos. Weitere gesellschaftlich unbequeme Themen werden in Sekundenschnelle vom „Bildschirm“ gewischt und schon tanzt die Truppe wieder – übrigens zu immer dem gleichen Song und der gleichen Choreografie – und ihre künstliche Heiterkeit sagt viel über die Ferngesteuertheit der Container-Insassen aus. Vielleicht auch über uns Zuschauer?

Die weiteren Szenen reichen von äußerst unterschiedlichen musikalischen Einlagen bis hin zu Tanz mit Pina Bausch Einschlag. Zum Schluss gibt es eine Persiflage auf Kunsttheater, die wirklich brüllend komisch ist. Die Abfolge der Szenen passieren im schnellen Wechsel, wie beim Zapping durch die Fernsehlandschaft. Letztlich wird alles zu "Material", das Publikum zum "Laugh-Track" und nichts ist wirklich von Bedeutung.

Die Inszenierung von Jens Dornheim ist durchgängig gelungen, das Timing ist perfekt, die einzigartige Handschrift des glassbooth-Chefs ist auch in „Container Love“ unverkennbar. Sein Ensemble führt Dornheim gekonnt: Die Schauspieler sind exzellent besetzt und jeder gibt eine tolle Leistung ab: Nora Bauckhorn, Marlon Bösherz, Tanja Brügger, Dominik Hertrich, Timo Knop, Dietmar Meinel, Alexandra Schlösser, Anabel Starosta und Markus Behr in einer Sonderperformance. Sie alle sind hervorragend, spielen sich quasi gegen die Wand – ganz zur Freude der Zuschauer.
Die 90 Minuten vergehen wie ein Augenaufschlag oder wie eine Fahrt auf der Achterbahn. Schwindlig ist einem aber eher von der großartigen Darbietung.
Danke für die Fahrt, glassbooth!

Infos unter: www.glassbooth.de / www.depotdortmund.de
http://www.glassbooth.de/index.php?dir=index
Tournee Termine:

Theater im Depot Dortmund
Donnerstag 25.09.14 um 20 Uhr
Samstag 15.11.14 u m 20 Uhr
Sonntag 16.11.14 um 18 Uhr (!)

Orangerie-Theater im Volksgarten Köln
Donnerstag 16.10.14 um 20 Uhr
Freitag 17.10.14 um 20 Uhr
Samstag 18.10.14 um 20 Uhr
Sonntag 19.10.14 um 19 Uhr (!)

Rottstr 5 Theater Bochum
Freitag 24.10.14 um 19.30 Uhr

Spielraum Bottrop
Sonntag, 02.11.14 um 19 Uhr

Aula Wittringer Schule, Gladbeck
Sonntag, 23.11.14 um 19 Uhr

Autor:

Frank Gebauer aus Oberhausen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.