Essener Band Kreator auf Platz 1 der Albumcharts: Interview mit Frontmann Mille Petrozza

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Die Essener Band Kreator hat es geschafft: Sie stürmte mit ihrem 14. Album "Gods of Violence" Platz eins der deutschen Album-Charts. Die Pioniere des Thrash-Metall starteten soeben ihre Worldtour. Wir sprachen mit Frontmann, Sänger, E-Gitarrist und Gründungsmitglied Miland "Mille" Petrozza.

Eurer Album schoss direkt nach Erscheinen erstmalig in eurer Bandgeschichte auf Platz eins der deutschen Albumcharts und ist weltweit in 20 Ländern in den Charts vertreten. Es wird als euer Meisterwerk und „Thrash-Gigant“ gehandelt. Man hört auch, dass mit dem Konzert in der Grugahalle ein Kindheitstraum von dir in Erfüllung geht. Wie fühlt sich das an?

Milland "Mille" Petrozza: Das fühlt sich natürlich sehr gut an.

Die Songs auf „Gods of Violence“ erzeugen ein monumentales Kopfkino. Gab’s schon Anfragen aus Hollywood?

("Mille" schmunzelt): Bis jetzt noch nicht, aber das kommt bestimmt noch. Tatsächlich ist es aber wirklich ein Album, das Bilder mit einem dreidimensionalen Erlebnis auslösen soll.

Ihr gilt als Aushängeschild der deutschen Thrashmetal-Kultur, bildet gemeinsam mit den Bands "Destruction" und "Sodom" das Dreigestirn des deutschen Thrash-Metal, seid international erfolgreich und habt mehr als 2 Millionen Alben verkauft. Lehnt ihr euch jetzt zurück?

Also wir ruhen uns jetzt nicht aus, sondern arbeiten weiter.

Ihr habt mehrere Jahre am aktuellen Album "Gods Of Violence" gearbeitet. Wer oder was sind die „gewalttätigen Götter“? Was ist der Grundgedanke des Albums, wie entstand es?

Das kann zunächst alles Mögliche sein: jemand, der dich nervt oder dir das Leben zur Hölle macht oder aber schlimme Politiker. Der Impuls für das Album war aber auch die Tatsache, dass sich das Thema der menschlichen Bösartigkeit durch die ganze Menschheitsgeschichte zieht, Gewalt zum menschlichen Charakter gehört und es daher niemals einen absoluten Weltfrieden geben wird.

Ihr habt auf Provokation ausgelegte Metal-Klichees um Monster und blutrünstige Ungeheuer hinter euch gelassen. Die Texte sind gesellschaftskritischer, haben einen mythologischen Touch und du hast dich von den Terrortheorien von Hannah Arendt inspirieren lassen. Welche Botschaften möchtet ihr vermitteln?

Wir möchten den Leuten nicht vorschreiben, was sie denken sollen. Vor allem wollten wir auch ein gutes Gefühl vermitteln: Dass bei alledem das Leben nicht außer acht gelassen werden sollte.

Ihr spielt auch in Paris im Bataclan, wo 2015 beim Auftritt der Band „Eagles of Death Metal“ ein terroristischer Anschlag verübt wurde. Ein Statement?

Wir sind regelmäßig dort, aber natürlich ist das ein Statement. In dem Sinne, dass wir uns nicht einschüchtern lassen. Wir sollten Denen nicht das Feld überlassen.

Ihr gebt diesmal auch wieder Konzerte in den Staaten. „Business like usual?“

Erstmal müssen wir sehen, ob wir überhaupt ins Land reinkommen. Wir haben Visas beantragt, jetzt heißt es: Daumen drücken. Davon ab spielen wir nicht für die Regierung, sondern für Menschen, die Bock auf Kreator haben.

Ihr seid die einzige Band aus Essen, die es zu Weltruhm gebracht hat. Kreator gingen aus der 1982 gegründeten Schülerband Tyrant hervor. Was habt ihr richtig gemacht?

Als ich zum Metal kam, war die Zeche Carl Treffpunkt der Thrash-Metal Underground-Szene. Viele Kids stammten aus Arbeiterfamilien, ihre Väter waren fast alle Bergmänner, Bauarbeiter oder Stahlkocher.
Wir haben ganz einfach an die ganze Sache geglaubt und uns nicht von Sprüchen, wie „Mach was Richtiges“ beeirren lassen. Man sollte das Leben einfach passieren lassen. Wenn du das machst, was dir Spaß macht, dann ist das schon der erste Schritt. Außerdem gab es damals ein wirkliches gutes Sozialsystem in Essen. In einem Radius von fünf Kilometern meines Elternhauses in Altenessen gab es fünf Jugendzentren. Mittlerweile sind alle dicht. Ich war eines der letzten privilegierten Kids, die von dieser Jugendzentren-Kultur profitieren konnten. Wir sind nicht bloß im Einkaufszentrum groß geworden. Wir bekamen einen Proberaum im Jugendzentrum.

Euer Musikgeschmack und eure Outfits stießen seinerzeit durchaus auf Irritationen bei Nicht-Metalern. Stimmt es, dass du wegen deiner Leopardenhosen und Metal-T-Shirts von der Schule geflogen bist?

Das ist richtig. Aber es war eine gute pädagogische Maßnahme, insofern, dass ich zur Hauptschule nach Karnap wechselte. Dort wurden Kids gefördert. Man gab uns einen Proberaum.

Du textest und singst über Gewalt, Krieg und Hass, bist mitten in einer 60-Tage-Worldtour. Wie entspannst du dich? Oder entspannt dich genau das?

Ich treibe Sport, Fitness und Yoga und das Musikmachen entspannt mich natürlich. Viele Leute, die negative Gefühle haben, fressen das in sich hinein. Man muss negative in positive Energie umwandeln. Und alles, was mit schönen Dingen zu tun hat, kann dir einen Ausgleich verschaffen. Das kann eine Runde um den Block laufen sein, was schreiben, Musik machen oder der Austausch mit Menschen. Kurzum: Das zu machen, was ich will.

Wo/wie bekommst du die besten Inspirationen?

Durch alle möglichen Dinge: Literatur, Kunst, Filme, ein Zitat oder Gedanken. Das passiert unbewusst.

Bitte vervollständige folgenden Satz: Wäre ich kein Musiker geworden, wäre ich…

Filmregisseur.

Musik ist für mich….

Musik gehört zum Leben dazu und gibt Energie. Mit Musik kann man alle Menschen berühren.

Thrash-Metal ist....

Eine Kunstform, die ich versuche, zu perfektionieren.

In der Kult-Doku „Thrash Altenessen“ von 1989, in der eure Band auch vorkommt, sagt einer der Jugendlichen: „Musiker können machen, was sie wollen, aufstehen, wann sie wollen und ins Bett gehen wann sie wollen.“ Sieht so ein Rockmusikerleben aus?

Keiner ist Musiker geworden, um spät aufzustehen. Wir sind keine faulen Menschen.

Thrash-Metal-Gesang, das sogenannte Growling, klingt so, als wäre es sehr strapazierend für die Stimme. Hast du ein Geheimrezept?

Man sollte den Körper insgesamt nicht überstrapazieren, gesund leben, sprich nicht rauchen und sich gesund ernähren.

Richtig, du lebst ja vegan. Dein Lieblingsrezept ist?

Curry

Hast du ein Lebensmotto?

PMA: Positive Mental Attitude.

Metal macht nicht aggressiv, wie mittlerweile bekannt ist. Was bringt dich dennoch auf die Palme?

Ich lasse mich nicht auf die Palme bringen. Außer: Dummheit, gepackt mit Ignoranz, schafft das.

Wie kamst du zum Metall?

Ich bin ein Kind der 80er. Über Disco- zu Metal-Musik.

Info:

Kreator geben im Rahmen ihrer Worldtour am 4. März erstmals ein Heimspiel in der Grugahalle. In 60 Tagen geben sie Konzerte in Europa und in den Vereinigten Staaten. In der Grugahlle dabei sind die brasilianisch-amerikanischen Extreme-Metal-Pioniere „Sepultura“, die schwedischen Melodic-Death-Visionäre „Soilwork“ und das Death/Grind-Kommando „Aborted“.

Siehe auch unsere Leser-Mitmachaktion.

Autor:

Marjana Križnik aus Düsseldorf

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