Essener Kreuzeskirche weiht zwei weltweit einzigartige Kirchenfenster nach Entwürfen von James Rizzi ein

Essener Kreuzeskirche erhält zwei einzigartige Kirchenfenster nach Entwürfen von James Rizzi - am vergangenen Dienstag konnten sich alle Unterstützuner des Projekts von der Wirkung überzeugen. Foto: Kirchenkreis Essen/Stefan Arend.
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In der Essener Kreuzeskirche werden am Sonntag, 28. August, um 10 Uhr in einem Festgottesdienst zwei neue, einzigartige Kirchenfenster eingeweiht, die der New Yorker Pop-Art-Künstler James Rizzi (1950-2011) eigens für die beiden Seitenschiffe der protestantischen Gottesdienst- und Veranstaltungsstätte entworfen hat.

Aus einer mutigen Idee wurde gläserne Realität

Einzigartig in Deutschland ist das Eigentümer- und Nutzungskonzept der Essener Kreuzeskirche – sogar weltweit einmalig sind die beiden neuen Kirchenfenster: Es sind die bislang einzigen, die nach Vorlagen von James Rizzi gestaltet wurden. Welche glücklichen Fügungen nötig waren, damit aus einer zufälligen Begegnung mit dem Künstler erst eine mutige Idee und schließlich gläserne Realität wurde – diese Geschichte hat Steffen Hunder in den vergangenen Monaten schon häufig erzählt. Auf einer Reise nach New York im Jahr 2000 war der Essener Pfarrer den Werken von James Rizzi in einer Galerie begegnet und sofort von dessen Bildsprache begeistert: „Biblische Pop-Art-Motive in der Kreuzeskirche – das wäre etwas!“ Als förderlich erwies sich, dass Barbara Derix, Chefin des renommierten Glaskunststudios Derix aus dem hessischen Taunusstein (dort wurde auch das berühmte Richter-Fenster im Kölner Dom hergestellt) just in jenen Tagen ebenfalls nach New York reisen wollte, um sich dort mit Glaskünstlern zu treffen – auf diese Weise gelang es, James Rizzi zur Erstellung von Entwürfen für zwei ca. fünf Meter breite und sieben Meter hohe Kirchenfenster, genau passend für die Seitenschiffe der Kreuzeskirche, zu bewegen. Kurz vor dem Tod des Künstlers wurden sie fertig.

Eine Art Wunder war nötig

Doch erst einmal verschwanden die Entwürfe für mehrere Jahre in der Schublade. Das Kirchenschiff der 1896 eingeweihten Kreuzeskirche war baufällig: Regenwasser drang ins Innere, Fensterscheiben fielen auf Kirchenbänke und mussten fortan mit Netzen gesichert werden, schließlich drohte gar der Abriss... Dann aber geschah eine Art Wunder. Mit dem Kreativ-Unternehmer Reinhard Wiesemann (Unperfekthaus, GenerationenKultHaus) fand das marode Gotteshaus einen Förderer und großzügigen Mäzen. Die Kirchengemeinde Essen-Altstadt verkaufte die Kreuzeskirche für einen symbolischen Preis an den Bauunternehmer Rainer Alt, der das Kirchenschiff mit der Spende von Wiesemann und Geldern aus einem Förderprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen sanieren und umbauen konnte; den Rest steuerte die Kirchengemeinde bei. 2014 wurde die Kirche als Gottesdienst-, Begegnungs- und private Veranstaltungsstätte wiedereröffnet. Die Gemeinde mietete die Kreuzeskirche wieder zurück und darf sie als Gottesdienststätte nutzen (zeitlicher Anteil: 40 Prozent), der Bürgerverein „Forum Kreuzeskirche e.V.“ inszeniert hier die Begegnung von Wissenschaft, Kultur und Glaube (ebenfalls 40 Prozent) und Reinhard Wiesemann vermietet sie als kommerzielle Veranstaltungsstätte für Feste und Firmenevents (20 Prozent). „Zu Gast bei Kirche sein“ heißt das Konzept – kirchliche, öffentliche und private Nutzung ergänzen und bereichern sich. Eine vielfältige, offene, durchgängig nutzbare Kirche ist entstanden. Und da passen die beiden Rizzi-Fenster gut hinein.

Besonders komplizierte Herstellung führte zu Verzögerung

Im Zuge der Kirchensanierung, genau zum richtigen Zeitpunkt, tauchten die Entwürfe von James Rizzi wieder auf. Bauunternehmer Rainer Alt fand die Idee von Anfang an gut und auch das Presbyterium der Kirchengemeinde gab ohne lange Diskussionen sein Ok – zumal die für die Herstellung erforderlichen rund 180.000 Euro noch durch die für die Sanierung gesammelten Finanzmittel abgedeckt waren. So nahm sich ein junger Mitarbeiter des Derix-Glaskunststudios der Rizzi-Fenster an. Weil die Herstellung des Glases aber komplizierter war als gedacht, verzögerte sich der Einbau noch einmal um mehr als ein halbes Jahr – geschenkt bei der Wirkung, die sich alle Beteiligten durch die beiden Fenster erhoffen.

Ein poppiger Jesus, bebrillte Engel und bunte Comic-Menschen

Und die, das lässt sich jetzt schon sagen, ist weitgehend eingetreten. Bei der Motivwahl war James Rizzi frei – „male was dir einfällt, wenn du an die Bibel denkst“ lautete der Auftrag an den Künstler, der einst von katholischen Nonnen erzogen wurde. Und so blicken nun ein poppiger Jesus und der lachende Gott-Vater auf die Menschen herab, egal ob sie einen Gottesdienst oder eine Party besuchen. Bebrillte Engel und rote Herzen schweben durch das Bild und umrahmen das Lamm Gottes, einen quietschgelben Abendmahlskelch und bunte moderne Comic-Menschen, die biblische Geschichten wie den Fischfang des Petrus erzählen.

Vor allem junge Menschen lassen sich von Rizzis Kunst anstecken

Zu bunt, zu leicht, zu naiv und zu froh – zu gehaltlos? „Unsere Zeit und unsere Kirche brauchen biblische Aussagen in moderner Übersetzung“, findet Pfarrer Steffen Hunder. „Die Fenster strahlen aus: Hier bist du als Mensch willkommen und angenommen – so, wie du eben bist.“ Abgesehen von ein, zwei skeptischen Reaktionen überwiegt nahezu begeisterte Zustimmung; das hat die Beteiligten, wie sie auch freimütig zugeben, doch ein wenig überrascht. Dass der Dialog von Rizzi-Kunst und christlichem Glauben aber gerade bei jüngeren Menschen auf fruchtbaren Boden fällt, zeigt schon heute das Jugendkunstprojekt „Begegnung mit James Rizzi“, mit dem der Essener Verein für Kinder- und Jugendarbeit (VKJ) die Installation der neuen Fenster begleitet hat: Die Teilnehmer, darunter vor allem Schüler aus dem Essener Norden, wurden durch die Entwürfe zu eigenen originellen Bildern angeregt. Die besten von ihnen zieren einen Kalender, der am Sonntag im Festgottesdienst vorgestellt wird. Ja, James Rizzis Fenster wirken – und bergen vielleicht ganz neue, ungeahnte Möglichkeiten.

Autor:

Stefan Koppelmann aus Essen

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