Tinte, Tod und Teufel: Uraufführung begeisterte die Zuschauer auf Zollverein

Pressefoto: Kirchenkreis Essen/Ellen Bischke
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Die Reformation ist 500 Jahre alt. Wie aktuell Luthers Thesen und Ansichten sein können, zeigte das Kindermusiktheater „Tinte, Tod und Teufel“ – am Samstag feierte die Kinderoper erfolgreich ihre Uraufführung in der ausverkauften Halle 12 auf Zeche Zollverein. 100 Kinder aus ganz Essen sangen und spielten im außergewöhnlichen Bühnenraum. Und nicht nur die: auch professionelle Solisten und Orchestermusiker gehörten zum Ensemble. „Tinte, Tod und Teufel“ war ein musikalischer Höhepunkt der Evangelischen Kirche in Essen im Jubiläumsjahr. „Im Zentrum stehen die Kinder“, stellte Synodalassessorin und Pfarrerin Erika Meier zur Begrüßung der über 400 Zuschauer heraus, „ihre Fragen, ihre Anliegen, ihr Wohl“.

Muss ich perfekt sein, um geliebt zu werden?

Mattis Sorge ist es, von seiner Mutter nicht geliebt zu werden, weil er wenig hilfreich und schon gar nicht perfekt sei. Matti ist einer der Protagonisten in „Tinte, Tod und Teufel“. Er und seine Schwester Muriel (Emilia von Kopp) haben ihren Vater verloren. In seiner Trauer und Angst folgt Matti (Paula Finkbeiner) einem geheimnisvollen Fürsten im goldenen Frack (Bariton Hagen-Goar Bornmann) in eine mittelalterliche Welt. Da werden Feuchttücher extra-nass und Ablassbriefe verkauft. Muriel, die ihrem verstorbenen Vater Briefe mit Feder und Tinte schreibt, will ihren Bruder wiederfinden. Sie trifft auf den Latein sprechenden Johannes (Max Klockhaus), der den Teufel in Rom vermutet, tanzt mit dem Tod und kostet herrlich duftende Waffeln der weltumarmenden, göttlichen Bäckerin „Ichbinda“ (Sopranistin Judith Hoffmann).

Martin Luthers Ansichten - für Kinder zeitgemäß interpretiert

„Tinte, Tod und Teufel“ überträgt Luthers Ansichten zur Rechtfertigungslehre in einen heutigen Kampf um Anerkennung und Liebe. Da lässt der Teufel die Kinder in seiner goldenen Glamour-Hölle Seelen putzen und Mathe pauken. Leistungsdruck ist überall spürbar, schon bei den Jüngsten. Wie befreiend sind da der heimelige Duft von Waffeln und das Wissen um eine bedingungslose Liebe. „Was wollen wir unseren Kindern von der Botschaft der Reformation heute mit auf den Weg geben? Und was wollen wir uns zur Frage Reformation heute von unseren Kindern sagen lassen? Aus diesen Fragen heraus hat sich das Kindermusiktheater entwickelt“, erläutert Erika Meier den Leitgedanken. „Wir leben in einer Zeit, in der das Prinzip des Wettbewerbs und der Optimierung scheinbar alle Lebensbereiche durchdringt. Für Kinder – und nicht nur für sie – droht die Angst, nicht zu genügen, übermächtig zu werden. Hier setzt Luthers Erkenntnis der bedingungslosen Liebe Gottes, die jedem Menschen gilt, einen Kontrapunkt: Völlig unabhängig vom Können oder von der Leistung gilt unser Wert, der Wert und die Würde eines jeden einzelnen Menschen.“ Warum sich das so gut in der Sprache der Musik ausdrücken lässt, beschreibt der Essener Kreiskantor Thomas Rudolph so: „Die Musik war in der Geschichte der Evangelischen Kirche eine der wichtigsten Säulen der Verkündigung und soll es natürlich auch in der Zukunft bleiben. Schon Martin Luther wusste, ‚dass der Teufel, Urheber aller finstren Sorgen und wirren Gedanken, vor dem Klang der Musik so schnell Reißaus nimmt wie er vor dem Wort der Theologie flieht‘.“

Tiefsinn, Humor und moderne Musiksprache

Autor Holger Metzner hat im Auftrag des Evangelischen Kirchenkreises Essen ein gedankenreiches Libretto verfasst, tiefsinnig, aber auch humorvoll. In Zusammenarbeit mit Komponistin Karin Haußmann, die ihre Musik vom Heute aus denkt, die eine moderne Musiksprache auf eingängige Melodien und „Gassenhauer“ treffen lässt, ist ein anspruchsvolles, bewegendes und begeisterndes Werk entstanden. Knapp 100 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 17 Jahren aus ganz Essen haben mitgemacht – die komplexe Komposition war eine Herausforderung, die die Nachwuchssängerinnen und –sänger hervorragend gemeistert haben. Professionell geführt wurden sie von der musikalischen Leiterin Stefanie Westerteicher, von Sabine Rosenboom, Anne Roth und Tatiana Varshavskaya.

Mitwirkende

Karin Haußmann führt ihre Werke im In- und Ausland auf. Die Essener Komponistin lehrte Musiktheorie, Gehörbildung und Komposition für Studierende an der Folkwang Universität der Künste. Im Rahmen von Workshops und im Einzelunterricht leitet sie Kinder und Jugendliche beim Komponieren an.

Holger Metzner ist Autor, Regisseur, Dramaturg, Filmemacher und Medienpädagoge. Er lebt in Karlsruhe. Mit Kindern arbeitet er regelmäßig in Theater- und Filmprojekten. Zum ersten Mal arbeitet er zusammen mit Karin Haußmann.

Ausführende: Judith Hoffmann (Sopran), Hagen-Goar Bornmann (Bariton), Kinderchöre des Evangelischen Kirchenkreises Essen, ein Kammerorchester. Musikalische Leitung: Stefanie Westerteicher. Assistenz: Sabine Rosenboom, Anne Roth, Tatiana Varshavskaya.

Der Kirchenkreis Essen dankt Ellen Bischke für die Fotos. Weitere Veranstaltungshinweise zur Feier des Reformationsjubiläums in Essen stehen im Internet auf der Seite www.reformation2017-essen.de.

Autor:

Stefan Koppelmann aus Essen

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