Besser in der neuen Heimat einleben: "BASIS"

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„BASIS" lautet der Name eines Angebots, dass der AWO-Bezirksverband Niederrhein und der AWO-Kreisverband Essen für Neuankömmlinge den Kriegsgebieten des nahen Ostens bereitstellen.

Lachen und Weinen wechseln schnell in diesem Kreis. Eben noch fröhlich den Kaffee in der Runde verteilt, kommen die Erinnerungen wieder. Es sind teilweise dramatische Fluchterlebnisse, die bei einigen Frauen tiefe Spuren hinterlassen haben. Regelmäßig freitags treffen sich die 14 Frauen und ein Mann in den AWO-Räumen an der Altenessener Straße. Die meisten sind aus Syrien oder dem Irak geflohen vor Krieg und Unterdrückung und wollen hier im wahrsten Sinne des Wortes Basiswissen über ihre neue Heimat Deutschland erfahren.

Gemeinsames Kaffeetrinken zum Auftakt

Ob die Teilnehmerinnen, die an diesem Freitagmorgen ihr Treffen mit einem gemeinsamen Kaffeetrinken beginnen und munter auf Arabisch ihre Erlebnisse austauschen, mit den theoretischen Begriffen etwas anfangen können, spielt für die Kursleiter Fatima Drissi und Said Rezek erste einmal keine Rolle: „Uns kommt es darauf an, dass die Teilnehmer anhand praktischer Beispiele selbst Erfahrungen mit unseren Grundwerten sammeln und in Rollenspielen eigene Erfahrungen machen.“
Auffällig ist die disziplinierte Gesprächskultur in der Runde. Jeder ist bemüht den anderen ausreden zu lassen. „Da zeigt sich, dass das Thema Meinungsfreiheit hier gelebt wird. Für viele ist das eine ganz neue Lebenserfahrung“, berichtet Said Rezek.

Meinungs- und Glaubensfreiheit ist eines von sechs Modulen des „BASIS-Programms“ das im Sommer mit Förderung des Landes NRW entwickelt wurde. Weitere Unterrichtseinheiten sind Demokratie erleben, Menschenwürde und Freiheitsrechte, Gleichheit vor dem Gesetz, Familie, Kinder und Erziehung sowie der Themenkomplex Partnerschaft, Sexualität und Schwangerschaft.
Seit Oktober wird das Projekt an sieben Pilotstandorten in Nordrhein-Westfalen praktisch durchgeführt – und einer dieser Standorte ist Altenessen.
„Seit ich in Deutschland bin, fühle ich mich in meiner Wohnung und bei der AWO wohl. Keiner hat mich so gut behandelt, wie die AWO.“ Was eine der geflüchteten Frauen in erstaunlich gutem Deutsch ausdrückt, ist der Erfolg des Kursprinzips, die Teilnehmer als Menschen mit anderen Lebenserfahrungen ernst zu nehmen.
„Alle sind freiwillig hier, um zu lernen und sich in der neuen Heimat einzuleben. Die meisten sind zwischen drei Monaten und einem Jahr hier in Deutschland und haben bisher offiziell noch keine Angebote zu Deutsch- oder Integrationskursen bekommen. Deshalb wurde unser freiwilliges Angebot gern genutzt“, erläutert Michaela Rosenbaum, die für die AWO Niederrhein das Projekt betreut, die Situation der BASIS-Teilnehmerinnen.

Inzwischen hat sich jede Teilnehmerin und der eine ältere Mann, der sich liebevoll um seine Frau kümmert, ein Bild ausgesucht, mit der die eigene aktuelle Gefühlslage beschrieben werden soll. Da wird es still und Tränen fließen, wenn eine Mutter daran denkt, dass sie ihre drei Kinder in Syrien zurücklassen musste, da klingt die Stimme belegt, wenn man sich an die Erlebnisse der Flucht über das Mittelmeer in einem undichten Schlauchboot erinnert.

Das Kursangebot dauert nur noch wenige Wochen, dann sollen die BASIS-Erfahrungen in einer neuen Kurs-Staffel verarbeitet werden und das Konzept optimiert werden – dann können wieder neue geflüchtete Menschen die ersten demokratischen Erfahrungen sammeln.

Für die Damen und den einen Herrn steht das Kursende wie eine Drohung im Raum. Wir wollen weiter zusammen lernen. Das ist doch erst der Anfang“, bedrängen sie die Kursleiter. Das ist für die Projekt-Organisatoren ein schönes Lob und Ansporn. „Sicher wird die AWO eine Möglichkeit finden, dass sie hier zusammen weiterlernen können“, machen die Kursleiter der AWO Essen Hoffnung.

Info:

BASIS“ nennt sich ein Angebot, dass der AWO-Bezirksverband Niederrhein und der AWO-Kreisverband Essen für Neuankömmlinge den Kriegsgebieten des nahen Ostens bereitstellen. Hinter der Abkürzung BASIS verbirgt sich das eher sperrig klingende Projektziel Bildung, Anleitung und Stärkung interkultureller Sozialkompetenzen und gemeint ist damit, dass Demokratie und Menschenrechte im Alltag gelebt werden sollen.

Autor:

Lokalkompass Essen-Nord aus Essen-Nord

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