Wo schon "Bern-Wunder"-Schütze Helmut Rahn sein Süppchen löffelte: Das Fünf-Mädelhaus wird 50

Edith Hertzler in der Wirtsstube mit ihren Kohlebrötchen Fotos: Marjana Križnik
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Das historische Bergmanns-Restaurant „Das Fünf-Mädelhaus“, einen Steinwurf weg von der Zeche Zollverein, am Hugenkamp 35, blickt auf 50-jähriges Bestehen. Nicht nur „Bern-Wunder-Schütze“ Helmut Rahn löffelte hier sein Süppchen, auch Campino fetete mit seinen „Toten Hosen“ hier ab.

„Die Kaninchen morgens durch den Saal rennen zu lassen war für uns Kinder das Schönste!“ Edith Hertzler, seit 1997 Chefin des „Fünf Mädelhauses“, lacht verschmitzt, als sie die Anekdote aus der Historie des Familienbetriebs zum Besten gibt. „Im Saal fanden Kaninchen-Ausstellungen statt, die Käfige hingen an den Wänden während im Saal daneben geraucht und Schnitzel gegessen wurde“, erinnert sich die 57-Jährige lachend. Undenkbar heute. Dann die legendäre Geschichte, als sich mal eine Gesellschaft von 80 Personen angekündigt hatte. „Als Überraschungsgäste standen plötzlich die ‚Toten Hosen’ auf der Matte, die bei uns ihre Premierenfeier hatten“, verrät Hertzler. Eine ihre Mitarbeiterinnen wollte bei Sänger Campino die Zeche abrechnen. Hertzler erzählt: „Dieser sagte ‚Ich bin Campino!’ ‚Und trotzdem müssen Sie hier bezahlen’, sagte die Kellnerin, die ihn nicht kannte“, erzählt Hertzler amüsiert. Selbstverständlich musste Campino keine Mark rausrücken. „Der hat ja die ganze Fete später bezahlt“, sagt Hertzler lachend. Längst Schatz der Familien-Anekdoten ist die Stippvisite von Fußball-Legende Helmut Rahn, der mit seinem Siegertreffer das „Wunder von Bern“ begründet hatte. „Meine Mutter erzählte, dass er mal hier vier Portionen unserer Schimanski-Kartoffelsuppe verdrückt hat“, so Hertzler schmunzelnd. Selbstverständlich hat ein Foto der damaligen Nationalmannschaft ein besonderes Plätzchen in der Wirtsstube erhalten. Neben zahlreichen Relikten aus der Bergarbeiter-Ära und jeder Menge Accessoires in blauweiss-kariertem „Heimat-Revier-Desain“ - in Anlehnung an das Grubentuch der Bergleute. Nicht zu vergessen die tollen farbigen Fenster, die ein Glaskünstler geschaffen hat, auf denen Szenen der Revier- und Kneipentradition dargestellt sind.

Stoppenberger Wirtstochter geheiratet

Ein Blick in die Historie: „Im Jahr 1900 hat mein Urgroßvater Heinrich das Gebäude zu einem Hotel ausgebaut, das aber nie genutzt wurde“, erzählt Edith Hertzler.1930 baute der Großvater im Erdgeschoss die heutige Gaststätte, die immer in Familienbesitz war. Hertzlers Eltern führten die Gaststätte über die Kriegswirren bis zum Jahr 1952. Nach einer Konditorlehre übernahm Edith Hertzlers Vater Heinrich die Gaststätte, die nun "Stern Eck" hieß. Er heiratete die Stoppenberger Wirtstochter Edith Hoffrogge, Hertzlers Mutter. 1970 kam eine Bundeskegelbahn hinzu und 1995 ein Biergarten. Nach der Geburt der dritten Tochter wurde das Gasthaus aufgrund einer verlorenen Wette in "Das Drei-Mädelhaus umbenannt. Nachdem das fünfte Mädel das Licht der Welt erblickt hatte, entstand das heutige "Das Fünf-Mädelhaus". Es folgte die Ära als allabends die Theke voll war, es Stammtische zuhauf war. Hertzler berichtet: „Die Frauen haben damals zuhause mit dem Essen gewartet, während es die Männer hier lustig fanden. Einmal ist gar eine Ehefrau mit einem Sauerbraten hier aufgekreuzt“, erzählt Edith Hertzler lachend.

Der Geschäftsfrau wurde die Kultkneipe nach eigenen Worten in die Wiege gelegt („Mit 13 hab’ ich gesagt, dass ich das mal mach’“). Seit 20 Jahren entwickelt sie das Konzept – in Anlehnung an die Bergarbeiter-Ära unter dem Motto „Glück auf“ beständig weiter. Neben ihren „Kohlebrötchen“ („Es sollte was Schwarzes auf die Tische“) und dem „Kohlenstaub“ aus altbackenen Brötchen zur Verzierung der Teller, der ebenfalls mit Sepiatinte eingefärbt wird, hat sie sich für die nun große Speisekarte jede Menge einfallen lassen: „Schminaski-Kartoffelsuppe“, „Ruhrpott Tapas“, „Sauerbratensüppchen“ und vieles mehr. Außerdem Revier-Souvenirs in blauweiss-kariert in Form von Halstüchern, Blusen, Pril-Schürzen, Kacheln, Fensterrausguck-Kissen und anderes mehr. Und der „Samtkragen“ - Weizenjunge mit Boonenkamp - erfährt selbstverständlich auch eine Wiedergeburt.

Neu ist zudem eine „After-Buffet-Party“, die samstags ab 21.30 Uhr nach dem großen Bergmannsbuffet (18 Uhr) statt findet. Hier gibt es neben einer Auswahl aus der Speisekarte (unter anderem „Schaschlik im Strukturwandel“), Desserts, wie kalte Schnauze. In Planung: Eine Ladies’ Night mit einer DJane. „Damit die Frauen ihre Musikwünsche erfüllt bekommen“, sagt Edith Hertzler augenzwinkernd. Außerdem gibt es samstags eine Jam-Session in Verbindung mit Musik unplugged (Interessierte Band gerne melden!) sowie „Sound aus der Konserve“. Am 22. Oktober steigt ein „Rocktober“-Fest mit Live-Musik und zum Jahresabschluss jeweils ein Weihnachts- und Sylvesterbuffet. Mottoparties runden das Programm ab.

Info:

Heinrich Hertzler war von 1878 bis 1915 erster Lehrer und späterer Rektor der 1878 gegründeten evangelischen Wilhelmschule zu Stoppenberg. Er hat als Heimatkundler Verdienste erworben. 1937 wurde eine Strasse nach ihm benannt.

Autor:

Marjana Križnik aus Düsseldorf

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