Tränen, Wut und Radikalisierung in Altenessen - Gärtner & Bürger wollen Antworten!

Schrebergärtner aus Essen sollen laut Verwaltung keinen Baum mehr pflanzen. Man will Platz für Häuser schaffen.
  • Schrebergärtner aus Essen sollen laut Verwaltung keinen Baum mehr pflanzen. Man will Platz für Häuser schaffen.
  • hochgeladen von Susanne Demmer

Ich höre sie nun täglich und sie werden lauter, die Hilferufe aus Altenessen. Viele Bürger sind verunsichert, zahlreiche besorgt und manche sogar fassungslos. Was plant die Stadt wirklich im Quartier am Rande des Berthold-Beitz-Boulevards? Was versteckt sich hinter dem wohlklingenden Wort „Rahmenplan Gladbecker Straße“? Und welchen Einfluss hat eine „verstaubte Akte“ aus den 60er Jahren auf die Entwicklung? Es müssen klare und verbindliche Antworten her.

Druck & emotionale Erpressung

Gestern habe ich es wieder erlebt: Viele Bürger haben schlichtweg Sorge vor einer Zerstörung ihrer Heimat und ihres Lebensumfeldes. Schrebergärtner erzählen mir von „städtischen Lockangeboten“, damit sie schnellstmöglich ihren Kleingarten verlassen. Wenn sie jetzt nicht zuschlagen würden, gäbe es dann in Kürze halt viel weniger Knete für ihre Parzelle. Betroffen von den "Entwurzelungsplänen" ist auch ein 83jähriger, der den Garten vor Jahrzehnten von seinen Eltern übernahm.

Pflanzt bloß keinen Baum mehr…

Einem der insgesamt fast 200 Pächtern wurde gesagt, dass es sich nicht mehr lohne, einen Baum zu pflanzen. Ist hier tatsächlich geplant, in unmittelbarer Nähe der belasteten B224 tausende Quadratmeter Grünflache und wichtige Sozialräume zu zerstören? Spricht man mit den entsetzten Schrebergärtnern, wird einem sofort klar, wie wichtig ein Bestandsschutz des Kulturgutes Schrebergarten wäre. Hier wird Natur geschützt und aufwendig gepflegt, hier gibt es Imker, hier wird Urlaub gemacht, hier lebt man ein gutes soziales Miteinander.

Der soziale Kitt unserer Gesellschaft

Das, was man den „sozialen Kitt“ unserer Gesellschaft nennt, wird in den Kleingartenvereinen sicht- und spürbar. Es ist ein Raum, wo Alt und Jung in einer seit Generationen gewachsenen gesunden Umgebung ihr Leben verbringen. Und auch für die Anwohner der B224 ist diese Oase hinter den Häusern mehr als nur eine lebenswichtige Frischluftschneise. Falls sich diese Pläne als wahr heraus stellen, werden in dem ökonomisch eher schwachen Stadtteil Altenessen Frust und gedankliche Radikalisierung fortschreiten. Wer das nicht gutheißen kann, muss etwas dagegen tun. Und das heißt nicht beschwichtigen, sondern den hilferufenden Bürger in seinen Fokus zu stellen.

Häuser weg, freie Fahrt dem Schwerlastverkehr & mehr Raum für giftiges Stickstoffdioxid?

Es gibt einen großen Konsens, dass die als „Roma-Häuser“ bekannt gewordenen Immobilien abgerissen werden sollen. Wie aber schaut es aus mit anderen Häusern? Nach Rücksprache mit einigen Vermietern, wissen die nichts von Plänen über die gewünschte „Abrückung“ ihres Hauses von der B224.
Mieter, die in Häusern nah an der B224 wohnen, jedoch große Grünflächen hinter dem Haus nutzen, schütteln mit dem Kopf, wenn man ihnen von einem „Wohnen am Park“ erzählt.
Aus Europa schallen Rufe, dass Essen etwas gegen die lebensbedrohlichen Auswirkungen der enormen Verkehrsdichte tun muss und Essen will gut funktionierende Ökosysteme platt machen? Da mag man es dem Bürger nicht übel nehmen, wenn er das nicht versteht.

Welche Macht hat die Stadt über Eigentümer?

Darüber hinaus muss nun die Frage beantwortet werden, bei welchen Immobilien die Stadt Ihr Vorkaufsrecht noch ausüben kann oder wird. Wie die WAZ am 20. März 2016 schrieb, gibt es einen „verstaubten, aber nach wie vor rechtsgültigen Bebauungsplan aus dem Jahre 1968“, indem sich ein Vorkaufsrecht der Stadt versteckt. Sollte sich das verifizieren, hätte das für verantwortliche Immobilienbesitzer schlimme Folgen. Sie könnten ihre Immobilie im Alter womöglich nicht an vertraute Nachbarn verkaufen, die eine gewachsene Sozialstrukur weiterhin garantieren wollen.

Mehr als 1500 Bürger auf der Gladbeckerstraße, fast 200 Pächter von Schrebergärten samt ihren Familien und Freunden und tausende Bürger in betroffenen Seitenstraßen werden in diesen Tagen lauter. Und das ist auch gut so. Das hilft gegen Frust und Radikalisierung im Denken. Und das kann man in Altenessen nun wirklich nicht gebrauchen. Die Stadt muss Antworten geben.

Weitere Links:
Rahmenplan Gladbecker Straße
Kleingartenverein Essen-Nord
Gartenbauverein Bernetal

Autor:

Susanne Demmer aus Essen-Nord

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