Alles oder nichts: Pokalfinale wird für Rot-Weiss Essen und Oberhausen zum Schicksalsspiel

Doppelpack beim 5:0-Sieg gegen Uerdingen: Marwin Studtrucker soll auch gegen Oberhausen seine Abschlussstärke beweisen. Archivfotos: Gohl
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  • Doppelpack beim 5:0-Sieg gegen Uerdingen: Marwin Studtrucker soll auch gegen Oberhausen seine Abschlussstärke beweisen. Archivfotos: Gohl
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Zur Winterpause stand Rot-Weiss auf Rang eins der Tabelle, doch der Traum von der Meisterschaft ist nach Krisen, Negativserie und schwachen Leistungen längst geplatzt. Nur mit einem Sieg im morgigen Finale des Niederrheinpokals gegen den Lokalrivalen Rot-Weiß Oberhausen kann die Saison für den Essener Traditionsklub noch ein gutes Ende nehmen. Das Duell auf Augenhöhe verfolgen ab 14 Uhr 18.500 Zuschauer im Stadion Essen und zahllose Fans per Livestream auf sportschau.de und in der Konferenzschaltung des WDR. Dem Sieger winkt die Teilnahme am DFB-Pokal.

Essen im Fußballfieber: Noch vor dem offiziellen Verkaufsstart setzte der RWE 12.500 Karten für das Finale des Niederrheinpokals gegen den SC Rot-Weiß Oberhausen ab, vor dem Fanshop bildete sich eine 300-Meter-Schlange, um eines der letzten begehrten Tickets zu ergattern. Wie schon die Spiele gegen Alemannia Aachen und den FC Kray wird auch dieses Duell im TV zu sehen sein, aber nur in einer Konferenz-Schaltung mit den beiden anderen Finalspielen der Verbände Westfalen und Mittelrhein. Letzte Saison schaffte Rot-Weiss es bis ins Halbfinale des Niederrheinpokals und scheiterte dort im Elfmeterschießen mit 4:1 gegen den Drittligisten MSV Duisburg. In bester Erinnerung sind die Bilder des massiven Polizeiaufgebots auf dem Essener Grün, das vor den Augen der unzähligen Zuschauer des Senders Sport1 randalierenden RWE-Fans den Riegel vorschob. Das Spiel wurde deshalb mehrere Minuten lang unterbrochen.

Mal hui, mal pfui

Viel ist seitdem passiert: Der Versuch der Professionalisierung des Vereins gilt offiziell als gescheitert, sowohl Sportvorstand Dr. Uwe Harttgen als auch Ex-Cheftrainer Marc Fascher mussten ihre Sachen packen. Auf Fascher folgten Jürgen Lucas und Markus Reiter, Lucas feierte Anfang Mai den Aufstieg seiner U19 in die Bundesliga. Jetzt ist Reiter am Ruder, die Leistungen der Mannschaft schwanken. Während Rot-Weiss sich vor zwei Wochen mit einer katastrophalen 1:3-Niederlage gegen Tabellenschlusslicht Hennef bis auf die Knochen blamiert, gab es am letzten Wochenende ein 5:0-Schützenfest gegen den gebeutelten Abstiegskandidaten KFC Uerdingen. Im Pokal konnte sich der Klub über dankbare Gegner freuen. Auf Rellinghausen folgte Ratingen, nach Baumberg kam der FC Kray. Den Sieg gegen den Stadtrivalen feierte der Verein als den Wiederanfang nach der Ära Fascher, doch die Konstanz in der Leistung fehlt noch. Zuletzt gewannen die Essener den Titel 2012: Noch im Georg-Melches-Stadion schlug der RWE den SV Hönnepel-Niedermörmter 3:2.

Alles oder nichts

Ganz anders sieht es bei Rot-Weiß Oberhausen aus. Im Halbfinale des Niederrheinpokals mussten die Kleeblätter gegen Duisburg ran und konnten sich überraschend deutlich mit 2:0 das Ticket fürs Endspiel sichern. Abwärts geht‘s dafür in der Liga. Den letzten Sieg gab es am 14. April gegen Fortuna Düsseldorf zwei, zuletzt wurde ein respektables 2:2 gegen Borussia Mönchengladbach II von einer 1:0-Niederlage gegen die Reserve von Schalke überschattet. Trotz mäßiger Resultate in der Liga ist die Stimmung in Oberhausen gut. Die Kaderplanung für die nächste Saison ist in vollem Gange, in den letzten Wochen verlängerten gleich mehrere Leistungsträger ihre Verträge. Den Rot-Weissen schlug man ein Schnippchen, indem man sich die Dienste des Abwehrspielers Kai Nakowitsch sicherte – und den Transfer vor dem Pokalfinale bekannt gab.
Für beide Mannschaften ist das morgige Finale das Schicksalsspiel, mit Sieg und Niederlage entscheidet sich die gesamte Saison. Los geht’s um 14 Uhr, wer keine Karte hat, verfolgt die Partie im TV oder im Livestream.

Transfer-Stress: Nakowitsch-Wechsel sorgt für böses Blut

Überschattet wird die Partie von Personal-Plagen. Rot-Weiss-Eigengewächs Kai Nakowitsch wird in der nächsten Spielzeit im Trikot der Kleeblätter auflaufen. Zu Beginn der Saison war der Abwehrspieler beim RWE gesetzt, nach einer Verletzung kam er kaum noch zum Einsatz und zog daraus die Konsequenz. Für schlechte Stimmung an der Hafenstraße sorgte die Art des Transfers: Erst über die Presse erfuhr der Verein vergangenen Mittwoch vom Wechsel, dass Oberhausen die Nachricht noch vorm Finale bekannt gibt, kam in Essen ebenfalls nicht gut an. Als Grund für das Verhalten des Reviernachbarn macht der RWE den gescheiterten Transfer von Kevin Grund aus. Und Nakowitsch? Der musste den starken 5:0-Sieg gegen KFC Uerdingen am Wochenende schon auf der Tribüne aussitzen – das Vertrauen ist weg.

Rot-Weiss: Zwei Spiele, nur ein Punkt

Ihre zwei Pflichtspiele in der Regionalliga West haben Rot-Weiss Essen und Rot-Weiß Oberhausen schon absolviert. Die Kleeblätter haben die Nase vorn: Während die Oberhausener in der Hinrunde ein 4:4 an der Hafenstraße schafften, musste Rot-Weiss im Rückspiel eine 0:1-Niederlage in Kauf nehmen. Zeit zum Blinzeln hatte man am 31. August im Stadion Essen keine. Bereits in der 8. Minute brachte Patrick Schikowski Oberhausen in Front, es folgte eine wilde Aufholjagd. Erst in der Nachspielzeit gelang den Essenern nach 2:4-Rückstand der Ausgleich. Damals krankte Rot-Weiss noch an notorischer Abwehrschwäche, die ist inzwischen ausgebügelt. In der Rückrunde machten die Kleeblätter den Meisterschaftsambitionen des RWE einen Strich durch die Rechnung. Mit dem 0:1 in Oberhausen startete die Negativserie der Essener, die im Skandal um Sportvorstand Dr. Uwe Harttgen und der Entlassung von Cheftrainer Marc Fascher gipfelte. Statt Aufstieg bangt die Mannschaft jetzt um das gesetzte Saisonziel Platz fünf.

Analyse: Wer macht’s?

Historisch gibt es einen klaren Trend in den Aufeinandertreffen der Revierrivalen. In insgesamt 39 Spielen verteilt über alle Ligen fuhr Rot-Weiss zwölf Siege ein, 17 Mal trennten sich die Teams unentschieden und zehn Mal durfte Oberhausen feiern. Auffällig: Neun der zwölf Siege gelangen Rot-Weiss vor heimischer Kulisse, auswärts setzte es dafür acht Niederlagen. In dieser Saison kicken die Klubs auf gleichem Niveau. Gerade steht Oberhausen mit einem Punkt mehr auf Rang vier, Essen auf Platz fünf. Auch statistisch sieht es ähnlich aus: Oberhausen hat bei 14 Siegen eine Tordifferenz von 49:31, Rot-Weiss bei 15 Siegen eine von 54:34. Alles ist drin, aber eine Punkteteilung gibt es morgen nicht.

KORREKTUR zur Printausgabe: Weite Wege ins Stadion

Wegen des Finales erwartet die Hafenstraße ein riesiger Ansturm, mit 18.300 Plätzen ist das Stadion Essen komplett ausverkauft. Die Folge des Fußballfiebers sind eine Reihe von Sperrungen, bloß ein Weg führt in die rot-weisse Heimspielstätte.
Am Spieltag gesperrt sind im Sulterkamp im Westen, im Süden die Bottroper Straße und im Osten die Krablerstraße. Die Zufahrt zum Stadion ist deshalb nur über Vogelheimer- und Hafenstraße möglich, die Parktickets werden bereits an der dortigen Kreuzung kontrolliert. Erst nach Redaktionsschluss erreichte den Nord Anzeiger die aktuelle Streckenführung zum Stadion, entgegen der Information in der Printausgabe sind Econova-Allee und Am Stadthafen nicht gesperrt.
Wie zu erwarten, wird die Partie zwischen den beiden Traditionsvereinen ein Risikospiel höchster Stufe: „Es wird ein hoher Kräfteeinsatz, vergleichbar mit dem Spiel gegen Duisburg“, verrät Harald Hagen, Leiter der Polizei im Essener Norden. Dabei werden die Krawallbrüder der beiden Klubs noch von Gewaltbereiten kleinerer Vereine unterstützt. „Wir versuchen, den höchstmöglichen Service zu garantieren, beispielsweise durch Shuttle-Busse, die Fans aus Oberhausen zum Spiel bringen.“

Autor:

Alexander Müller aus Essen-Borbeck

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